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Titel2212

Preis für Kriegsverfechter  (Arno Klönne)

An die Europäische Union ging diesmal der Friedensnobelpreis. Nicht an die Idee eines friedlichen, Gewalt verabscheuenden Zusammenlebens der Menschen in den Ländern Europas, deren Adresse wäre ja auch nicht so leicht ausfindig zu machen, sondern an eine Institution, ein machtstaatliches Bündnis. Als Alfred Nobel 1895 diesen Friedenspreis in seinem Testament stiftete, wollte er »Friedensverfechter« damit geehrt wissen, und im einzelnen nannte er als zu würdigende Bemühungen: »Verbrüderung der Völker«, »Verminderung oder Abschaffung stehender Heere«, »Abhalten oder Förderung von Friedenskongressen«. Das war vor 1914, also in einer geschichtlichen Epoche, in der die massenmörderische Maschinerie moderner Kriege noch nicht angelaufen war. Wie würde der Preisstifter heute die Ziele oder Handlungen benennen, die einer Würdigung wert sind, weil sie den Frieden näher bringen? Das wissen wir nicht. Aber Gewißheit besteht darüber, daß Alfred Nobel der damaligen Friedensbewegung zur Hilfe kommen wollte, inspiriert hatte ihn dazu Bertha von Suttner, die ihrem zu jener Zeit aufrührerischen Buch einen eindeutigen Titel gegeben hatte: »Die Waffen nieder!« Der Stifter eines Preises hat, wenn er nicht mehr lebt, keinen gesicherten Einfluß darauf, wen die Verwalter künftig auszeichnen. Und so kam es in der Historie des Friedensnobelpreises zu manchen Ehrungen, die höchst strittig waren. Um ein Beispiel aus jüngster Zeit zu nehmen: Daß Barack Obama eine Friedensbewegung repräsentiere, werden selbst seine Bewunderer nicht behaupten wollen. Den Friedensnobelpreis hat auch Carl von Ossietzky erhalten. Der war schon zu Zeiten der Weimarer Republik in Haft gebracht worden, weil er in seiner Zeitschrift die geheime Aufrüstung des deutschen Staates publik gemacht hatte. Wie einer wie Ossietzky sich zu den militärischen Aktivitäten der USA heute äußern würde, darüber kann kein Zweifel bestehen.

Und nun die genobelte Europäische Union – mit wem »verbrüdert« sie sich? Mit dem »Volk« in Afghanistan? Mit den Völkern anderer Länder, in denen EU-Staaten kriegerisch tätig waren oder demnächst tätig werden wollen? Um »stehende Heere« handelt es sich nicht mehr beim Militär der EU-Staaten und des Staatenbündnisses, diese Truppenform ist nicht mehr zeitgemäß; aber die mörderischen Effekte der Militärschläge sind deshalb weder abgeschafft noch gemindert. An Kongressen oder Konferenzen fehlt es nicht im Tätigkeitsprofil der EU. Allerdings haben sie dahin geführt, daß weiteres Aufrüsten der Staaten des Bündnisses obligatorisch gemacht und die Modernisierung des militärischen Arsenals gefördert wurde. Und so können EU-Staaten denn auch alle Welt mit ihren Rüstungsgütern beliefern – »völkerverbrüdernd«?

Die kriegerische Ausrichtung der internationalen Politik von EU-Staaten hat in Nahost, in Afrika und auch auf dem Balkan Fluchtbewegungen forciert. Denen stellt das Staatenbündnis Sperren entgegen, die Tod und Elend erzeugen, »Frontex« heißt bezeichnenderweise eine davon. Nochmals: »Völkerverbrüderung«? Mit diesem Friedenspreis wurden Kriegsverfechter belobigt, die Botschaft der Bertha von Suttner ist verwandelt in ein »Die Waffen hoch!«