Fidel Alejandro Castro Ruz, am 13. August 1926 im ostkubanischen Ort Birán als Sohn eines galicischen Einwanderers geboren, hat sein Leben lang dem Tod ins Auge gesehen. Als junger Student organisierte er in Havanna Studentendemonstrationen, bei denen hunderte Kommilitonen von Polizisten des Diktators Fulgencio Batista erschossen wurden. Am 26. Juli 1953 führte er den legendären Sturm auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba an, der militärisch zwar scheiterte, trotzdem aber als Startsignal für die Revolution gilt. Fidel überlebte, wurde angeklagt, verurteilt und ins Gefängnis geworfen. Aus dem späteren mexikanischen Exil stach er am 25. November 1956 mit 81 weiteren Guerilleros auf der Yacht »Granma« in See, um in Kuba den bewaffneten Kampf gegen die Truppen des von Washington unterstützten Regimes aufzunehmen.
Damit begann ein gut zweijähriger Guerillakrieg, der mit dem Sieg der Revolution am 1. Januar 1959 und – eine Woche später – dem triumphalen Einzug der Rebellenarmee mit Fidel Castro an der Spitze in die Hauptstadt Havanna endete und das Land, Lateinamerika und die Welt veränderte. Zum ersten Mal seit der Landung von Kolumbus im Jahr 1492 war Kuba unabhängig und souverän. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde über die Politik des Landes in Havanna und nicht mehr in Madrid oder Washington entschieden. Fidel Castro hatte den Diktator gestürzt, die einheimische Oligarchie entmachtet, dem Imperium im Norden einen Teil seines Hinterhofs entrissen und es damit vor aller Welt gedemütigt. Die Anhänger Batistas, die geflohenen Großgrund- und Fabrikbesitzer konnten ihm das ebenso wenig verzeihen wie die Herren der Wallstreet und deren Vertreter in Washington. Weil Fidel Castro die Verhältnisse änderte, in denen – wie Karl Marx es ausdrückte – »der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (MEW, Bd. 1, S. 385), wurde er zur Zielscheibe derer, die von solchen Verhältnissen profitieren. Doch weder die Soldaten des Diktators Batista noch die Auftragskiller der CIA haben es vermocht, ihn zu ermorden.
Am 25. November 2016, auf den Tag 60 Jahre nachdem Fidel Castro mit seiner kleinen Rebellenarmee auf der Yacht »Granma« in See gestochen war, um die Verhältnisse in Kuba zu verändern, ist der Comandante en Jefe der kubanischen Revolution in Havanna eines natürlichen Todes gestorben. »Vielleicht ist es das letzte Mal, dass ich in diesem Saal spreche«, hatte er ein gutes halbes Jahr zuvor, am 19. April, auf dem VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas ahnungsvoll gesagt und den Delegierten wie der Bevölkerung, die seine letzte Rede vor den Fernsehern verfolgte, zugleich eine Botschaft mit auf den Weg gegeben: »Bald werde ich 90 Jahre alt sein, das hätte ich nie gedacht, es geschieht nicht als Ergebnis einer Anstrengung, es ist reiner Zufall. Bald wird es mir ergehen wie allen anderen. Alle kommen wir an die Reihe, aber die Ideen der kubanischen Kommunisten verbleiben« (http://de.granma.cu). In diesem Sinne schrieb Fidel Castros bekanntester europäischer Biograf, der spanisch-französische Autor Ignacio Ramonet, am Tag nach dessen Tod: »Fidel ist gestorben, aber er ist unsterblich« (http://www.cubadebate.cu). Ähnlich hatte Fidel selbst sich einmal geäußert, als er das kubanische Volk über den Tod Che Guevaras informierte. Sein Tod sei »ein sehr schwerer Schlag für die revolutionäre Bewegung«, sagte Fidel am 18. Oktober 1967 vor hunderttausenden Zuhörern auf dem Platz der Revolution in Havanna, fügte dann aber hinzu: »Es täuschen sich diejenigen, die jetzt Siegeshymnen anstimmen. Es täuschen sich alle, die glauben, dass sein Tod auch den Untergang seiner Ideen nach sich ziehen wird« (www.cuba.cu/gobierno/discursos/1967/esp/f181067e.html/Übersetzung V. H.).
Die meisten Menschen in Kuba und Lateinamerika, fortschrittliche Kräfte in aller Welt trauern um den Revolutionär Fidel Castro. Fast alle Staats- und Regierungschefs der Welt, die Vertreter der Weltkirchen, der Vereinten Nationen, des Weltgewerkschaftsbundes, Schriftsteller, Künstler, Sportler würdigen Fidels Leistungen. Nur seine ewigen Gegner können ihm auch über den Tod hinaus nicht verzeihen, dass er sich im Sinne seines großen Vorbildes José Martí auf die Seite der Armen und der »Verdammten dieser Erde« gestellt hat. Isoliert von der Welt leisten sich die Feinde der kubanischen Revolution ein erbärmliches Schauspiel und feiern Fidel Castros Tod als vermeintlichen Triumph. Er selbst hatte das vorausgesehen. »Unsere Feinde sollten sich keine Illusionen machen, ich sterbe morgen, und mein Einfluss mag zunehmen«, sagte er bereits vor Jahren im Interview mit Ignacio Ramonet und ergänzte: »Ich könnte es wie Cid Campeador machen, den sie tot auf dem Pferd mit sich führten und so Schlachten gewannen« (Castro/Ramonet: »Mein Leben«, übersetzt von Barbara Köhler, Berlin 2008).
Die Asche des Verstorbenen wurde auf der Route der »Karawane der Freiheit« – dem Weg, auf dem die Kolonne Fidels im Januar 1959 nach Havanna marschierte – nach Santiago de Cuba überführt. Am 3. Dezember findet dort um 19 Uhr Ortszeit auf der Plaza Antonio Maceo eine Massenkundgebung statt, die Beisetzungszeremonie ist für den 4. Dezember auf dem Santa-Ifigenia-Friedhof von Santiago de Cuba geplant. Das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Kubas Granma hatte über Fidels Tod mit der Schlagzeile »¡Hasta la victoria siempre, Fidel!« informiert. Weltweit antworteten Millionen Menschen darauf mit dem Versprechen: »¡Hasta siempre, Comandante!« (Auf ewig, Comandante!).
Volker Hermsdorf würdigte Fidel Castro in einem Beitrag des 2016 erschienenen Fotobandes »Fidel es Fidel«. Das Buch enthält Fotos und eine DVD mit Kurzfilmen von Roberto Chile, der Castro zwischen 1984 und 2006 quer über die Insel und ins Ausland filmend begleitete (Verlag 8. Mai, 52 Seiten, 19,90 €).