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Titel2011

Antworten

Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin. – Für die Organisationsform Ihrer Partei haben Sie ein Konzept vorgestellt, über das der Parteitag in Berlin Anfang Dezember beschließen soll. Unter der Überschrift »Partei in Bewegung« ist unter anderem vorgesehen, daß künftig per Mitgliederentscheid über »Sachfragen« entschieden werden soll. »Gastmitglieder« soll es geben (bei ermäßigter Gebühr), das Parteipräsidium soll verschwinden, dafür der Parteivorstand verstärkt werden; und Sie hoffen, daß bald auch »Vorwahlen« in der SPD eingeführt werden, an denen sich Menschen ohne SPD-Parteibuch beteiligen sollen. Welchen Effekt all diese Neuerungen haben können, weiß niemand so recht zu sagen, Hauptsache: Es bewegt sich was. Wohin – das werden sich (die Partei ist ja mit ihren Reformen erst einmal beschäftigt) die jeweiligen SPD-Regierungsmitglieder oder diejenigen, die von den Medien als solche ausgesucht sind, schon einfallen lassen. Überfordern darf man Mitglieder und Gäste nicht.

Hans-Peter Friedrich, Bundesinnenminister. – Als »evangelisch-papstfreundlichen« Politiker stellte der Tagesspiegel Sie vor und wollte von Ihnen als »Verfassungsminister« wissen, was denn ein Papst im deutschen Bundestag »verloren« habe. Ihr Bescheid: Joseph Ratzinger sei als »Staatsoberhaupt« eingeladen worden, und im übrigen bedeute die »religiöse Neutralität« des Grundgesetzes eben »Religionsfreundlichkeit«, denn bei »religiösen Menschen« könne man von einer »positiven Einstellung zum Leben und zu den Mitmenschen« ausgehen. Der Papst vermittele mit seiner christlichen Botschaft »Hoffnung«: »Man braucht nur in die Gesichter junger Gläubiger zu sehen, um das zu erkennen.« Gläubiger? Da werden Sie an die Finanzkrise gedacht haben, über die sich ja auch Joseph Ratzinger kurz mit Angela Merkel unterhalten hat; leider wurde nicht berichtet, welche Botschaft er ihr gebracht hat. »Positives Christentum«? Da kann aber denjenigen, die sich im Begriffsgebrauch Adolf Hitlers auskennen, unwohl werden; das haben Sie nicht bedacht. Ein Bundesinnenminister kann eben auch nicht mit dem deutschen Geschichtsbuch unter dem Arm herumlaufen. Bleibt zu klären, was die Bundesrepublik mit den Bürgerinnen und Bürgern anstellen soll, die nicht »religionsfreundlich« sind. Vielleicht ein bißchen unfreundlich behandeln, ganz neutral.

Bodo Hechelhammer, Historiker im Dienst. – Als wäre es eine Überraschung, meldeten die Zeitungen jetzt, daß der Bundesnachrichtendienst in seinen frühen Jahren einen ehemaligen SS-Standartenführer Walther Rauff beschäftigt hat, wohl wissend, daß dieser an der Organisierung des Holocaust tatkräftig beteiligt war. Gut bezahlt sollte dieser Mitarbeiter, in Lateinamerika untergebracht, Informationen über das revolutionäre Kuba liefern. Als Leiter der historischen Arbeitsgruppe im BND haben Sie den Vorgang so kommentiert: »Obwohl zur Zeit seiner Anwerbung in den zuständigen Bereichen des BND keine Bedenken über die Nutzung Rauffs zur Erfüllung des eigenen Auftrags bestanden, ist dieser Umstand politisch-moralisch nicht nachvollziehbar.« Nachvollziehbar ist, welcher Umstand Sie dazu veranlaßt hat, sich derart gewunden auszudrücken. Wichtiger aber und nicht minder nachvollziehbar sind die historisch-politischen Umstände der Nutzung Rauffs (und mancher anderer NS-Verbrecher) durch den BND: Der Dienst, dem Sie derzeit dienen, betrieb damals den verdeckten Krieg zur Ausrottung des »Weltbolschewismus«. Da waren Männer wie Rauff, die sich bei gleichgerichteten Operationen vor 1945 bewährt hatten, höchst nützlich.

Maria Fekter (ÖVP), österreichische Finanzministerin. –
Auf einer Pressekonferenz in Polen anläßlich eines Treffens mit Ihren Amtskollegen aus den Euro-Staaten haben Sie geäußert, mit der Kritik an Vermögenden, Reichen und Banken würden Feindbilder aufgebaut, vergleichbar der Judenverfolgung in den 1940er Jahren. Wir können Sie diesbezüglich beruhigen, denn es verhält sich umgekehrt: Viele Vermögende, Reiche und auch Bankiers standen hinter Hitler. Die Reichen, die verfolgt wurden, konnten sich größtenteils in Sicherheit bringen. Tödlich war die Verfolgung zumeist für Arme, vor allem für Kritiker der kapitalistischen Besitz- und Machtverhältnisse (Kommunisten und andere Sozialisten). Konservative wie Sie waren in den seltensten Fällen unter den Opfern, leisteten auch keinen nennenswerten Widerstand. Mit Ihrer Verharmlosung des Nazi-Regimes und Ihren Ausfällen gegen diejenigen, die heute für soziale Gerechtigkeit kämpfen, zeigen Sie jedenfalls unmißverständlich, in welcher politischen Tradition Sie stehen. Insofern danken wir für Ihre klaren Worte.