Jahrzehntelang tat sich die Justiz in der Bundesrepublik schwer damit, faschistische Gewaltverbrechen konsequent strafrechtlich zu verfolgen. Diese Tatsache wird seit einigen Jahren nicht mehr ernsthaft bestritten und hat so auch Eingang in die jüngere Literatur zu dieser Thematik gefunden. Auch der Bundesgerichtshof selbst hat das Versagen seiner eigenen Behörde und die »insgesamt fehlgeschlagene (...) Auseinandersetzung mit der NS-Justiz« in einem Urteil vom 16.11.1995 (NJW 1996, S. 857-865) ebenso kritisiert wie dessen damaliger Präsident, der im Jahr 2002 nochmals deutliche Worte hierzu fand (Deutsche Richterzeitung 2002, S. 228-230). Die Schonung alter Nazis hatte maßgeblich ihre Ursache darin, dass zahlreiche belastete Täter bereits in den frühen 1950er Jahren in die Ministerialbürokratie, Polizei und Justiz zurückkehrten und zum Teil dort an den Schaltstellen der Macht saßen. Dadurch wurde vielfach eine sachgemäße Aufklärung und Verfolgung boykottiert oder blockiert. Besonders deutlich ist dies erkennbar an den Anfeindungen und Schwierigkeiten, welchen der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer ausgesetzt war, als er sich 1958 entschloss, Ermittlungen gegen Tatverdächtige, die im Konzentrationslager Auschwitz entsetzliche Schuld auf sich geladen hatten, einzuleiten.
Die Versäumnisse der Vergangenheit sind nicht mehr heilbar. Umso mehr konzentrieren sich die zuständigen Ermittlungsbehörden auf die noch verbliebenen und am Leben befindlichen Tatverdächtigen, die an Gewaltverbrechen in Konzentrationslagern und an anderen Orten mitgewirkt haben sollen. Meist sind die Betroffenen heute um die 90 Jahre alt, wie der unlängst verurteilte »Buchhalter von Auschwitz«. Oder jener Rentner aus K., den die Staatsanwaltschaft Dortmund im Dezember 2013 anklagte, »am 10. Juni 1944 in Oradour-sur-Glane/Frankreich als Heranwachsender durch dieselbe Handlung gemeinschaftlich in mindestens 25 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, heimtückisch, grausam und aus niedrigen Beweggründen Menschen getötet zu haben, in mehreren hundert tateinheitlich zusammentreffenden Fällen vorsätzlich anderen zu dessen vorsätzlich begangenen Taten, nämlich Mord, Hilfe geleistet zu haben«. Der Betreffende gehörte damals zum Panzergrenadierregiment 4 »Der Führer«. Am Tattag hatte der Bataillonskommandeur dieser Einheit befohlen, »dass die in der Nähe liegende Ortschaft Oradour-sur-Glane/Frankreich als Sühnemaßnahme für die vermeintliche Entführung des Bataillonskommandeurs des 3. Bataillons des SS-Panzergrenadierregiments 4 ›Der Führer‹ durch Partisanen sowie aus Gründen der Abschreckung vernichtet und alle Einwohner, vom Säugling bis zum Greis, getötet werden sollen«. Die Angehörigen der Einheit des Angeschuldigten riegelten daraufhin den Ort ab und trieben die Bevölkerung zusammen. Auf dem Marktplatz trennte man Frauen, Kinder und Männer. Die Männer wurden in vier Scheunen verbracht. 25 Männer wurden anschließend erschossen, woran der Angeschuldigte beteiligt gewesen sein soll. In der Kirche des Ortes waren Frauen und Kinder eingesperrt worden, die man zunächst vermutlich mit Sprengstoff zu töten versuchte. Da es noch Überlebende gab, wurden automatische Waffen und Handgranaten eingesetzt. Als auch das nicht zum Tod aller in der Kirche befindlichen Personen führte, wurden Reisigbündel in die Kirche verbracht und angezündet. Bei dem in die Geschichte eingegangenen Massaker von Oradour wurden 642 Einwohner getötet, unter ihnen 254 Frauen und 207 Kinder.
Bevor eine Anklage zugelassen wird, muss sie das zuständige Gericht daraufhin prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Hierzu zählt unter anderem, ob aufgrund der nach Aktenlage vorliegenden Beweismittel die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung größer ist als die eines Freispruchs.
Mit dieser Prüfung hatte sich auch das Landgericht in K. auseinanderzusetzen. Im Ergebnis verneinte die zuständige Schwurgerichtskammer die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verurteilung und lehnte mit entsprechendem Beschluss die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklageschrift ab. Dabei wurde nicht in Zweifel gezogen, dass es das grausame Massaker am 10. Juni 1944 gegeben hat. Auch der Angeschuldigte selbst bestritt nicht seine Anwesenheit an diesem Tag vor Ort, allerdings jegliche Tatbeteiligung. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens waren eine Reihe von Zeugen vernommen worden, die allerdings in Bezug auf den Angeschuldigten keine Angaben machen konnten, vor allem nicht zu dessen Handeln am Tatort. Auch auf eine sogenannte Kompanieliste mochte das Landgericht einen hinreichenden Tatverdacht nicht stützen, da die Liste unvollständig und nicht im Original vorhanden sei. Man wisse auch nicht, wer sie erstellt habe, und im Übrigen hatte eine Reihe von Zeugen diesbezüglich auch andere Angaben gemacht. Insofern sei bei Durchführung einer Hauptverhandlung allenfalls festzustellen, dass der Angeschuldigte zum Zeitpunkt des Massakers vor Ort war. Das allein reiche aber nicht, um eine Beihilfe zum Mord feststellen zu können. Dazu müssen nach obergerichtlicher Rechtsprechung weitere Tatsachen hinzutreten, nämlich, dass der Angeschuldigte die Tat konkret gefördert haben muss. Auf 77 Seiten setzt sich das Landgericht mit der Problematik auseinander, bevor es den Ablehnungsbeschluss am 9. Dezember 2014 fasste. Mehrere Nebenkläger hatten sich dem Verfahren als Hinterbliebene von Opfern bereits angeschlossen und waren mit der Entscheidung ebenso wenig zufrieden wie die Staatsanwaltschaft. Eine gegen den Ablehnungsbeschluss eingelegte sofortige Beschwerde führte zur Überprüfung durch das zuständige Oberlandesgericht, welches allerdings am 12. Juni 2015 die Auffassung des Landgerichts teilte.
In Frankreich waren am 13. Februar 1953 durch ein Militärgericht in Bordeaux 63 an dem Massaker Tatbeteiligte – allerdings teilweise in Abwesenheit – verurteilt worden. Auf deutschem Boden wurde allein Heinz B. am 7. Juni 1983 durch das Stadtgericht von Berlin/DDR zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.