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Titel182013

Die Stimme abgeben. Und sie behalten  ( Arno Klönne)

Die Bundestagswahl rückt näher, die Demoskopen sind gut im Geschäft mit wenig zuverlässigen Produkten, und die Parteistrategen bemühen sich ohne großen Erfolg, das Publikum in wählerische Erregung zu bringen. Christdemokraten wollen ihrem Anhang beibringen, daß die Bewunderung für die Bundeskanzlerin nicht hinreiche, man müsse sich auch zur Wahlurne bewegen; Sozialdemokraten werben mit der Aussicht auf eine Große Koalition und zugleich mit der Ansage, eben diese lasse sich durch einen Kanzler Steinbrück vermeiden; Grüne sind sich ihrer Gefolgschaft sicher und hoffen, irgendwie ins Mitregieren zu kommen. Und manche Linksparteiler meinen oder wollen den Eindruck erwecken, am Ende würden SPD und Grüne denn doch von ihrer Hilfswilligkeit Gebrauch machen.

Das alles ist trist. Wechselstimmung, was die Substanz der Politik angeht, ist nicht festzustellen, woher auch sollte sie kommen. Von der SPD mit Steinbrück, Steinmeier (und Schröder als Wahlhelfer) ist ein Kurswechsel hin zu der vielbeschworenen sozialen Gerechtigkeit nicht zu erwarten; diese Partei hat ja regierend der entgegengesetzten Politikrichtung den Anschub gegeben. Im Feld der etablierten Parteien sind ernstzunehmende Alternativen in der Sache nicht zu finden, entschieden wird am 22. September über Personalfragen.

Albrecht Müller, traditioneller Sozialdemokrat und deshalb Kritiker der SPD in ihrer heutigen Verfassung, Editor der verdienstvollen NachDenkSeiten, findet diese Situation schlimm und kam deshalb auf die Idee, vielleicht solle man doch zur Wahlverweigerung auffordern. Dann fiel ihm aber ein: Bewirken würde das nichts, denn Parteizentralen lassen sich durch niedrige Wahlbeteiligung nicht in einen Sinneswandel versetzen, für sie kommt es auf ihre Prozente bei den abgegebenen Stimmen an.

Was bleibt also zu tun für Bürgerinnen und Bürger, die ihr Nein zu jenem wirtschafts-, sozial- und weltpolitischem Kurs zum Ausdruck bringen wollen, den CDU/CSU/FDP/SPD/GRÜNE gemeinsam fahren, mit leichten Schlingerübungen und gelegentlich wechselnden Steuerleuten?

Zu empfehlen ist: sich an der Wahl zu beteiligen und die Stimme der Partei Die Linke zu geben, auch Mitmenschen eben dazu aufzumuntern. Nicht weil diese Linkspartei Begeisterung wecken würde oder gar Hoffnung auf einen »Machtwechsel« geben könnte. Auch läßt sich nicht absehen, was auf längere Zeit aus der PDL wird. Aber klar ist:
Wenn es im kommenden Bundestag Stimmen der gesellschaftlichen Opposition geben soll, dann können sie nur aus den Reihen der Linkspartei kommen. Das betrifft besonders die Militärpolitik. Die Linkspartei sei, so sagen alle anderen Parteien, in dieser Hinsicht »unzuverlässig«, sie habe die »Enttabuisierung des Militärischen« noch nicht vollzogen. Das ist eine Chance, das »noch« freilich ist zu beachten.

Ganz und gar abzuraten ist davon, für die Linkspartei zu stimmen und dann zu glauben, damit sei es getan. Parlamente haben für politische Entscheidungen nur eine begrenzte Funktion, und zu ihrem Bedeutungsverlust haben sie seit Jahren selbst beigetragen. Kritik, Opposition, Alternativen kommen vorrangig aus dem gesellschaftlichen Feld außerhalb des Parlamentarismus. Selbst wo der Bundestag kleine Korrekturen an herrschenden Politikmustern vornahm, reagierte er damit auf Forderungen, die außerparlamentarisch laut wurden. Also gilt es, für solche Aktivitäten die eigene Stimmkraft zu behalten. Und davon Gebrauch zu machen.