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Titel1808

Der Bischof lobt den Unterschied  (Werner René Schwab)

Unter ihrem Vorsitzenden, dem Berliner Landesbischof Wolfgang Huber, hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) noch entschiedener als bisher auf die Seite der Herrschenden in Politik und Wirtschaft geschlagen und unterstützt deren Kurs. Besonders deutlich wurde das in einer kürzlich veröffentlichten, von Huber geprägten EKD-Denkschrift. Wörtlich heißt es darin: »In der sozialen Marktwirtschaft, wie Ludwig Erhard sie vor 60 Jahren durchsetzte, verwirklichen sich ursprüngliche protestantische Wertvorstellungen.« Ohne Privatunternehmer könne eine moderne Gesellschaft nicht überleben. Dagegen entspreche ein sozialistisches Wirtschaftssystem der Planung und Lenkung nicht dem Ideal der EKD. Von den vielen Arbeitslosen und der wachsenden Armut ist nicht die Rede, nur am Rande wird erwähnt, die Managergehälter dürften nicht maßlos steigen. Daß vor wenigen Jahren noch der damalige Präses der Evanglischen Kirche im Rheinland, Peter Beier, öffentlich verkündete, der Sozialismus sei keineswegs überholt, sondern die Hoffnung der Armen, schert Huber nicht. Er ist und bleibt der Bischof der Unternehmer, denen er seinen Segen erteilt – wie auch den Bundeswehrangehörigen, die am Hindukusch und im Kosovo unsere Marktwirtschaft verteidigen.

Selbstverständlich stehen die Oberen der katholischen Kirche, wenn es drauf ankommt, gleichfalls auf der Seite der wirtschaftlich Mächtigen. Zwar beklagen auch sie »übertriebene Managergehälter« und zeigen sich gelegentlich so großmütig, mit allgemeinen Floskeln das Los der Arbeitslosen zu bedauern, aber sie wissen genau, wem sie in aktuellen Auseinandersetzungen beizustehen haben: nicht etwa den Schwachen, sondern den Starken. Ausdrücklich wenden sie sich um Beispiel gegen einen staatlich festgelegten Mindestlohn. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch: »Es ist zu befürchten, daß ein solcher Mindestlohn bestehende Arbeitsverhältnisse verdrängt und damit zu negativen Beschäftigungsverhältnissen führt.« Das könnte auch direkt aus der Reklameabteilung der FDP oder des Wirtschaftsflügels der Union stammen.

Das industrienahe Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stimmt sofort begeistert zu und behauptet, ein gesetzlicher Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde würde mindestens 200.000 Arbeitsplätze kosten. Damit sind diese Wirtschaftsexperten noch bescheiden gegenüber dem Münchner Ifo-Institut. Dessen Chef Hans-Werner Sinn prophezeit für diesen Fall sogar 680.000 Arbeitslose. Aber im entscheidenden Punkt sind sie – ob neoliberale Professoren oder das Kapital selbst – sich mit Bischof Huber in dessen Feststellung einig: »Es gibt Unterschiede, und es muß sie geben, weil sie Leistungsanreize sind, weil sie an Freiheit orientiert sind.«
 
Das ist doch ein tröstend Sprüchlein für die Empfänger von AL II. Und die Reichen beten: Lieber Gott, erhalte uns die Armen, denn was wären wir ohne den segensreichen Unterschied.