Rainer Brüderle, glücklich. – Die Frankfurter Allgemeine gab Ihnen Gelegenheit, ein ministerielles Selbstbildnis zu zeichnen. Sie stellten die »wichtige außenpolitische Funktion« Ihres Amtes heraus: »Ich bin der Türöffner der deutschen Wirtschaft.« Ob das Ihr Parteifreund Guido Westerwelle gern gelesen hat? Der hat schon einen ungebetenen reisefreudigen Helfer im Außendienst, noch dazu aus fränkischem Adel. Wird am Ende der Vizekanzler an seinen Schreibtisch in Berlin verbannt sein?
Karl-Theodor zu Guttenberg, in den USA zu Haus. – »Großartig« sei es, wieder in Washington zu sein, gaben Sie bei Ihrem Antrittsbesuch in der Hauptstadt der USA bekannt und fügten hinzu: »Es ist eine Rückkehr zu den Wurzeln.« Genealogisch kann das nicht gemeint sein. Und als Sie sich früher einmal länger in den Staaten aufhielten, waren Sie schon aus dem Wurzelalter heraus. Also muß Ihre Herkunftsangabe mit der Politik zu tun haben. Vergessen Sie aber bitte nicht: Die Fähigkeit zu »kriegsähnlichem« Handeln, wie Sie es originell nennen, wurzelt auch in Deutschland. Ein wenig Heimatstolz wird Ihrer nordatlantischen Reputation nicht schaden.
Bert Rürup, schlecht behandelt. – Als Starwissenschaftler im Öffentlichen Dienst haben Sie politikberatend der Privatisierung des Rentensystems auf die Sprünge geholfen. Als Pensionär sind Sie in die Dienste der Finanzmarktfirma AWD getreten. Nun hat diese Ihr Salär gekürzt und zur Begründung barsch mitgeteilt, vollzeitlich werde Ihre Arbeitskraft nicht benötigt. Warten wir mal ab, ob sich andere Finanzdienstleister finden, die Ihnen Teilzeitarbeit bieten und Ihre privaten Nebeneinkünfte wieder abrunden. Sonst kommen Sie womöglich noch zu der wissenschaftlichen Erkenntnis, daß die kapitalgedeckte Altersversorgung, selbst auf höchstem Niveau, auch ihre Risiken hat.
Bernd Posselt, Versöhnungspolitiker. – Daß Erika Steinbach immer noch Schwierigkeiten hat, in den Beirat der Stiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« zu gelangen, bringt Sie als Sprecher des Sudetendeutschtums und CSU-Europa-Parlamentarier in Rage. Den FDP-Außenminister haben Sie ultimativ aufgefordert, sich endlich mit Frau Steinbach zu versöhnen; ohne diese habe, sagten Sie der Rechtspostille Junge Freiheit, das ganze Stiftungsprojekt »seinen Sinn verloren«. Das hat seine Logik: Was soll eine Versöhnung mit den Polen, wenn dabei die Tochter einer hitlerdeutschen Landerobererfamilie und erklärte Gegnerin der polnischen Nachkriegsgrenzen, also der Souveränität und Sicherheit Polens in seinen jetzigen Grenzen, nicht als Spitzenvertriebene mitwirken kann.
Dietmar Bartsch, Sittentrainer. – Als Bundesgeschäftsführer der Partei, die sich »Die« Linke nennt, haben Sie Ihrem nordrhein-westfälischen Landesverband eine Rüge erteilt. Dessen Vorstand hatte in einem parteiinternen Rundschreiben Kritik an Ihnen geübt. Ihnen gefiel der »Verteiler« nicht – »das nächste Mal bitte mündlich und nicht via E-Mail«, mahnten Sie, sonst könne eine solche Kontroverse »medienöffentlich« und »benutzbar« werden. Der Anlaß dieses Zwistes: Sie hatten das Programm der NRW-Linken als »nicht realitätsbezogen« kritisiert, so könne diese Landespartei Regierungsfähigkeit nicht ausweisen. Ihre Stellungnahme erfolgte nicht durch elektronische Post, sondern per Bild-Zeitung, ganz intim.
Günter Nooke, aufarbeitend. – Mehr als 8.000 Säcke mit zerrissenen Dokumenten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit gebe es noch, haben Sie mitgeteilt, und jetzt arbeite ein Institut der Fraunhofer-Gesellschaft an einer Methode, diese Schnipsel mit Hilfe von Computern zusammenzufügen – dann könne endlich weiter aufgeklärt werden. Jaja, aber nur teildeutsch. Der Bundesnachrichtendienst und die Verfassungsschutzämter wissen nun: Falls es jemals dahin kommen könnte, daß ihre Akten zu öffnen wären – auf Schnipselei ist kein Verlaß. Ganz weg mit dem Zeug!
Heiner Geißler, waghalsig. – In Ihrem lesenswerten neuen Buch »Ou Topos – Suche nach dem Ort, den es geben müßte« beschreiben Sie die Siegessäule in Berlin als »eines der dümmsten Denkmale Deutschlands«: »Eingelassen in die Säule sind vergoldete Kanonenrohre, in den Reliefmosaiken schlitzen Ulanen die Bäuche von Husaren auf, so daß die Därme herausquellen, wobei einige noch lachen.« Sie schließen Ihre Betrachtung mit dem Satz: »Der 68er Revolte ist es leider nicht gelungen, die Säule in die Luft zu sprengen.« Wir teilen Ihr so gar nicht denkmalschützerisches Gefühl. Ob sich da nicht etwas nachholen läßt? Sie verstehen sich doch auf riskante Sportarten.