Erwin Huber, CSU-Chef. – Bei der bayerischen Landtagswahl, das ist bekannt, steht die Zukunft des Abendlandes auf dem Spiel, und da ist es nicht verwunderlich, daß Sie in Rage geraten sind: Einen »Kreuzzug« gegen die Linkspartei haben Sie angekündigt. Ein »großartiger Begriff« sei das, meinte Peter Ramsauer, CSU-Sprecher im Bundestag. Daß Sie im heiligen Krieg gegen »Die Linke« die SPD gleich mitbekämpfen wollen, versteht sich. Aber haben Sie und Ihr Parteifreund sich vergewissert, was einst bei Kreuzzügen herausgekommen ist? Am Ende standen die bösen Muslime in der Nähe der bayrischen Grenzen. Sie sollten das Schulfach Geschichte noch einmal nachholen, die bayerischen Bildungsstätten sind doch, wie Sie gern herausstellen, vorbildliche Anbieter.
Redaktion Frankfurter Rundschau. – Gemeinsam mit dem Stern haben Sie eine Umfrage erstellen lassen, die das gewünschte Ergebnis brachte. Die Mehrheit der befragten hessischen Wahlberechtigten (1001 waren es, repräsentativ natürlich) fände es nicht gut, wenn Andrea Ypsilanti den Versuch machen würde, sich mit Hilfe der Grünen und der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Auf Zustimmung stößt eher der Gedanke an Neuwahlen – mit der Aussicht, daß, nachdem Sie im Verein mit den anderen hessischen Medien die SPD-Kandidatin wochenlang heruntergeschrieben und den kommissarischen Amtsinhaber geschont haben, Roland Koch wiedergewählt würde. Sie präsentierten das Umfrageergebnis mit der kommentierenden Überschrift »Ypsilanti gegen den Rest der Welt« und stellten gleich auch das Titelblatt in den Dienst dieser Sache: In großen roten Lettern stand da neben einem Ypsilanti-Foto: »Hessen sagt Nein.« Offenbar haben Sie seit einiger Zeit hinzugelernt und beherrschen nun die Propagandatechnik »BILD dir meine Meinung«. Aber wohin mit den 27 Prozent der Befragten, die sich für einen neuen Anlauf Ypsilantis aussprachen? Zum Land Hessen gehören die ja, wie Ihre Titelei sagt, nicht.
Matthias Platzek (SPD), Spitzenbrandenburger. – Beim Warngeschrei »Andrea, halt an!« wollten Sie nicht fehlen und haben die Linkspartei (aber warum im Duz-Ton?) als nicht bündnisfähig abgekanzelt: »Ihr seid nicht dran, mit Sicherheit nicht. Ihr habt dieses Land vor die Wand gefahren – 1989.« Mal davon abgesehen, daß die aktuelle Debatte kein neues, sondern das alte Bundesland Hessen betrifft, und auch davon, daß Oskar Lafontaine für die Politik der DDR nicht verantwortlich war – überraschend ist Ihr Argument, der DDR sei im Jahre 1989 ein böses Schicksal bereitet worden, und zwar von der Linkspartei, womit Sie offensichtlich die SED meinen. Darüber läßt sich nachdenken, auch wenn Sie dazu sicherlich nicht auffordern wollten.
Sven Giegold, Attac-Mitbegründer. – Zusammen mit Reinhard Bütikofer, dem jetzigen Parteichef, wollen Sie für die Grünen ins Europäische Parlament einrücken. Claudia Roth, schreiben die Zeitungen, habe »frohlockt«, da habe ein »Bewegungspolitiker« die grüne Heimat gefunden. Zweiflern haben Sie Ihre Entscheidung damit begründet, daß die Grünen »an ihrer Regierungspolitik inzwischen Korrekturen vollzogen hätten«. Eine flexible Partei also, für die Sie wirken wollen, und wir sind sicher: Korrekturen lassen sich wieder korrigieren, und dabei wird es auch Ihnen an Flexibilität nicht fehlen.