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Titel2119

Monatsrückblick: Friedensbringer und Psychopathen  (Jane Zahn)

Eigentlich sollte Präsident Trump den Friedensnobelpreis bekommen. Anders als sein Vorgänger Obama hat er tatsächlich US-Truppen abgezogen. Okay, er hat dafür viel Kritik einstecken müssen, weil die Türkei mit ihrer Operation »Friedensquelle« eingerückt ist, um den Unruheherd Kurdistan unter Kontrolle zu bringen. Aber Trump hat so Raum geschaffen dafür, dass erstens Kurden und Syrer wieder zusammengehen und zweitens Russland als Garantiemacht für Frieden auftreten kann. Und man sollte sich immer erinnern, dass ein kurdischer Staat nicht nur eine Vision vieler (längst nicht aller!) Kurden ist, sondern auch Bestandteil der Neuordnung der Welt nach Brzezinski, der damit die Machterhaltung der USA sicherstellen wollte.

 

Selbstverständlich hat Trump nicht gewollt, dass die Türkei sich eine Sicherheitszone schafft. Mit diesen Folgen hat keiner rechnen können, denn es ist doch bereits anderthalb Jahre her, dass die Türkei in Afrin einmarschiert ist, das liegt doch außerhalb von Trumps Gedächtnishorizont (auch des Gedächtnishorizonts von deutscher Regierung und deutschen Medien offenbar). Die britische Regierung ist jedenfalls von der Militäroffensive der Türkei »tief enttäuscht« (MAZ, 16.10.19). Dann muss sie sich aber sehr getäuscht haben!

 

Ministerin Kampf-Knarrenbauer will sofort deutsche Soldaten nach Kurdistan schicken – schließlich war Karl May auch schon dort. Außenminister Heiko Maas hat offenbar Karl May nicht gelesen und findet es unerhört, dass sein Amt nicht konsultiert wurde vor dem Vorschlag der Verteidigungsministerin. Nicht etwa, dass er die Initiative grundsätzlich ablehnen würde … Die SPD interessiert sich inzwischen nur noch für Formalia.

 

Anstatt die Gelegenheit zu nutzen, auch den Abzug der US-Truppen aus Deutschland zu erbitten! Vielleicht durch einen persönlichen Brief an Mr. Trump?

 

Trump schreibt ja selbst gern mal einen persönlichen Brief, zum Beispiel an Erdoğan, in dem er einerseits an dessen Menschlichkeit appelliert, andererseits Sanktionen aus der Hölle androht. (MAZ, 6.10.19)

 

Während Trump das alles in einem Brief unterbringen konnte, brauchte Boris Johnson zwei Briefe, um nicht »tot im Graben zu liegen«. Das wollte er ja lieber, als bei der EU einen Aufschub des Brexits zu beantragen. Dies aber musste er nun tun, weil das britische Unterhaus ihm nicht den Gefallen tat, seinen neuen Deal mit der EU zu akzeptieren. Die Bitte um Aufschub unterschrieb er allerdings nicht, und im zweiten Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, bezeichnet er einen Aufschub als »Fehler«. Der Schwarze Peter liegt wieder bei der EU. Die hat aber schon signalisiert, dass auch nicht unterschriebene Bitten des britischen Premiers erfüllt werden, der Aufschub soll jetzt wohl bis zum 31. Januar 2020 gehen. Die Tür wird offengehalten, auch wenn Mr. Johnson sie möglichst schnell zuschlagen will.

 

Geschlossene Türen können ja auch etwas Gutes sein!

 

Weil die Tür zur Synagoge in Halle geschlossen war und seinem Beschuss nicht nachgab, erschoss ein »Einzeltäter« zwei Zufallsopfer. War er ein Rechtsextremist? Roland Ulbrich, AfD-Landtagsabgeordneter und Stadtrat in Leipzig, bezweifelt es: »Er könnte auch ein Psychopath sein. Warum schießt ein Rechtsextremist auf ›Volksgenossen‹?« (jW, 16.10.19) Könnten Rechtsextremisten keine Psychopathen sein? Das bezweifle ich.

 

Bereits die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht im Allgemeinen und gegen die Regelungen des humanitären Kriegsvölkerrechts im Besonderen. Das schert die NATO nicht, wenn sie in ihrem jährlichen Manöver »Steadfast Noon« den Einsatz von Jagdbombern probt, die mit Atomwaffen bestückt werden. Die Tornados fliegen zwar bei der Übung nicht mit Atombomben, aber im Fliegerhorst Büchel wird die Bestückung geprobt. Außerdem haben die USA eine »Task Force« mehrerer strategischer Nuklearwaffen-Bomber von den USA nach England verlegt. »Das wird zumindest von Russland nicht als Zufall gewertet«, meint Hans Kristensen, Leiter des »Nuclear Information Project« der Federation of American Scientists (jW, 19./20.10.19). Wer mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, ist jedenfalls ein Psychopath.