Was haben wir uns gefreut. Das neue deutsche Wunder. Die Bundeswehr nicht einsatzfähig. Wie damals 1941. Als General Winter, den für tropische Hitze – gen Indien! – ausgerüsteten deutschen Soldaten vor Moskau einfrieren ließ und dann langsam, aber sicher heim in sein Reich trieb.
Doch diese gute alte Zeit, wir müssen es einsehen, ist vorbei. Ja, wir haben gejubelt, als der kriegslüsterne Blome-Spiegel Ende September um das Wohl der Bundeswehr bangte: Die Kriegsministerin hängt fest – mutterseelenallein mit ihrem Pressetroß in der weitläufigen Parkanlage des Präsidentenpalasts in Arbil. Ihr Mitbringsel, die Sturmgewehre und Panzerfäuste, blieben in Deutschland, die Ausbilder in Bulgarien. Weil aus ihrer Transall der Treibstoff auslief wie aus einer lecken Coladose.
Was die Ministerin als aktivere deutsche Außenpolitik angekündigt habe, stehe in keinem Verhältnis zu den militärischen Fähigkeiten, jammerte der Spiegel. »Die Serie der Pannen reißt nicht ab.« Nur noch zwei einsatzfähige Hubschrauber NH90. Der Kampfhubschrauber Tiger verliert beim Flug – ach ist das schlimm – seinen Waffenträger. Und die Patriot-Bundeswehreinheit in der Türkei lebt von der Substanz! Der viertgrößte Industriestaat des Planeten und amtierende Exportweltmeister hätte womöglich keine sechs Kampfflugzeuge für eine US-geführte Koalition in Nordirak zu bieten, und Spiegel-Chef Nikolaus Blome resümierte aus seinen Berliner Regierungskreisen: »Jetzt stehen wir blank da.« Die Bundeswehr nicht angriffsbereit.
Wunderbar.
Drei Tage später, zum westdeutschen Nationalfeiertag, schloß sich – einen ordentlichen Steinwurf weiter – die Zeit der Jeremiade des Spiegel an. Sie ist schon lange unter ihrem Politik-Chef Bernd Ulrich (»Warum Deutschland Krieg führen darf. Und muß!«) das führende Bellizistenorgan geworden und klagte darum die Kanzlerin an: »Aus der bellizistischen Oppositionspolitikerin, die sich 2003 an der Seite Bushs präsentiert hatte, wurde die Kanzlerin, die dem Antimilitarismus der Deutschen weit entgegenkam.«
Zeit-Fazit: »Hubschrauber, die nicht fliegen. Soldaten, die auf Gran Canaria notlanden. Die Bundesregierung spricht von mehr militärischer Verantwortung. Ist sie dazu überhaupt in der Lage?«
Das alles hörte sich so erfreulich an, als könne die Bundeswehr nicht einen einzigen Menschen mehr umbringen. Und doch ist alles nur ein schöner Traum. General Klein, der Massakerheld von Kundus, ist immer noch für die Personalauslese der Bundeswehr tätig. Das ganze Jammern unserer Kriegsfreunde – alles nur Theater. Ursula von der Leyen wußte schon auf die Milliarde genau, wieviel mehr sie für die Bundeswehr braucht, bevor sie die von ihr angekündigte »Bestandsaufnahme« auch nur beginnen konnte. Angela Merkel schickt den Kurden Waffen, so wie sie auch weiterhin den IS-Lieferanten Katar und Saudi-Arabien bestes deutsches Mordwerkzeug liefern wird. Und Sigmar Gabriel, der sich mehr und mehr zum Waffennarren der deutschen Rüstungsindustrie und ihrer korrumpierten Betriebsräte entwickelt, gibt seinen Segen.
Die deutsche Verantwortungsergreifung für alle Welt marschiert stürmisch fort.