Zufriedene Kunden, wer wünscht sich die nicht? Wichtigster Indikator ist und bleibt der Verkaufserfolg. Doch der bedarf einer strategischen Planung. Das gilt nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch im politischen Geschäft: »Politikverdrossenheit«, Ausdruck unzufriedener Wahlbürger, könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Einige der jungen, dynamischen Politiker gehen heute forschen Schritts daran, die Verhältnisse »mit nüchternen Augen anzusehen« (Marx/Engels). Sie wissen: Dann klappt’s auch wieder mit dem Wähler.
Wie das geht, läßt sich am Beispiel des sogenannten Neuromarketings verdeutlichen. In dem noch jungen Wissensgebiet verbinden sich Erkenntnisse der apparativen Hirnforschung mit psychologischer Marktanalyse. Durch gezielte Stimulierung von Hirnarealen kann man mithilfe der in der medizinischen Diagnostik gebräuchlichen Magnetresonanztomografie (MRT) genaue Konsumentenprofile herstellen. Hans-Georg Häusel, Psychologe bei der Münchener Marketing-Agentur Nymphenburg, ist ein Vorreiter des Neuromarketings. Sein Motto ist: »Hirngerecht verkaufen und begeistern!« Denn Häusel weiß: »Der rationale Kunde ist tot.« Stattdessen, so lehrt er uns, bestimmt sich der Verkaufserfolg durch die Ansprache basaler Emotionen, Gefühle und Triebe, die im limbischen System des Gehirns ihren Sitz haben. Mittels Simulationsprogrammen lassen sich die stimulierten Areale lokalisieren und farblich hervorheben. Farben, die einfach Freude machen.
Haspa ist keine Hundefuttermarke, sondern die Kurzbezeichnung für die Hamburger Sparkasse. Das Geldinstitut hat sich, wie der Norddeutsche Rundfunk berichtet, seit 2007 bei Schulungsveranstaltungen der Erkenntnisse und Methoden Häusels bedient, um Versicherungen und Finanzprodukte erfolgreich an den Mann und die Frau zu bringen. Im Ergebnis fühlten sich alle Beteiligten an einem Beratungsgespräch mit anschließendem Vertragsabschluß hochzufrieden: Die Bank konnte prächtige Prämien einstreichen, und bei den Kunden wurden die typbezogenen Hirnareale paßgenau angeregt. Der Erfolg gibt der Methode Recht. Daß sich viele der erworbenen Finanzprodukte später als wertlose Schrottpapiere erwiesen, kann man in Anbetracht des allseitig dominierenden Zufriedenheitserlebnisses vernachlässigen.
Spätestens jetzt sollten auch Parteistrategen aufhorchen und sich an diesen jüngsten privatwirtschaftlichen Errungenschaften ein Beispiel nehmen. Statt daß sie sinnlos Zeit damit verschwenden, zähe »Überzeugungsarbeit« etwa in Form von »Dialogen« zu leisten, sollte die Maxime gelten: Hirngerecht verkaufen! Der Wähler ist schließlich dank der Erkenntnisse der einschlägigen Forschung nicht länger ein unbekanntes Gedankending, sondern in präzise Profiltypen einteilbar. Nach Dr. Häusel gibt es etwa den »Bewahrer«, den »Hedonisten«, den »Abenteurer« oder den »Toleranten«. Für jeden Kundentypus sollte eine Partei das paßgenaue Portfolio mit Schlüsselreizen im Programmangebot bereithalten; es brächte nicht viel, einem Hedonisten so etwas wie »soziale Gerechtigkeit« andrehen zu wollen.
Voraussetzung für hirngerechtes Verkaufen ist die genaue Bestimmung des jeweiligen individuellen Konsumverhaltens. Dazu ist der flächendeckende Zugriff auf personalisierte Kundendaten unerläßlich. Hier bietet sich die Kooperation mit großen Discounterketten, besser noch mit führenden Bankinstituten an, die längst über ausreichende Informationen verfügen. Der Erwerb einer entsprechenden Daten-Scheibe ist eine lohnende Investition. Angehende Politiker sollten rechtzeitig durch die verpflichtende Teilnahme an parteiinternen Trainings in den neuen Verkaufsmethoden qualifiziert werden. Wie viel Geld und Mühe ließe sich durch den Verzicht auf überkommene Formen der Parteiwerbung sparen!
Eine neue Zeit erfordert ein neues Denken. Bei den geschulten Jungpolitikverkäufern wird sich schnell die Erkenntnis Bahn brechen: Demokratie, wie wir sie bislang kannten, ist out. Und dann wird der Ruf erschallen: Es lebe die Neurodemokratie!