11. August: Wer durch Glücksspiel Geld gewinnt, darf über diese zusätzliche Einnahme frei verfügen, ohne daß ihm etwa der Lohn oder die Beamtenbezüge entsprechend gekürzt würden. Was selbstverständlich erscheint, gilt nicht für »Hartz IV«-Bezieher: Sie verlieren den Leistungsanspruch, wenn sie bei Glücksspielen eine größere Summe Geld gewinnen. Das entschied das Sozialgericht Frankfurt am Main. Eine 40 Jahre alte Frau hatte Einspruch dagegen eingelegt, daß nach einem Gewinn von 20.000 Euro bei einer TV-Sendung ihre Grundsicherung gestrichen worden war. Aus Sicht der Richter war die Frau nach diesem Geldsegen nicht mehr hilfebedürftig: Der Gewinn müsse wie ein Einkommen gewertet werden, mit dem die Frau ihren Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Stattdessen habe sie das Geld ausgegeben und Schulden getilgt (Az.: S 32 AS 788/11 ER).
– Im Jahre 2010 verhängten die Jobcenter monatlich etwa 69.000 Sanktionen gegen »Hartz IV«-Bezieher. Dabei wurden die Leistungen im Schnitt um 125 Euro gekürzt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Hauptgrund waren Meldeversäumnisse (41.500 Fälle im Monat), gefolgt von Verstößen gegen die dem Hilfsbedürftigen in der Eingliederungsvereinbarung auferlegten Pflichten (12.000) und der Weigerung, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder eine sonstige vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen (8.500). Besonders hart wird mit Hilfsbedürftigen im Alter unter 25 Jahren verfahren: Bei Pflichtverletzungen erhalten sie für die Dauer von drei Monaten grundsätzlich nur Sach- statt Geldleistungen. Das Erwerbslosen-Forum Deutschland berichtet von einem Beispiel aus Bonn: Das dortige Jobcenter habe einer arbeitslosen Frau sämtliche Leistungen gestrichen, weil sie ihre »Mitwirkungspflichten« verletzt habe. Die Frau war im siebten Monat schwanger und krank und hatte aufgrund ärztlich verordneter Bettruhe einen Termin bei der Fallmanagerin nicht wahrgenommen.
15. August: Nach Angaben des Berliner Mietervereines ist in der Hauptstadt die Zahl der Aufforderungen an Arbeitslose und Rentner, preisgünstigeren Wohnraum zu beziehen, auf mehr als 13.000 im Jahr gestiegen. »Es werden Umzüge provoziert, obwohl preisgünstigerer Wohnraum immer schwerer zu finden ist«, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Von den steigenden Mieten seien Haushalte mit geringem Einkommen besonders betroffen.
16. August: Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet über den Kraftfahrzeug-Mechaniker Christian Heppner aus Sangerhausen (Sachsen-Anhalt), der als Selbständiger so wenig verdient, daß er zusätzlich »Hartz IV«-Leistungen beantragen muß. Der Mittzwanziger habe sich nach Ausbildung und folgender Arbeitslosigkeit selbständig gemacht und eine Selbsthilfewerkstatt aufgebaut. »Zwar macht er mit seinem Betrieb keine Verluste. Doch von dem Einkommen aus der Ein-Mann-Firma kann er noch nicht leben.« Die Zahl der Selbständigen in Sachsen-Anhalt, die auf Unterstützung angewiesen sind, ist von 3.900 im Jahr 2007 auf 5.800 im Jahr 2010 gestiegen.
17. August: Die Menschen in Ostdeutschland haben immer weniger Rente zu erwarten. Seit 1992 sind die Rentenanwartschaften um 26,5 Prozent gesunken, wie das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage von Klaus Ernst (Fraktion Die Linke) mitteilt. Wer jetzt im Osten Rentner wird, erhält im Durchschnitt 750 Euro pro Monat. Bei einem Einkommen von monatlich weniger als 801 Euro gelten derzeit Menschen offiziell als »armutsgefährdet«.
