Kurz nach dem Erscheinen meines historisch-politischen Dokumentarromans »Die Banalität des Guten. Feldwebel Anton Schmid« Ende letzten Jahres habe ich mir erlaubt, in Briefen an den Oberkommandierenden des österreichischen Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer, und an Verteidigungsminister Gerald Klug die Benennung der Birago-Kaserne in Melk nach dem »Gerechten unter den Völkern« Feldwebel Anton Schmid vorzuschlagen. Gerade für die Birago-Kaserne, auf deren Gelände 1944/45 das KZ Melk als eines der größten Außenlager des KZ Mauthausen untergebracht war, wäre Schmid als neuer Namensgeber meines Erachtens prädestiniert. Letzten Endes bin ich der Meinung, dass ein k.u.k. Karriereoffizier (wie Birago), wie verdienstvoll er auch gewesen sein mag, nie und nimmer der ideale Namengeber für eine Kaserne sein kann, die ein KZ gewesen ist.
Erfreulicherweise unterstützten an die 200 Persönlichkeiten aus der Leserschaft meiner Schmid-Biographie den Vorschlag und wandten sich ebenfalls an den Bundespräsidenten und/oder den Verteidigungsminister.
Die rasche Antwort aus dem Verteidigungsministerium war vom Inhalt her aus meiner Sicht quasi vorhersehbar. »Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir Ihr Ansuchen an die Expertinnen und Experten der im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport eingerichteten Militärhistorischen Denkmalkommission weitergeleitet haben. Sobald ein Prüfungsergebnis dieser Kommission vorliegt, werden Sie neuerlich kontaktiert«, ließ mir der Minister vom Leiter seines Kabinetts schreiben.
Seither hat sich nichts mehr getan.
Die fast ebenso rasche Antwort des Bundespräsidenten zeugte dagegen meiner Meinung nach von fast so etwas wie Weisheit: »Der guten Ordnung halber darf ich darauf hinweisen, dass ein das Bundesheer betreffender Umstrukturierungsprozess eingeleitet wurde, der auch die Schließung weiterer militärischer Liegenschaften umfasst. Aufgrund dieses Umstandes wurde die sehr nachvollziehbare Entscheidung getroffen, bis zum Abschluss des Umstrukturierungsprozesses keine Kasernenumbenennungen vorzunehmen.«
Seither hat sich hierzulande nichts mehr getan.
In Deutschland bemüht sich inzwischen die von zahlreichen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützte »Initiative gegen falsche Glorie« rund um Jakob Knab um die Benennung einer Bundeswehr-Kaserne nach Anton Schmid.
Ganz konkret wird die Benennung der General-Fahnert-Kaserne in Karlsruhe nach Schmid vorgeschlagen, für die im Juni 2015 vom Stuttgarter Landeskommando der Bundeswehr ein Verfahren zur Umbenennung des Kasernennamens eingeleitet wurde. Zuvor hatte eine Expertise des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes unter anderem ergeben, dass dem Luftwaffengeneral Fahnert 1939 von seinen Vorgesetzten attestiert worden war, dass er »fest und einwandfrei auf dem Boden nationalsozialistischer Weltanschauung« stehe. »Der Name des Judenretters Feldwebel Schmid steht dagegen für Zivilcourage unter extremen Bedingungen sowie für eine humane Orientierung«, so Jakob Knab.
Wer war Anton Schmid? Feldwebel Anton Schmid war 1967 der erste ehemalige Angehörige der deutschen Wehrmacht, der von der israelischen Holocaust-Erinnerungs- und Forschungsstätte Yad Vashem als »Gerechter unter den Völkern« anerkannt und ausgezeichnet wurde. Von rund 18 Millionen Wehrmachtssoldaten war er vermutlich der Einzige, der von der hitlerdeutschen Militärjustiz zum Tode verurteilt und hingerichtet worden ist, weil er Juden zu retten versuchte.
Anton Schmid, geboren am 9. Januar 1900 als Sohn eines Bäckergehilfen und einer Winzertochter in Wien, gründet 1926 ein Elektro-, Foto- und Radiogeschäft in Wien-Brigittenau. Am 26. August 1939 wird er zur Wehrmacht einberufen und dient fortan als Infanterist, wobei er den Rang eines Feldwebels erreicht. Mitte Oktober 1941 übernimmt er als Dienststellenleiter die Versprengten-Sammelstelle der Wehrmacht nahe dem Hauptbahnhof von Wilna, dem heutigen Vilnius, im besetzten Litauen. Dort baut er auch eine für die Wehrmacht tätige Polsterei auf, in der er 140 jüdische Zwangsarbeiter beschäftigen kann. Als seinen Arbeitern die Vernichtung droht, evakuiert er die meisten von ihnen samt ihren Familien mit einem Heeres-LKW nach Lida im heutigen Weißrussland. Durch die Flüchtlinge Hermann und Anita Adler kommt er in Kontakt mit der jüdischen Widerstandsorganisation des Ghettos Wilna. Über 175 Mitglieder derselben werden von ihm nach Białystok im heutigen Polen evakuiert und entkommen damit der Shoah in Litauen, wo die Vernichtung besonders früh eingesetzt hatte. Anton Schmid wird in der zweiten Januarhälfte 1942 verhaftet, am 25. Februar vom Feldgericht der Wehrmachtsfeldkommandantur 814 (V) in Wilna zum Tode verurteilt und am 13. April 1942 von einem Erschießungspeloton hingerichtet.