»Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln«, so umriss Stefan Rohlfs, seit 17 Jahren Leiter des Gerhart-Hauptmann-Museums Erkner, die hauptsächlichen Aufgaben eines Museums. Bei der Festveranstaltung zum 30-jährigen Jubiläum der Einrichtung erinnerte er an die Gründung am 14. November 1987, dem Vorabend des 125. Geburtstages von Gerhart Hauptmann, und an deren ersten Leiter, Gustav Erdmann (1930 – 1994), der dieser Maxime in vorbildlicher Weise nachgekommen sei. Aber Erdmann verwaltete nicht nur das Museumsgut, das sich in erster Linie aus Beständen des Gerhart-Hauptmann-Archivs Radebeul und des Märkischen Museums Berlin sowie aus Gaben der Familie Hauptmann zusammensetzte. Schon vorher, in der 1962 eingerichteten Hauptmann-Gedenkstätte, die aus einem Gedenkraum hervorgegangen war, hatte er den Anspruch höher gestellt. Er wollte das kulturelle Leben von Erkner mit »Literarischen Abendstunden« bereichern und beschränkte sich in der Präsentation nicht mehr auf die vier Jahre von 1885 bis 1889, die der Dichter hier gelebt hatte, sondern strebte ab 1976 die Gesamtdarstellung von dessen Leben an. Anlässlich einer Neugestaltung des Museums 1994 schrieb der Germanist in einer vom Museum herausgegebenen Schrift, es sei ihm darauf angekommen, dass »die Elemente des Memorials – der Gedenkstätte – und des biographisch-kulturhistorischen Museums einander durchdringen und in Verbindung mit anderen Komponenten und Aspekten thematisch-wirkungsgeschichtlicher Art eine neue Synthese ergeben«. Es ging ihm im Sinne Brechts um die Ergänzung durch die Schwesterkünste und damit um die Erweiterung des Horizonts der Besucher. Augenfälliges Zeichen dieser modernen Museumskonzeption ist die schon 1992 aufgestellte Skulpturengruppe der Bildhauerin Sabina Grzimek, die bei Erkner einen Wohnsitz hat. Auch die Übernahme von Teilen des Archivs von Charlotte E. Pauly (1886 – 1981) entspricht dieser Konzeption. Die zuletzt in Berlin-Friedrichshagen wohnhafte Malerin und Schriftstellerin pflegte noch selbst freundschaftlichen Kontakt mit der Familie Gerhart Hauptmanns.
Gustav Erdmanns Nachfolger Bernd Rühle (1932 – 2014) erweiterte das Veranstaltungsangebot durch Solokonzerte. Dem dritten Museumsleiter, dem Schriftsteller Manfred Wolter, kommt das Verdienst zu, musikalisch-literarische Programme und Kabarett einbezogen sowie besonders junge, noch unbekannte Literaten vorgestellt zu haben. Er rief außerdem eine noch heute aktive Schreibwerkstatt ins Leben. Stefan Rohlfs entwickelte zahlreiche neue Formate, etwa den »besonderen Film«, Montagsakademie, Donnerstagsgespräch, Hauptmanns Gartenbühne, Hörspielabende und anregende Veranstaltungen für Kinder. In seiner Jubiläums-Festansprache am 14. November würdigte er die Gesamtheit dieser Initiativen als »einen guten Weg zwischen Wissenschaft und künstlerischer Darbietung«.
Erste Überlegungen, in Erkner ein solches Museum einzurichten, hatte es bereits unmittelbar nach dem Tod des Dichters gegeben. Sie konnten jedoch wegen der Zerstreuung des Erbes damals nicht verwirklicht werden. Ende der 1960er Jahre aber empfahl das DDR-Ministerium für Kultur Erkner als Standort, und 1972 erfolgte ein verbindlicher Beschluss des Bezirkstags Frankfurt/Oder. Der Eröffnung 1987 ging eine umfassende Restaurierung der Villa Lassen voraus. Nach 1989 war durch die einsetzenden Sparzwänge die Schließung im Gespräch. »Den Vertretern des Landes Brandenburg und des neuen Landkreises Oder-Spree kann man aus der heutigen Sicht wirklich dankbar sein, dass man eine machbare Lösung gefunden hat«, betonte Stefan Rohlfs bei der Festveranstaltung, an der auch der damalige Amtsleiter für Kultur und Denkmalpflege, Wolfgang de Bruyn, teilnahm. Auch dank seiner Aktivitäten wurde 1998 die Stadt Erkner Träger des Museums, während Land und Kreis sich zu einer dauerhaften Finanzhilfe verpflichteten. Nach dem Amtsantritt von Rohlfs im Jahr 2000 folgte eine neue Phase der Einsparungen, wodurch der Personalbestand sukzessiv auf ein Drittel gekürzt werden musste. Wolfgang de Bruyn überbrachte die Glückwünsche der 1952 in Baden-Baden gegründeten Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft, die 1993 auch die Trägerschaft der Gedenkstätte auf Hiddensee übernahm und seit 2004 ihre Geschäftsstelle in Erkner hat. Er erinnerte an den Leitspruch Manfred Wolters, er wolle mit dem Gerhart-Hauptmann-Museum in Erkner »ein Haus voller Leben« schaffen, »ein nach allen seriösen Seiten offenes Museum, ein pulsierendes kulturelles Zentrum für die Erkneraner und für alle anderen, denen in dieser bildüberfluteten Zeit nicht nur die Mattscheibe als Botschaft gilt«.
Im 30. Jahr des Museums kann dieses Ziel als erreicht betrachtet werden, wobei noch viele Wünsche offenbleiben: mehr Platz für Veranstaltungsbesucher, für Sonderausstellungen, für die Dauerausstellung, für ein klimatisiertes Archiv, für eine wohlgeordnete Bibliothek. Dazu muss ein Anbau her! Stefan Rohlfs hofft auf den Landkreis Oder-Spree und die neuen Förderprogramme des Landes Brandenburg, damit das verdienstvolle Literaturmuseum seinen Aufgaben weiterhin gerecht werden kann.
Drei Sonderausstellungen, die noch bis zum 30. Dezember zu sehen sind, geben weitere Auskunft über die Entwicklung des Museums von seinen Anfängen bis heute.