Ursula von der Leyen, ehemalige Thronfolgerin. – »Gespenstisch« haben Sie die massenmediale Debatte über »KT« als kommenden Kanzler genannt. Ihren Ärger können wir gut verstehen; es ist noch nicht lange her, daß Sie als die nächste Frau im Kanzleramt galten. Auch ist nicht zu erkennen, welche Fähigkeiten oder Verdienste den jetzigen Wehrminister in seine Favoritenrolle gebracht haben könnten. Aber denken Sie nach: Um einen Spuk im Geisterschloß handelt es sich nicht, da sind Regisseure am Werk – wo wohl? Die Antwort werden Sie selbst finden. Oder bei Friede Springer nachfragen. Außerdem wissen Sie besser als andere: Er gehört dem Uradel an, in den Sie erst haben einheiraten müssen.
Gunnar Heinsohn, Bevölkerungswissenschaftler. – Das Wohlwollen der FAZ ist Ihnen sicher, und so gab diese Zeitung Ihnen Gelegenheit, ironisierend zu erklären, weshalb Deutschland die falschen Zuwanderer hat: Die richtigen, die hochqualifizierten, werden abgeschreckt. Sechs Gründe nennen Sie dafür, vor allem: Besserverdienende behalten hier zu wenig Geld in der Tasche, sie müssen die Einkommensarmen mitversorgen, der schlimme Sozialstaat ist es, der auswärtige Leistungsträger von der Bundesrepublik fernhält. Einen siebten Grund hätten Sie nennen können: In Deutschland erwartet Immigranten Gunnar Heinsohn. Das kann auch hochqualifizierte Zuwanderungswillige bedenklich machen. Denn wer weiß, wie lange dieser Experte ihnen die Qualifikation zuerkennt.
Thomas Straubhaar, ebenfalls Migrationsforscher. – Wie läßt sich Zuwanderung für Deutschland rentabel gestalten? Dafür haben Sie ein Konzept: soziale Leistungen vom »Wohnsitzstandard« auf den des »Herkunftslandes« umstellen. Der vielzitierte immigrierte indische Informatiker hätte sich demnach in Deutschland, wenn er seinen Arbeitsplatz verliert, mit dem Arbeitslosengeld zu begnügen, das in Indien gezahlt wird. Als Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts werden Sie ständig beobachten müssen, wie sich die sozialen Leistungen im Ländervergleich entwickeln. Dann wird man die Zuwanderer besser sortieren können, damit sie uns nicht am Ende wieder zu teuer kommen. Als ein Kriterium in dem jetzt überall geforderten Punktesystem für die Ermittlung nützlicher Einwanderer wird also künftig der Nachweis zu gelten haben, daß im Falle von Bedürftigkeit kaum Stütze gezahlt werden muß. Am besten gar keine.
Christel Berger, Literaturwissenschaftlerin. – Nach der Lektüre von Kusches Glückwunsch für Biskupek (Ossietzky 21/10) fragen Sie sich, wie »man das mit Fries‘ Tagebüchern und ›Friede seiner Asche‹ verstehen soll?? Von Fries gibt es nur eine veröffentlichte Autobiographie, und der Mann ist zwar krank, aber nicht tot!« Unser Mitarbeiter wollte Fritz Rudolf Fries keinesfalls für tot erklären. Er hat ihn für tot gehalten. Sein fataler Irrtum mag durch Fries’ zurückgezogene Lebensweise entstanden sein oder dadurch, daß es schwierig war und ist, mit diesem bedeutenden Essayisten, Erzähler, Übersetzer, Dichter (und Denker) postalisch oder telefonisch Kontakt aufzunehmen. »Die Totgesagten leben länger.« Das ist keine Erkenntnis. Bloß eine Redensart. Vielleicht sogar eine tröstliche.