Die Wünsche des zuständigen Redakteurs sind optimistisch. »Möge 2019 gut zu Ihnen sein, liebe Leser.« Lorenz Hemicker, der Innenpolitiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Deutschland schaut aufmunternd ins Neue Jahr. Warum? »Politisch hat sich für Deutschland schon einiges geändert. Unser Land sitzt wieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, um sicherheitspolitisch mehr Verantwortung zu übernehmen.« Mehr Verantwortung heißt – das wissen wir seit Gauck uns aufgeklärt hat: mehr Kriege. Und so freut sich der FAZ-Redakteur: »Zu tun gibt es ja genug. Die Bundeswehr hat damit bereits begonnen. Sie führt seit Neujahr die schnelle NATO-Eingreiftruppe. Das sind 8000 Soldaten, die ins Baltikum sollen, wenn Russland zu laut mit dem Säbel rasselt.«
Säbel rasselt? Russland? Na klar, das war der endgültige Fußtritt für den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, weil er 2016 als Außenminister die aggressiven NATO-Manöver an Russlands Grenzen kritisierte: »Was wir jetzt nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen.«
So hätte es FAZ-Redakteur Hemicker nie formuliert. denn er unternahm »erste Schreibübungen als Bundeswehrsoldat auf Auslandsmanövern der NATO« und wurde so Chef vom Dienst von loyal, dem Bundeswehrorgan für Reservisten. 2014 wechselte er direkt von dort als Redakteur zur Frankfurter Allgemeinen, wo er zunächst für die – das gibt es bei der FAZ – »Nachrichtensteuerung« zuständig war. Jetzt sitzt er in der politischen Redaktion und vertritt von dort korrekte Meinungen. Auf twitter trump[f]te er am 7. Januar – anlässlich Robert Habecks Resignation vor der Twittermeute – in jeder Hinsicht sachkundig auf: »Twitter und Facebook sind genauso wenig gut oder böse wie Drohnen oder Gewehre.«
Jetzt, da Bundeswehrplakate und Videoserien mit attraktiven Soldatinnen – Gewehr im Anschlag auf den Feind, wer immer er auch sei – Kinder und Jugendliche werben, um Deutschland endlich den seit Kaiser Wilhelm versprochenen Platz an der Sonne zu erobern (»NACH DER SCHULE LIEGT DIR DIE WELT ZU FÜSSEN, MACH SIE SICHERER«), da wurden sogar die sonst so kriegstüchtigen Grünen aufsässig. Sie nannten es »zynisch, junge Leute mit einer Action-Serie und einem Muskelprogramm als Staatsbürger in Uniform gewinnen zu wollen«. FAZ-Redakteur Hemicker aber sichert die Urheber dieses Kinderfangs ab: »Dem Verteidigungsministerium ist in der Causa nur eine Sache vorzuwerfen. Es fällt unter dem Druck der Grünen wieder in alte Rechtfertigungsreflexe zurück.« Wegen des »Wegfall[s] der Wehrpflicht«, jammert er, müsse die Bundeswehr heute händeringend Nachwuchs suchen. Hemicker: »Doch Jugendliche erreichen zu wollen ist ein Anspruch, den sie ohnehin haben sollte. Jederzeit. Dass die Bundeswehr dabei mit ihren Besonderheiten wirbt, ist nicht zynisch, sondern ehrlich.«
Ihre Besonderheiten: »DIE WELT ZU FÜSSEN«? Erfreulich, dass der FAZ-Redakteur die Bundeswehr ehrlich macht.