Horst Seehofer, Integrationsexperte. – Mit Ihrem Ausspruch, die Migration sei »die Mutter aller Probleme«, bewiesen Sie eine beispielhafte Aufgeschlossenheit für islamische Kultureinflüsse. Denn als strategisch denkender Politiker haben Sie gewiss mit Bedacht an Saddam Hussein angeknüpft, der einst von der »Mutter aller Schlachten« gesprochen und damit unseren Sprachfundus um ein orientalisches Redemuster bereichert hat.
Thies Gundlach, Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD in Hannover. – Sie haben die Botschaft des Papstes »Die Todesstrafe ist immer zu ächten« begrüßt und gleich hinzugefügt, dass die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) »die Todesstrafe schon lange ablehnt«. Vielleicht wissen Sie es nicht besser, was Sie wissen müssten, oder Sie wissen, was ihre Kirchenmitglieder nicht wissen können und offenbar auch nicht wissen sollen: Das Bekenntnis zur Todesstrafe ist in den lutherischen Kirchen in Deutschland, die ja auch zu Ihrem Bund gehören, gerade nicht abgeschafft. Das hätten Sie in Ihrer Nachbarschaft bei der Landeskirche Hannovers erfahren können. Dort sind die »Bekenntnisschriften« aus dem 16. Jahrhundert immer noch gültig, vor allem die »Augsburger Konfession (CA) von 1530, die jeder Gläubige »zur Einübung im Glauben« im aktuellen Gesangbuch Nr. 808 nachlesen kann. Im Artikel XVI wird den Christen erlaubt, in staatlicher Macht »tätig sein zu können«, zum Beispiel »rechtmäßig Kriege [zu] führen« (wozu dann die lutherischen Prediger in der Geschichte von den Kanzeln auch immer wieder aufgerufen haben, beispielsweise 1914 bis zum Kriegsende 1918); ebenfalls geboten ist den lutherischen Christen, »Übeltäter mit dem Schwert [zu] bestrafen«. Dazu wird eingeschärft: »Hiermit werden diejenigen verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei«. Auf dieses Bekenntnis werden bis heute zum Beispiel die lutherischen Pastoren bei der Ordination eingeschworen. Damit das auch so bleibt, will die lutherische Landeskirche Hannovers bei der Neufassung ihrer Verfassung die Bekenntnisschriften mit jenem Artikel in der Präambel weiterhin belassen – das Bekenntnis also auch zur Todesstrafe. Unser Rat an Sie, Herr Vizepräsident, werden Sie tätig, dass genau solches nicht geschieht! Das können Sie sicherlich mit Hilfe Ihrer Lebenspartnerin Katrin Göring-Eckardt bewerkstelligen, die als ehemalige Präsidentin der EKD-Synode immer noch genügend Einfluss in Kirchenkreisen hat.
Johann-Albrecht Haupt, kühler Rechner. – In einer Pressemitteilung der Humanistischen Union informieren Sie darüber, dass die Katholische und die Evangelische Kirche in Deutschland jährlich horrende Summen als sogenannte Staatsleistungen von den Bundesländern (mit Ausnahme von Hamburg und Bremen) kassieren (vgl. hierzu Ossietzky 25/2013 »Die Kirche hat einen guten Magen« von Hartwig Hohnsbein). Dabei handelt es sich nicht etwa um leistungsgebundene Zahlungen an kirchliche Träger für soziale/karitative oder sonstige Aktivitäten (zum Beispiel den Betrieb von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Schulen, Kindergärten), sondern um zusätzliche Zahlungen, die ohne Bindung an bestimmte Zwecke gezahlt werden, angeblich als Entschädigung für vor Jahrhunderten vorgenommene Enteignungen kirchlicher Güter. Allein seit dem Zweiten Weltkrieg haben die beiden Kirchen, so haben Sie errechnet, insgesamt 17,9 Milliarden Euro an derartigen Staatsleistungen erhalten. Dabei stand schon in der Weimarer Verfassung von 1919 (Artikel 138): »Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.« 1949 wurde dieser Artikel unverändert Bestandteil des Grundgesetzes (Artikel 140). Jedoch passiert nichts in dieser Richtung, vielmehr wird Jahr für Jahr fleißig gezahlt, in diesem Jahr insgesamt 538 Millionen Euro gleich 6,55 Euro für jeden der 82,17 Millionen Einwohner Deutschlands, egal ob Christ, Muslim, Buddhist oder Atheist. Auf Ihre Nachfragen bekamen Sie zur Antwort, in unserem Rechtsstaat könnten Regierung und Parlament nicht gezwungen werden, die Verfassung einzuhalten. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich.
Ralph Hartmann, geschätzter und klug formulierender Ossietzky-Autor. – In Ihrem Beitrag »Aufstehen gegen die Kriegsministerin« (Ossietzky 17/2018) unterlief Ihnen – und damit uns – ein Fehler, der leider Ihre – und unsere – Sicht ins Gegenteil verkehrt. Da steht über die Vereinigung der Krim mit Russland: »von einer überwältigten Mehrheit der Bewohner beschlossen ...« Es war wohl die überwältigende Mehrheit, auch wenn die Herrschenden in der Ukraine und in Deutschland meinen, die Mehrheit der Krim-Bevölkerung sei von Russland überwältigt worden. In der deutschen Sprache bewirkt der kleine Unterschied manchmal eine bislang nicht bewältigte Meinungsverschiedenheit.