Eckart Spoo ist ein intellektueller Anstifter. Womit bewusst eine Beschimpfung aufgegriffen wird, auf die noch zu kommen ist. Immer möchte er etwas Konkretes anstoßen. »Was kann man tun?« fragt er gern und holt Leute zusammen, die beim Antworten helfen sollen. Immer ist sein Engagement uneigennützig, bürgerschaftlich im besten Sinne. Immer ist er bescheiden, warmherzig und solidarisch mit in Nöte geratenen Freunden und Kollegen. Darin ist er so vollendet, dass wir mitunter nicht auf die Idee kamen, uns nach seinen Bedrängnissen zu erkundigen. Umso mehr ist Eckart für all das, was er in seinen nunmehr 80 Jahren bewegt hat, von ganzem Herzen zu gratulieren.
Er hat Pressegeschichte mitgeschrieben, 35 Jahre lang als Redakteur der zunächst linkstoleranten Frankfurter Rundschau. Als die Zeitung unter den Herausgebern aufräumte und einseitiger werdend in die Mitte rückte, ist er als 35-Jähriger vom Verleger und Chefredakteur wegen Illoyalität vor die Tür gesetzt worden. Spoo hatte sich erdreistet, ein Buch herauszugeben mit dem Titel: »Die Tabus der bundesdeutschen Presse«. Er klagte erfolgreich auf Wiedereinstellung. Bequemer wurde er nicht.
Von 1970 bis 1986 war er Vorsitzender der Deutschen Journalisten-Union (dju). In all den Jahren und darüber hinaus kämpft er um sein Verständnis von Pressefreiheit. Das ist nicht das der Verleger, das erfüllt ist, wenn jeder, der will und kann, eine Zeitschrift gründet. Spoo will mehr, nämlich das Grundrecht für jeden auf vielfältige Informationen. Er will die von der SPD versprochene, aber nie zum Gesetz erhobene »innere Pressefreiheit« in den Redaktionen, die bis heute nicht gegeben ist. Dazu bedürfte es der Abschaffung des Tendenzparagrafen, einer reformierten öffentlich-rechtlichen Verfassung so wie einst gedacht, in der die großen Parteien nicht alles dominieren, die Unterbindung kommerzieller Medienmonopole. Er hat in Ossietzky mehrfach von den vergeblichen Kämpfen berichtet, auch von seinen Erfahrungen als Mitglied des Presserates.
Neben der Demokratisierung der Medien und seinem Einsatz für Frieden (Eckart verpasst keinen Ostermarsch) hat Spoo ein weiteres Grundanliegen: die Demokratisierung der Arbeit. Eine Gesellschaft ist nicht frei, in der man keine nützliche Rolle spielen kann. Für ihn gibt es keine Freiheit, die nicht auf Arbeit gegründet ist. Deshalb verlangt er seit Jahren eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit, also einen Politikwechsel.
Es gibt keine Zufälle, sagt Aragon, aber Verabredungen. Vor nunmehr ziemlich genau 20 Jahren war Eckart Spoo als Gewerkschafter Mitinitiator einer Verabredung von Schriftstellern und Kirchenleuten, Wissenschaftlern und Bürgerrechtlern in Erfurt. So lernten wir uns kennen und ich ihn in seiner ruhigen, klugen Art schätzen. Wir verabschiedeten die »Erfurter Erklärung«, ein allererstes Plädoyer für Rot-Rot-Grün. Eine innenpolitische Initiative, die wie keine andere in den 90er Jahren für Aufsehen sorgte. Seit der Pinscher-Debatte hatte es das nicht mehr gegeben, dass ein Kanzler, diesmal Kohl, Beschimpfungen ablässt wie »intellektuelle Anstifter«, »Hassprediger«, die sich »auf der Straße des Verrats« zusammenrotten.
Im Dezember 1997 erschien die Null-Nummer von Ossietzky, in der Spoo die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht würdigte und die bundesdeutsche Traditionspflege scharf kritisierte. Ein Lob im eigenen Blatt ziemt sich nicht, aber an 80. Geburtstagen gelten Ausnahmeregeln. Es muss schon mal gesagt werden, dass es ohne Eckart Spoo diese Zweiwochenzeitschrift, diese Fortführung der anspruchsvollen Tradition der Weltbühne, nicht geben würde. Er hat das angestiftet und durchgeboxt, die Frage der Rechte und Lizenzen, den Titel, hat die von der Idee begeisterte Druckerei berger + herrmann gefunden, schließlich, als die eigenen Kräfte langsam nachließen, als verantwortliche Redakteurin mit gutem Gespür Katrin Kusche gewonnen. Dafür sind ihm die Leser dankbar und ja, auch die Autoren, die hier mit Selbstverständlichkeit Texte unterbringen, die andernorts nicht selbstverständlich wären. Was kein Freifahrtschein ist, sondern die permanente Herausforderung, an der Qualität von Gegeninformation zu arbeiten. Auf die Kraft der Aufklärung zu vertrauen, also auf die Vernunft. Und das im sogenannten postfaktischen Zeitalter. Das ja nicht ohne Fakten auskommt, aber glaubt, auf Faktenchecks verzichten zu können.
Dabei kommt man an vielen Fakten nicht vorbei. Ein solches Faktum ist die Leistung von Eckart Spoo.