Ein Gebot geht aus von der Zeit, dem Zentralorgan der deutschen Bellizisten: »Nennen wir sie Helden« kommandiert es. Und klärt endlich auf: »Der Beruf des Soldaten ist todernst.« Doch der Gedanke an den Krieg, in dem »Soldaten töten und getötet werden« sei uns heute, bedauert die Verfasserin, »fremd geworden«.
Die Autorin ist sachverständig. Sie heißt Christiane Scherer, hat vor Jahren als Philosophiedozentin an der Westberliner Freien Universität ihren Namen aus Verehrung für Theodor W. Adorno (»Dialektik der Aufklärung«) in Thea Dorn geändert und schrieb dann ihr grundlegendes Werk »Berliner Aufklärung«: Ein Mörder deponiert die säuberlich zerlegten Überreste eines verhaßten Professors auf die 54 Postfächer des Philosophischen Instituts.
Thea Dorn weiß also ebensogut wie der Kundus-Oberst und nunmehrige General Georg Klein Bescheid, wie todernst der Beruf des Soldaten ist. Sie weiß schon lange von »unseren« Soldaten in Afghanistan, wie wichtig Massaker an Zivilisten sind, denen glaubt sie: »Ohne massiven militärischen Schutz – der zum Beispiel auch beinhaltet, daß man es nicht einfach geschehen läßt, wenn Taliban zwei Tanklastzüge entführen – brauchen wir hier keinen Tag länger zu arbeiten.«
Darum wendet sie sich heute in der Zeit gegen Amateurinnen wie die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die hocherfahrene Thea Dorn: »Wer in der Bundeswehr dient, entscheidet sich bewußt dafür, unsere Werte notfalls mit dem Leben zu verteidigen. Nur unsere Politiker erkennen das nicht an. Sie werben für die Truppe, als sei alles ein großes Spiel.« Es empört sie, »daß junge Menschen mit der Aussicht auf flexiblere Arbeitszeiten, vorbildliche Kinderbetreuung, ein ›hochmodernes‹ betriebliches Gesundheitsmanagement und renovierte Stuben samt WLAN und Kühlschrank in den Militärdienst gelockt werden sollen«.
Thea Dorn, die Menschen sachgerecht in 54 Teile zu zerlegen vermag, zumindest auf Papier, lockt dagegen mit Töten und Getötet-Werden (worauf natürlich auch die Soldatenmast der blonden Kriegs-Rose im Ministerium hinausläuft).
Thea Dorn jammert, daß »uns Durchsäkularisierten« das von Schiller vor »gut« zweihundert Jahren niedergeschriebene Kampfgeschrei »Das Leben ist der Güter höchstes nicht« nicht mehr »heilig« sei. Zuvor erläutert sie, wo wir schleunigst unser Leben loswerden sollten: In der Ost-Ukraine, damit wir uns nicht länger »von prorussisch-nationalistischen Fanatikern« – unsere Vorfahren würden »die Köpfe« schütteln – »jegliche Bestialität bieten lassen, ohne ernsthaft zurückzuschlagen«. Sie verschweigt, daß wir dort Seite an Seite mit jenen faschistischen Bandera-Freikorps kämpfen dürften, die die ostrussischen Untermenschen vernichten wollen.
Hauptsache, wir setzen wieder unser Leben ein und bekommen gegebenenfalls zum Volkstrauertag eine Gauckrede und einen schönen Platz im neuen Waldehrenhain. Das wäre eine Tat gegen die »Kurzsichtigkeit unserer intellektuellen Eliten«, denen die »Geschäftspolitik eines Konzerns wie Amazon die größere Bedrohung unserer Lebensart zu sein scheint als der mörderische Fanatismus, der seit Monaten von der Ukraine« ausstrahlt. Irak und Syrien fügt Dorn noch hinzu, um zu lehren, daß die Prorussen in der Ukraine blutige Kopfabschneider seien. »Unwillig« sind wir, »diese Wohlstands-, Friedens- und Freiheitsgesellschaft als Ganzes zu verteidigen.«
Richtig. Und wär das schön, wenn wir die intellektuellen Eliten hätten, von denen sie in der Zeit alpträumt.