Reinhard Müller, Redakteur »Zeitgeschehen« bei der F.A.Z. – Der SPD-Führung bestätigen Sie »gute Arbeit«, nach Abschluß des Parteitages in Leipzig. Der Dämpfer für die vorsitzenden Sozialdemokraten stärke deren Position bei den Koalitionsverhandlungen. Jetzt müsse aber darauf geachtet werden, daß die kommende Regierung sich nicht um »ein gutes Leben« für alle sorge. Aufgabe der Großen Koalition sei es vielmehr: »In jedem den Unternehmer zu wecken, jedem die Chance zu geben, sein Glück zu machen.« In derselben Ausgabe Ihres Blattes, in der Sie dies leitartikeln, findet sich ein statistischer Bericht über regionale Unterschiede bei den durchschnittlichen Jahresgehältern, für Berufsgruppen vom »Geschäftsführer« (hier an der Spitze: München mit 180.000 Euro) bis zum Angestellten in »Marketing, Vertrieb, Finanz- und Rechnungswesen« (ebenfalls München ganz vorn mit circa 50.000 Euro). Der Text hat den Titel: »Das verdient Deutschland«. Jahresgehälter unter 35.000 Euro sind nicht berücksichtigt. Denen, die diesen Einkommensrang nicht erreicht haben, fehlt offenbar der unternehmerische Geist. In der Deutschlandstatistik sind solche Pechvögel der Erwähnung nicht wert. Und über sie sollte die Politik sich nicht den Kopf zerbrechen. Auch nicht deren sozialdemokratische Akteure.
Alexander Dobrindt, CSU-Generalsekretär. – Als »ungeheuerlich« haben Sie es angeprangert, daß die SPD nicht auf Dauer ausschließen will, mit einer »reif gewordenen« Linkspartei Bündnisgespräche zu führen. Im vorigen Jahr hatten Sie empfohlen, die linke Partei schlichtweg mit einem Verbot aus der Welt zu schaffen. Wäre das geschehen, hätten Sie aber jetzt keine Gelegenheit, die SPD in Schrecken zu setzen – so kompliziert ist Politik. Wir nehmen an: Sie wollen bei den Verhandlungen für eine Große Koalition mehr für Ihre Partei herausholen; eine des Techtelmechtels mit den Roten verdächtigte SPD wird doch wohl, um Reinwaschung bemüht, bereit sein zum Beispiel auf die Gleichstellung der Homoehe zu verzichten. Oder den Etat des Bundeslandwirtschaftsministers zu erhöhen, zum Wohle Bayerns.