Nach Fabrikanten, Generalen, Kaufleuten, Grafen und ehemaligen Reichskanzlern (Bismarck und Hitler) wurde am 27. August 2013 auf Vorschlag des CDU-Oberbürgermeisters und Ex-NPDlers Gert Hoffmann dem Porsche-Enkel und Multimilliardär Ferdinand Piëch die Ehrenbürgerschaft der Stadt Braunschweig angeboten, nachdem dieser bereits Dr. h.c. und Prof. h.c. sowie Ehrenbürger von Wolfsburg und Zwickau ist.
Über die wenig rühmliche Vergangenheit von Braunschweigs Oberbürgermeister und sein gegenwärtiges Wirken war schon in Ossietzky 18/13 einiges zu lesen. Dieser Ehrenmann begründet den Antrag für den Ehrenbürger in spe unter anderem so: Der Porsche-Enkel Ferdinand Piëch sei ein »willensstarker Wirtschaftsführer«. Das ist wahrscheinlich genetisch in der Familie angelegt, war der Opa Ferdinand Porsche doch ein willensstarker Wehrwirtschaftsführer und verantwortlich für tausendfache Zwangsarbeit und den Einsatz von KZ-Sklaven im von den Nazis mit geklauten Gewerkschaftsgeldern aufgebauten Volkswagenwerk. Zum ehemaligen Wehrwirtschaftsführer äußerte sich Piëch in seiner Autobiographie so: »Natürlich bin ich stolz auf meinen Großvater ... Und als ich die eminente Rolle des Konstrukteurs begriff, hat mir die ganze Geschichte bloß imponiert und mich nicht eine Sekunde lang belastet, warum auch?«
Der weitere Inhalt der Begründung ist eine ungenießbare Lobhudelei, die den Leserinnen und Lesern erspart bleiben kann.
Es ist – der Vollständigkeit halber – diesem anachronistischen Personenkult etwas hinzuzufügen: Sowenig Ferdinand Porsche das Volkswagenwerk aus eigener Kraft und mit eigenen Ideen aufgebaut hat, sowenig ist es das Verdienst des Enkels Ferdinand Piëch, daß Volkswagen zu einem der weltgrößten Automobilhersteller wurde.
Für den Großvater und dessen Einsatz für das Naziregime und für die Geschichte von Volkswagen ist der Ehrenbürger in spe Ferdinand Piëch nicht verantwortlich. Daß er aber kein Wort der Entschuldigung gefunden hat, daß er die Geschichte und die Ursprünge seines Vermögens verdrängt, daß er mit härtesten Bandagen versucht, jede Konkurrenz auszuschalten, daß er gigantische Profite aus dem Unternehmen zieht, daß er sich mit üblen Methoden den Volkswagenkonzern mehrheitlich angeeignet hat, daß er Betriebsräte kaufen ließ, daß er Leiharbeit und Werkverträge in großem Stil einsetzen läßt – das macht ihn vielleicht zu einem Vorbild für Leute wie Gert Hoffmann, als »Ehrenrühriger« taugt er deshalb so wenig wie viele seiner Vorgänger in der Liste der Braunschweiger Ehrenbürger.
In schlechter Tradition der Verdrängung von Widersprüchen wurde in Braunschweig eine »Volksgemeinschaft« für diesen Antrag auf Ehrenbürgerschaft gebildet, damit die Stadt sich mit Piëch auch wirklich schmücken darf und der teure Ehrenbürger nicht beleidigt auf die hohe Ehre verzichtet. Neben dem Oberbürgermeister soll es vor allem der Betriebsrat von Volkswagen gewesen sein, der den Beschluß vorantrieb, dann durfte selbstverständlich die SPD nicht fehlen, auch nicht die FDP, und die Gewerkschaft erhob ebenfalls ihre Stimme für die Ehrenbürgerschaft des größten Arbeitgebers am Ort. Für »unwürdig und schädlich« hielt denn auch die SPD die Kritik der Grünen am Antrag und deren verweigerte Zustimmung zur Ehrenbürgerwürde. Weshalb sich Die Linke im Stadtrat bei der Entscheidung der Stimme enthielt, ist bisher noch ihr Geheimnis.
Wo soviel bürgerschaftlicher Gemeinsinn herrscht, gibt es keine Interessengegensätze zwischen Kapital und Arbeit, schon gar keine Klassengegensätze oder gar Klassenkampf, eben nur ein Volk. Vielleicht läßt der so geehrte Geldadel ja ein paar Millionen springen für die Stadt, selbstverständlich steuermindernd. Wie wäre es mit einem Spielplatz für die Kleinen oder mit einer Schule für den Nachwuchs in der eigenen Fabrik? Ob die rund 300 Millionen Euro dabei rumkommen, die Volkswagen gerade steuersparend in Belgien abgesetzt hat, ist zu bezweifeln. Ganz schön auf den Hund gekommen sind diejenigen, die sich dem Porsche-Piëch-Clan unterwürfig anbiedern.