Ein katholischer Priester, ein evangelischer Pfarrer und ein Rabbi kommen in die Bar. Sagt der Wirt: »Soll das ein Witz sein?«
Damit konnte man mal die Leute zum Lachen bringen. Modern abgewandelt könnte es heißen: Ein Syrer, ein Iraker und ein Libyer kommen nach Deutschland. Fragt der Einwanderungsbeamte: »Soll das ein Witz sein?«
Nein, das ist nicht komisch. Hier besteht der Witz ja nicht in der Verschiedenheit, sondern in der Anzahl. »Was denn, nur drei?« müsste der Beamte fragen.
Sie kommen zu Tausenden. Eine Völkerwanderung hat eingesetzt, und zwar nicht überraschend, sondern lange vorbereitet. Seit 2001 herrschen im Nahen und Mittleren Osten Krieg und Vertreibung. Nur flohen die Menschen bisher innerhalb ihrer Staaten oder in die Nachbarstaaten, und die konnten sehen, wie sie damit fertig wurden. Noch als die Massen über das Mittelmeer flohen und in Italien und Griechenland an Land kamen, wenn sie nicht ertranken, schaute unsere Regierung vornehm weg und berief sich auf das Dubliner Abkommen. Das hatte Deutschland Europas südlichen Ländern aufgedrückt, wohl wissend, dass es kaum möglich ist, ohne Durchquerung eines südlicheren Landes nach Deutschland zu kommen. Es sollte die Asylbewerbungen stoppen – was auch mehr oder weniger gelang, bisher. Jetzt aber sind alle Dämme gebrochen, die Politiker stehen hilflos vor ihrem Scherbenhaufen und schwurbeln herum: »Wir müssen jetzt einfach anpacken«, sagte Angela Merkel zur Flüchtlingsfrage am 9. September im Bundestag. »Jetzt« und »einfach« ist gut!
Immerhin sprach Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident, klare Worte: »Keine Lyrik, keine Rhetorik. Das Gebot der Stunde ist es zu handeln. Wir sprechen nicht von Zahlen, sondern von Menschen.« Zahlen haben auch keine Probleme damit, Grenzen zu überqueren, wenn sie auf Banknoten stehen. Luxemburg ist das reinste Paradies für Flüchtlinge – für Steuer-Flüchtlinge. Geldströme lenken wir gern zu uns! Juncker bemängelt: »Es fehlt an Europa in dieser Europäischen Union, und es fehlt an Union in dieser Europäischen Union.« (dpa, rtr, t-online.de, 9.9.15) Es fehlt also an allem. Vor allem an einer Politik, die die Fluchtursachen bekämpft und nicht die Flüchtlinge. Und es fehlt an Strategien. Grenze auf – Grenze zu, Stacheldraht in Ungarn, Korridor in Kroatien, Züge einsetzen in Ungarn, Züge stoppen in Dänemark. Taten statt Lyrik – nichts hält den »Ansturm« auf.
Schon gar nicht Scherze wie der von Sascha Lobo, der bei Maybrit Illner vorschlug, die Flüchtlinge doch einfach »Vertriebene« zu nennen, damit sie willkommen wären. Da blieb dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann die Spucke weg: »Sie beleidigen die Vertriebenen!« Umgekehrt wird ein Schuh draus! Die Vertriebenen wurden vertrieben, weil die deutschen Faschisten vorher in halb Europa eingefallen waren und es verwüstet hatten. Das kann man von keinem der Flüchtlinge sagen, die jetzt kommen. Die Fluchtursache sind unter anderem deutsche Panzerlieferungen an die Saudis, die die IS-Armee aufgerüstet haben.
Der Vorschlag, die Rüstungsfirmen an den Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen zu beteiligen, ist kein Scherz, aber leider unrealistisch. Realistischer ist da schon der Vorschlag, den Flüchtlingen, die praktischerweise in alten Bundeswehrkasernen untergebracht sind, die ausgemusterten Heckler&Koch-Gewehre zu geben, sie anzuleiten und dann wieder in ihre Herkunftsländer zu schicken – vergrößert das Problem zwar auch, aber im Sinne des Erfinders. Den Nahen Osten zu destabilisieren war schließlich der Masterplan der USA.
