Angela Merkel, Freundschaften pflegend. – Sie haben unser ganzes Mitgefühl. Es muß schwer sein, in so kurzen Abständen gleich zwei engste Freunde zu verlieren. Auch wenn es sich nicht um Todesfälle handelt, bleibt der Verlust schmerzlich. Ehud Olmert und George W. Bush – zu beiden pflegten Sie eine innige Beziehung, die nicht nur auf persönlicher Zuneigung beruhte, sondern – wie Sie nicht müde wurden, zu betonen – »auf gemeinsamen Werten«. Gerade das aber erschreckt uns bis heute. Korruption, Machtmißbrauch, Mißachtung der UNO und ihrer Beschlüsse, permanente Verletzung des Völkerrechts und der Menschenrechte – das sind in der Tat Gemeinsamkeiten, die starke Bindungen schaffen, wie man am engen Verhältnis Ihrer beiden Freunde sehen konnte. Bei aller aufrichtigen Abneigung gegen Sie und Ihre Politik: In der Gesellschaft solcher Herren möchten wir die erste Frau unseres Landes denn doch nicht sehen.
Uwe Vorkötter, zu bescheiden. – Nach der hessischen Landtagswahl haben Sie in der Frankfurter Rundschau das Debakel der Sozialdemokratie beschrieben: Die Niederlage treffe »die SPD insgesamt, bundesweit«. Stimmt. Aber dann Ihr Schlußsatz: »Ach, Andrea Ypsilanti, was haben Sie da bloß angerichtet!« Warum so bescheiden? Ohne die monatelange Anti-Ypsilanti-Kampagne der von Ihnen als Chefredakteur geleiteten FR wäre die hessische Sozialdemokratie nicht derart in die Schmuddelecke geraten. Da hat die Berliner SPD, wenn Sie nach dem Erwerb der Berliner Zeitung durch Ihren Verleger Alfred Neven DuMont demnächst auch wieder in der Hauptstadt als Chefredakteur wirken, einiges zu erwarten.
Thomas Schmid, frontgeistig. – Mehr Kühnheit fordern Sie in Ihrer Welt am Sonntag von den »bürgerlichen Parteien« bei ihrem Einsatz für das herrschende System der Ökonomie und zitieren Joseph Schumpeter: »Immer ist der Geldmarkt gleichsam das Hauptquartier der kapitalistischen Wirtschaft.« Nicht zufällig sei da »das Kriegerische angesprochen«. Eine Empfehlung aus dem Hause Springer für die kommenden Wahlkämpfe: Schwarz-gelbe Businesskrieger braucht das Land!
Martin Blessing, unbesorgt. – Kapitalhilfen des Staates für die Banken als Schritt zur Sozialisierung? Solche Befürchtungen haben Sie als Chef der Commerzbank nicht: »Ich gehe davon aus, daß unser Unternehmen noch zu meinen Lebzeiten wieder vollständig privat sein wird«, haben Sie der Öffentlichkeit mitgeteilt. Eine Einschätzung, die sich auf historische Erfahrungen stützen kann: 1931 rettete der deutsche Staat schon einmal die Commerzbank (wie auch die Dresdner Bank) vor der Pleite. Sechs Jahre später waren die Banken wieder privatisiert. Vielleicht geht’s diesmal sogar schneller, wenn im Finanzmarkt wieder Profite winken. Schließlich ist der Staat nicht dazu da, Gewinne zu sozialisieren.
Andreas W. Mytze, unvorsichtig. – Statt sich auf das DDR-Ministerium für Staatssicherheit zu beschränken, wie sich das gehört, dokumentieren Sie in Ihrer Zeitschrift Europäische Ideen (London) Heft für Heft die Praktiken der CIA, die viele Deutsche noch immer für Kreationen von Erich Mielke halten. Offen gesagt: Wir halten Sie für leichtsinnig. Passen Sie gut auf, daß Sie nicht auch eines Tages an einer Fischvergiftung sterben, aus dem Fenster fallen, überfahren werden oder im nächsten Teich ertrinken. Auch die größte Langmut hat einmal ein Ende.
Frank-Walter Steinmeier, vermittelnd unterwegs. – Als Sie jüngst den Nahen Osten bereisten und sich in den deutschen Medien als Vermittler würdigen ließen, bekamen Sie elektronische Post von einigen Repräsentanten der deutschen Friedensbewegung: Hans-Peter Dürr, Horst-Eberhard Richter, Andreas Buro, Evelyn Hecht-Galinski, Ekkehart Krippendorff, Heinrich Hannover, Ingrid und Gerhard Zwerenz und anderen, die Ihnen vorhielten: »Sie führen Gespräche mit den Regierungen Israels und Ägyptens sowie mit der Fatah im Westjordanland. Aber: Wer vermitteln will, muß mit beiden Konfliktparteien sprechen. Wenn Israel sich weiterhin weigert, mit der Hamas zu verhandeln, der unbestreitbaren politischen Repräsentanz der Palästinenser in Gaza, dann muß es ein Vermittler tun. Mit der von Ihnen angekündigten Unterstützung für das israelische Militär bei der Abriegelung des Gaza-Streifens können Sie sich als Vermittler unmöglich und unser Land mitschuldig am Massensterben machen. Frieden in Nahost wird ohne Verhandlungen und Vereinbarungen mit der Hamas nicht zustande kommen…« Sie ließen Ihr Nahost-Referat antworten, ohne mit einem Wort auf die Forderung nach Einbeziehung der Hamas einzugehen. Daß Sie »Maßnahmen unterstützen« wollen, die »den Waffenschmuggel unterbinden«, wirft neue Fragen auf. War es denn in den vergangenen Jahren – seit ein pflichtbewußter deutscher Beamter im Hamburger Hafen zufällig als landwirtschaftliche Maschinen getarnte Panzer entdeckte und dafür nicht belobigt wurde – überhaupt noch nötig, Waffen nach Israel zu schmuggeln? Erhielt Israel nicht sogar Unterseeboote aus deutscher Produktion geschenkt, von denen es Atomwaffen abschießen kann? War nicht bei Rüstungsgeschäften das Auswärtige Amt immer wieder vermittelnd tätig? Was vermitteln Sie jetzt?