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Titel2008

Antworten

Horst Köhler, am Gelde zweifelnd. – Angesichts schockierender Ereignisse im internationalen Finanzmarkt haben Sie geäußert: »Geld muß immer den Menschen dienen, und wenn es das nicht mehr tut, dann können wir in einem Desaster sein wie heute.« Gar so schlimm ist es aber nicht. Denn selbst die Finanzmarktpleiten dienen »den Menschen«: Auch an ihnen verdienen Spekulanten. Und wenn aus Geld mehr Geld für sie werden soll, kann es nicht allen Menschen zu Diensten sein.

Herfried Münkler, am Parlamentarismus zweifelnd. –
An Ihren politologischen Belehrungen der Leserinnen und Leser der Frankfurter Rundschau haben wir etliche Male unser Mißfallen ausgedrückt. Nun schreiben Sie dort: »Wenn in Parlamenten über Millionenbeträge debattiert wird, während die Regierungen Milliarden einsetzen, um den Anschein zu erwecken, sie seien Herr der Lage, dann ist es um die Zukunft des Parlamentarismus schlecht bestellt.« Diesmal stimmen wir zu.

Christine Hohmann-Dennhardt, rechtsgläubig. –
Auch Sie, Richterin am Bundesverfassungsgericht, ärgern sich über den »gekauften Staat« und schlagen deshalb in Ministerien ein Hausverbot für Lobbyisten vor. Ja schön, aber die Ministerialen verlassen gelegentlich ihr Amtsgebäude; verwunderlich wäre es nicht, wenn ihnen dort draußen wiederum Interessenvertreter begegneten.

Wirtschaftsrat der CDU, besorgt. – Mit beispielhaftem Klassenbewußtsein denken Sie über die Grenzen Ihrer Partei stets weit hinaus. 1996/97 waren Sie maßgeblich daran beteiligt, die Kandidatur des SPD-Politikers Gerhard Schröder für die Nachfolge Helmut Kohls im Kanzleramt vorzubereiten. Jetzt sehen Sie anderen, akuten Anlaß, sich um die SPD zu kümmern, der die Schröder-Jahre schlecht bekommen sind. In der Herbst-Ausgabe Ihres Vierteljahresmagazins trend bescheinigen Sie dem heutigen Lobbyisten diverser Konzerne (nicht etwa nur Gazprom, sondern u.a. auch des Schweizer Medienkonzerns Ringier,): »Seine von jeder Parteitradition und jedem Parteiinteresse befreite Ich-AG im Kanzleramt haben die SPD ins programmatische Nichts katapultiert. Wohlgemerkt eine Partei, mit der man einst so etwas verbinden konnte wie ›Gewissen gegen Hitler‹, soziale Gerechtigkeit und Ostpolitik. Eine Partei, die von Adenauer bekämpft und respektiert wurde. Eine Partei, die für Stabilität in Deutschland stand und deren Berechenbarkeit ein Garant für Sicherheit war.« Selbst der Wirtschaft habe sie Stabilität gegeben. Solchen Verbeugungen vor der Vergangenheit, als die SPD eine »Inhaltspartei mit einem beachtlichen Anspruch zur Zukunftsgestaltung« gewesen sei, lassen Sie den Aufruf folgen, die SPD zu retten. Gerettet werden müsse »die wirkliche SPD. Und zwar von wirklichen SPD-Leuten. Von Köpfen mit Anstand und Charakter. Von wirklichen Demokraten, die sich mehr als rein taktische Spiele zutrauen.« Dem können wir zustimmen – aber nicht Ihrer Angst vor Oskar Lafontaine, die Sie zu diesem Appell befähigt. Und daß Frank-Walter Steinmeier, auf den Sie sich zu kaprizieren scheinen, die SPD nicht von der Schröder-Politik wegführen würde, die er selber konzipiert und durchgesetzt hat, sollte sich herumsprechen.

Olaf Scholz, vielversprechend. –
In der Welt am Sonntag haben Sie das Programm Ihrer Partei auf den Punkt gebracht: »Unsere Gesellschaft muß jedem das Versprechen geben, daß es möglich ist, seine Verhältnisse zu verbessern, wenn er sich anstrengt.« Freilich kann die Gesellschaft nicht immer halten, was sie verspricht; die Umstände, sie sind nicht so. Und was die Anstrengung angeht – wer wollte Ihnen diese absprechen? Dennoch haben Sie sich nicht vom Arbeitsminister zum Parteivorsitzenden verbessert. So kann’s gehen. Nicht nur Ihnen.

Guido Westerwelle, zum Letzten bereit. –
Und noch einmal die Welt am Sonntag: Dort haben Sie Ihren Katastropheneinsatz angeboten, wenn der Glaube an die Marktwirtschaft unterzugehen droht: »Ich engagiere mich in der Politik, um das Notwendige für Deutschland zu erreichen. Notfalls werde ich mich auf den Marktplatz stellen und versuchen, mit der Kraft der Argumente Stimmungen zu wenden.« Muß das sein? Bitte bleiben Sie in der kapitalpatriotischen Reserve, wer weiß, ob nicht noch schlimmere Notfälle eintreten.