Was bis vor einiger Zeit noch eine Vision von Thriller-Autoren war, ist heute grausame Wirklichkeit: Geheimdienst-Offiziere sitzen in wohltemperierten Räumen vor Monitoren, fernab vom eigentlichen Geschehen, und steuern mit einem Joystick fliegende Terrormaschinen auf Menschen. Sie sind Akteure der CIA-Operation »Sylvan Magnolia«, aber die CIA hat längst nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch auf diese anonymen Mordaktionen; andere Geheimdienste, nicht zuletzt die israelischen, haben schnell nachgezogen. Bis zu 40 Staaten sind schon im Besitz von Drohnen.
Diese unbemannten Flugobjekte aus den USA tragen den bezeichnenden Namen »Raubtier« (Predator) und sind mit mehreren Luft-Boden-Raketen vom Typ »Höllenfeuer« (Hellfire) bestückt.
Ihre modernere Version hat die Bezeichnung »Reaper«, was mit »Sensenmann« übersetzt wird – nomen est omen! Die Reaper-Drohne kann bis zu 1,7 Tonnen Raketen und Bomben mit sich führen.
Wenn der verantwortliche Geheimdienst-Mann der Überzeugung ist (gesichertes Wissen ist nicht erforderlich!), dass sich in einem Gebäude, einem Fahrzeug oder gar in einer Menschenansammlung ein Terrorist befindet, dann ist er berechtigt, den Abschuß der Hellfire-Raketen auszulösen. Dabei ist für seine Entscheidung unerheblich, ob sein Verdacht zutrifft und wie viele unschuldige Zivilisten mitgetötet werden. Ihm genügt es, wenn sich ein Zielobjekt verdächtig bewegt oder irgendwie auffällt und er daraus schließen kann, daß eine Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika besteht. Die unschuldigen Opfer nennt man nicht einmal mehr beschönigend »Kollateralschäden«, im Resultat des modernen »Krieg gegen den Terrorismus« zählen sie gar nicht mehr. Nicht ohne Grund warnt der »Sonderbeauftragte für außerrechtliche Exekutionen« der UNO, der Juraprofessor Philip Alston, damit werde das Völkerrecht völlig außer Kraft gesetzt, ein Ende der Zivilisation drohe.
139 Drohnenangriffe wurden seit dem Amtsantritt von Präsident Obama bis Ende Oktober 2010 allein im Grenzgebiet Pakistans zu Afghanistan gezählt. Es ist bekannt, daß solche Mordwaffen auch schon in anderen Konfliktregionen eingesetzt wurden.
Die Hilfsorganisation »Kampagne für unschuldige Opfer in Konflikten« (CIVIC) veröffentlichte kürzlich eine Untersuchung mit dem Nachweis, daß bei diesen Angriffen in der Regel unschuldige Zivilisten, häufig auch Frauen und Kinder, ermordet werden. In Islamabad zählte man 2009 etwa 700 Zivilisten als Opfer von Drohnen-Attacken der CIA.
Unter Präsident Bush II. hatte die CIA gegen vermeintliche Terroristen vorwiegend mit illegalen Entführungen und Überstellungen in geheime Foltergefängnisse operierte. Unter Obama ist sie mehr und mehr zu direkten Mordaktionen übergegangen – der Umweg über Folter und Verhöre war den Geheimdienstlern offensichtlich zu aufwendig und zu wenig effektiv. Jetzt gelten nur noch tote Taliban als Arbeitsergebnis, über zivile Opfer schweigt man.
Nach den Worten des bisherigen CIA-Direktors Leon Panetta ist der Krieg mit Drohnen die bislang aggressivste Operation in der Geschichte des Geheimdienstes.
(Über die im November 2010 im Wendland eingesetzte »Überwachungsdrohne« der Polizei hat Ulla Jelpke in Ossietzky 24/10 berichtet.)