Schreckensnachrichten in den deutschen Zeitungen: Der Iran bereite Terrorakte im bundesrepublikanischen Terrain vor. »Schwerwiegend« nennt Außenminister Guido Westerwelle diese »Enthüllung«. Da fällt kaum noch ins Gewicht, daß die Bundesanwaltschaft über den tatsächlichen Vorgang informiert: Gegen einen deutschen Geschäftsmann besteht ein Anfangsverdacht, daß er Kontakte zur iranischen Botschaft aufnehmen wolle, um Informationen anzubieten – worüber und zu welchen Zweck? Über US-amerikanische Militäreinrichtungen auf deutschem Boden, für den Fall, daß die Vereinigten Staaten einen Krieg gegen den Iran beginnen, was sie als »Option« derzeit in aller Weltöffentlichkeit verkünden. Selbstverständlich bereiten die US-Geheimdienste militärische Zugriffe ihrer Regierung auf andere Länder mit einem ganzen Heer von Agenten vor, die sie für eine Fülle von Sabotageakten präparieren, aber eine Supermacht darf das, die Medien und der deutsche Außenminister werden dadurch nicht in Erregung versetzt. US-Drohnen über dem Iran – na und? Und würde der Iran von den Vereinigten Staaten angegriffen, hätte er dann das Recht, Operationen gegen auswärtige US-Militärstützpunkte zu unternehmen? Selbstverständlich nicht, denn ein Schurkenstaat hat stillzuhalten, wenn die Achse des Guten ihn kriegerisch züchtigt ...
Ob die Regierung in Washington sich demnächst zu einem Militärschlag gegen Teheran entschließt, ist ungewiß. Allzu viele Kriege können sich die USA nicht leisten, und die Folgen eines neuen großen Konfliktes im Nahen Osten wären nur schwer berechenbar. Andererseits kann die israelische Regierung die USA in Zugzwang bringen, es können Situationen entstehen, in denen Präsident Obama wieder einmal außerpolitische »Stärke« nachweisen muß, zu innenpolitischen Zwecken.
Aber vielleicht können die EU-Staaten diesmal den Job übernehmen, den Iran niederzumachen? In einer gemeinsamen Erklärung haben die Außenminister der EU-Staaten sich jetzt demonstrativ empört: »Irans Angriffe richten sich gegen ganz Europa.« Also Gegenangriff!
Die aggressive Maßnahme des Irans: Studenten demolierten die britische Vertretung in Teheran, ob im Einverständnis mit den Behörden, weiß man nicht, und auch im Iran gibt es V-Leute – für wen diese jeweils tätig sind, weiß man ebenfalls nicht. Wie auch immer – »der« Iran habe damit den gesamten EU-Kontinent bedroht. Und nun werden die Sanktionen verschärft: Iranisches Öl und andere iranische Produkte sollen aus dem europäischen Markt verbannt werden, der Finanzverkehr des Irans mit Europa wird untersagt. Der ökonomische Angriffskrieg gegen das Land wird ausgeweitet, offen ist, ob man sich damit die Kosten des militärischen Vorgehens ersparen will und hofft, das politische System dort auf diese Weise zum Einsturz bringen zu können – oder ob die wirtschaftlichen Aggressionen ein Vorspiel der militärischen sind. Jedenfalls will diesmal, geht es nach Guido Westerwelle, die Bundesrepublik dabei sein. Zu befürchten ist, daß solcherart Bereitschaft, sich nicht wieder zu »drücken«, nicht nur den deutschen Außenminister beherrscht; in dieser Hinsicht hat er viele politische Freunde, parteienübergreifend.
Zudem hat »iranischer Terror«, wenn er dramatisch ins Bild gesetzt wird, einen Nebennutzen: Er kann dazu dienen, das ziemlich zerrüttete Europa zusammenzuschweißen – »gemeinsam sind wir stark – gegen die Perser«. Haben sie nicht in alten Zeiten schon mal das Abendland bedroht, ausgerechnet in seinem griechischen Part?