18. August: Rund 12.000 Münchener brauchen zusätzlich zur spärlichen Rente noch die Grundsicherung im Alter, meldet der Bayrische Rundfunk. Bis zum Jahr 2020 wird sich die Zahl der Bedürftigen mehr als verdoppeln, schätzt das städtische Sozialreferat. Der Sender bringt ein Beispiel: Christa Meier hat 43 Jahre lang als Bedienung gearbeitet. Aufgrund einer Arthrose mußte sie mit 57 Frührente beantragen. Ihre Rente von 830 Euro geht vor allem für die Miete drauf, berichtet der BR. Mit der Grundsicherung bleiben ihr jeden Monat nur 300 Euro zum Leben.
22. August: Nach einer Statistik des Bundesarbeitsministeriums gingen 2010 rund 660.000 Rentner im Alter zwischen 65 und 74 Jahren einer geringfügigen Beschäftigung oder einem Minijob nach, um finanziell über die Runden zu kommen. Im Jahr 2000 waren es 416.000 gewesen.
– In Stuttgart fordert das Jobcenter jeden Monat knapp 100 Armen-Haushalte auf, in eine billigere Wohnung zu ziehen. Die »angemessenen Kosten« liegen hier derzeit bei 333 Euro für den Einpersonenhaushalt. Für jede weitere Person gibt es etwa 90 Euro mehr. Ist die Miete höher, müssen die Betroffenen in sechs Monaten eine neue Wohnung finden. Doch: »Sobald ich sage, daß ich keinen Job habe, winken Makler und Vermieter ab«, zitieren die Stuttgarter Nachrichten einen Arbeitslosen. »Obwohl ich auch im Umland suche, unterstellt mir das Jobcenter, daß ich mich nicht genügend bemühe.«
23. August: Die Beispiele für rabiaten Umgang örtlicher Behörden mit Hilfsbedürftigen und für engherzige Auslegung gesetzlicher Bestimmungen häufen sich. Wer sich dagegen wehrt, kann am Ende eines langen Rechtsweges Erfolg haben. Eine Frau aus Brandenburg und ihre Mutter erstritten jetzt beim Bundessozialgericht ein Urteil, wonach »Hartz IV«-Bezieher das Geld aus einer Stromkostenerstattung behalten dürfen. Das Geld darf nicht als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Die beiden sparsamen Frauen hatten im Jahre 2006 so wenig Strom verbraucht, daß ihnen die Stadtwerke von den geleisteten Abschlagszahlungen 164,35 Euro zurückerstatteten. Der Landkreis sah jeweils die Hälfte davon als Einkommen an und kürzte entsprechend das ALG II. Das Bundessozialgericht wertete das jetzt als unzulässig.
24. August: Ähnlich lange mußte eine Frau aus Leipzig prozessieren, bis sie sich mit der Auffassung durchsetzte, daß »Hartz IV«-Bezieher kleinere Geldgeschenke behalten dürfen. Die drei Kinder der Frau hatten 2006 von der Oma zu den Geburtstagen und zu Weihnachten insgesamt 570 Euro geschenkt bekommen. Das Jobcenter des Landkreises Leipzig sah darin Einkommen und zog es teilweise vom Arbeitslosengeld II ab. Wie dpa meldet, verzichtete das Jobcenter nun vor dem Bundessozialgericht auf seine Forderung. Dadurch wurde der Rechtsstreit ohne Urteil beendet.
– Die Thüringische Landeszeitung erinnert an einen ähnlichen Fall: Im Jahr 2008 hatte der damals arbeitslose Bauingenieur Thomas Liedtke aus Ermstedt ein Päckchen mit 16.000 Euro sowie einigen Schmuckstücken gefunden. Er brachte den Fund zum Erfurter Fundbüro und erhielt Wochen später einen Finderlohn von 500 Euro. »Wie es seine Pflicht ist«, so die Zeitung, informierte der »Hartz IV«-Empfänger die Arge (Sozialbehörde) über die unverhoffte Einnahme. Prompt wurde ihm der Betrag auf die Sozialleistungen angerechnet. Der Mann mußte den Finderlohn an die Behörde weitergeben. »Mit der Arge will ich aber nichts mehr zu tun haben«, zitiert die Zeitung den Ingenieur. Einen neuen Antrag auf Unterstützung habe er gar nicht erst gestellt.