Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gibt es immer mehr Sendungen, die von kapitalkräftigen Unternehmen gesponsert werden. So sind Sportschauen, Fußball-, Tennis- und Leichtathletikübertragungen von »Obi«, »Licher« oder »Bitburger« mitfinanziert, weil von Heimwerkern und Biertrinkern offenbar eine Vorliebe für das Betrachten körperlicher Höchstleistungen erwartet wird. Auch Shows wie Harald Schmidt beginnen mit Hinweisen auf große Firmen, als ob sie nichts anderes als Werbung wären, was sie vermutlich auch sind: Sie werben dafür, daß alles so bleibt, wie es ist.
Einzig vor politischen Sendungen, vor Tagesschau und ZDF-Journal besteht noch eine Schamgrenze, aber warum eigentlich? Welche Möglichkeiten der Aufklärung entgehen uns dadurch! Und welche Möglichkeiten der Finanzierung entgehen den Sendern!
Nehmen wir einmal versuchsweise an, für die in den Bildmedien auftretenden Politiker würden die gleichen Regeln gelten wie für die Fußballspieler der Bundesliga oder die Stars der Tour de France. Auf ihren Hemdkragen oder Krawatten würden dann die Namen der Firmen prangen, in deren Aufsichtsräten sie sitzen oder deren Interessen sie in anderer Weise vertreten. Sofort wüßte der Zuschauer, was es bedeutet, wenn sich der Politiker auf sein Gewissen beruft.
Dem Einwand, solche Aufklärung des Publikums fördere die Politikverdrossenheit, kann leicht begegnet werden: »Wes Brot ich eß, des Lied ich sing« ist eine alte Volksweisheit, die, wenn sie so offen bestätigt würde, dem Volk endlich wieder das gute Gefühl verschaffte, zutreffend informiert zu sein. Es würde wieder Spaß machen, wählen zu gehen, weil man sich wenigstens darüber im Klaren wäre, welchen Stromkonzern oder welche Rüstungsfirma man wählt, wenn man bei einem bestimmten Kandidaten oder einer bestimmten Partei sein Kreuzchen setzt.
Es gibt nichts, was dagegen spräche und den Sponsoren erlaubte, im Dunkel zu bleiben. Wer Berufspolitiker finanziert und sie damit für seine Interessen einspannt, wird so zur wichtigen Person oder Institution der Zeitgeschichte. Jedenfalls entspräche es der Informationspflicht der Medien und der Pflicht von Parteien, an der politischen Bildung der Menschen mitzuarbeiten: In jeder Talkshow-Sendung wäre unter den Namen der teilnehmenden Abgeordneten einzublenden, was im Bundestagshandbuch über ihre Nebentätigkeiten steht oder was aus frei zugänglichen Quellen an Information zu schöpfen ist.
Auch bei den häufigen Auftritten einzelner Alt-Politiker, wie zum Beispiel Wolfgang Clement, sollte ein Schriftband laufen, das über ihre Positionen in Medien-, Atomenergie- und anderen Konzernen informiert – nicht als Schleichwerbung, sondern gegen einen von der Firma einzufordernden Obolus. Das würde für entschieden mehr Klarheit und Wahrheit im Fernsehen sorgen. Politische Überzeugungstäter wie Clement könnten wohl kaum etwas gegen eine solche öffentliche Unterstützung ihrer Argumente durch ihre Freunde und Förderer einwenden.