Und dass Deutschland eine neue »Willkommenskultur« entwickelt, ist auch kein Scherz, sondern Gefühlsmanipulation im Interesse des Kapitals, das mehr verfügbare Masse von Arbeitskräften braucht. Schon werden Mini-Mindestlöhne für Asylbewerber gefordert, und den Deutschen weitere Sparmaßnahmen angedroht, alles nur wegen der Flüchtlinge.
Italien und Griechenland erleben seit zwei Jahren einen solchen Flüchtlingsansturm, aber erst seit die Flüchtlinge zu Tausenden auf dem Landweg kommen, tut unsere Regierung, als tue sie etwas – ein sehr schlechter Scherz!
Auch nicht witzig ist es, dass der EU-Generaldirektor der Generaldirektion Migration und Inneres, Matthias Ruete, den laschen Umgang der deutschen Regierung mit Migranten bemängelt. Laut Meldung an das Europäische Statistikamt lebten 2014 in Deutschland 128.000 Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung, aber nur 34.000 wurden zur Ausreise aufgefordert, und 22.000 davon folgten der Aufforderung. Außerdem hat Deutschland in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres 218.000 Asylanträge entgegengenommen, aber nur 156.000 Datensätze an das zentrale Erfassungssystem der EU weitergeleitet (FAZ, 27.9.15).
Die Deutschen – Schlampermeister Europas? Und Weltmeister im Betrügen? Das stinkt doch! Und da wären wir auch schon bei VW und den Abgaswerten bei Diesel-Autos. In den USA werden sie noch geprüft und Abweichungen verfolgt, während bei uns das Kraftfahrtbundesamt erhöhte Abgaswerte nicht als Rückrufgrund anerkennt und auch nicht weiter nachprüft. Darauf wies Axel Friedrich, langjähriger Abteilungsleiter »Umwelt und Verkehr« beim Umweltbundesamt und Mitbegründer des International Council on Clean Transportation, in einem Interview mit der jungen Welt am 23. September hin. Hierzulande fahren also offenbar weit mehr Umweltverpester herum. Aber in den USA wird VW Milliarden Dollar zahlen müssen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Wer versucht, in den USA der US-Wirtschaft Konkurrenz zu machen, der sollte sich nichts zu Schulden kommen lassen, das ist bekannt. Die VW-Manager sind größenwahnsinnig genug, um das zu ignorieren.
Weitere Scherze gewünscht? Der französische Außenminister Laurent Fabius meint, man dürfe den syrischen Präsidenten Assad nicht im Amt lassen während einer Übergangsregierung, die den Bürgerkrieg beenden soll. Denn das sei ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns. Dass die Politik des Westens in Syrien gescheitert ist, ist zwar allen klar, aber eingestehen darf man es eben nicht. Während Russland noch versuchte, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, selbst Saudi-Arabien und die Türkei, um den Islamischen Staat (IS) wirkungsvoll zu bekämpfen, wollte Frankreich lieber auf eigene Faust bombardieren, was schon die USA bis jetzt vergebens tun, oder zu tun vorgeben. Dem Vorrücken des IS hat das bisher nicht geschadet. Jetzt holt auch Russland die Kampfjets raus, und die Propaganda lässt nicht lange auf sich warten: Am 1. Oktober titelt Spiegel online »Russische Kampfjets sollen US-Verbündete angegriffen haben«. Dass der Spiegel jetzt den IS offen als US-Verbündete bezeichnet, ist bezeichnend.
Das griechische Volk treibt ebenfalls schlechte Scherze mit der EU. Die braucht allerdings auch gar nicht zu lachen, denn ihr kann es egal sein, wer unter ihrer Fuchtel Ministerpräsident von Griechenland ist. Dass Tsipras neuerlich die Wahl gewonnen hat (wenn auch mit erheblich geringerer Wahlbeteiligung und unter Verlust von 300.000 Wählern), ist ohne (Galgen-)Humor aber nicht zu verstehen.
Auch der Papst erlaubt sich einen schlechten Scherz und katholischen Priestern, die »Sünde« der Abtreibung zu vergeben, wenn die »Sünderinnen« bereuten und um Vergebung bäten. Allerdings gilt das nur im »Heiligen Jahr« vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016. Da müssen die Frauen sich aber beeilen, noch rechtzeitig die Empfängnis nicht zu verhüten, sondern die Geburt.
Treffen wir uns im Keller zum Lachen?