Jürgen Konrad, Generalstaatsanwalt von Sachsen-Anhalt. – Ihre Behörde hat beschlossen: Es gibt keine neuen Ermittlungen zum Feuertod von Oury Jalloh am 7. Januar 2005 in einer Zelle des Polizeireviers Dessau-Rosslau. Nicht weniger als 208 Seiten haben Sie gebraucht, um darzulegen, wie sich Ihrer Meinung nach der Flüchtling aus Sierra Leone, an Händen und Füßen an einer nicht entflammbaren Matratze fixiert, selbst angezündet haben soll. Sie erklären Ihre Schilderung zur »wahrscheinlichsten« Version des Tat-hergangs. Für alle Widersprüche finden Sie Erklärungen, wie es gewesen sein könnte. Warum geben Sie nicht zu, dass es auch ganz anders gewesen sein kann? Warum wurde der zuerst zuständige Oberstaatsanwalt von Naumburg von der weiteren Aufklärung des Geschehens abgehalten, nachdem er zu der Auffassung gelangt war, dass es wahrscheinlich anders gewesen ist? Warum wurde die Zuständigkeit auf die Staatsanwaltschaft Halle übertragen, die die Ermittlungen kurz darauf wieder einstellte? Fragen, die ebenso wenig verjähren wie Mord.
Ulli Schneeweiß, Gewerkschaftssekretär für den ver.di-Bezirk Mittelfranken. – Sie freuen sich über die Delegierten Ihres Bezirks, die bei der Bezirkskonferenz am 10. November 2018 einstimmig beschlossen: »Die Mitgliedschaft und das Wahrnehmen von Ämtern in ver.di und AfD sind miteinander unvereinbar« und den Beschluss als Antrag an die kommende ver.di-Landesbezirkskonferenz (mit dem Ziel: ver.di-Bundeskongress) weitergeleitet haben. Sie nennen das »ein erfreulich klares Zeichen« und berichten, dass »sich die extreme Rechte weit über die AfD hinaus in sozialen Medien oder auch direkt bei uns vor Ort stark getroffen gezeigt und echauffiert hat«. Wir freuen uns mit Ihnen.
Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Künste. – In Ihrem Geburtstagsinterview mit der Münchner tz bemängeln Sie die Kunst- und Kulturferne nicht nur bayrischer Politiker. Ihre Version: »Stellen Sie sich mal vor, jede Bundestagssitzung würde mit einem Gedicht beginnen. Da hätten Sie doch gleich ein völlig andere Stimmung.« Kommt ganz auf das Gedicht an. Die Stimmung nach einem Gedicht von Agnes Miegel möchten wir uns lieber nicht vorstellen. Und dass eine Bundestagssitzung mit einem Gedicht von Erich Mühsam, Carl von Ossietzky, Erich Fried oder Conrad Taler beginnt: Leider unvorstellbar.
Simon Mirwald, Landesvorsitzender der »Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken« in Bayern. – Ihr Prozess vor dem Amtsgericht München wegen angeblichem »schweren Raub« und »Körperverletzung« wurde eingestellt. Sie waren beschuldigt worden, bei einer Demonstration gegen das bayerische Integrationsgesetz (richtiger: Ausgrenzungsgesetz) im Oktober 2016 einem Polizisten das Pfefferspray (»Reizgassprühgerät«) geraubt zu haben. Außerdem sollen, laut Aussage des Polizisten, Demonstranten wie Sie vor dem Polizisten »getänzelt« sein, so dass er Sie sanft »streichelnd« beiseiteschieben musste, um seine Polizeiarbeit auszuführen. Sollten Sie »getänzelt« sein, dann hat Ihr Tänzeln den Polizisten offenbar so geschädigt, dass bei ihm Halluzinationen auftraten. Jedenfalls konnten andere Polizisten seine Darstellung der Situation nicht bestätigen. Warum die Einstellung des Verfahrens mit der Auflage verbunden wurde, dass Sie eine Geldbuße von tausend Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen müssen, ist nicht nachvollziehbar. Soll Ihnen vielleicht dadurch die bei Prozessbeginn erklärte Absicht ausgetrieben werden, auch künftig »nicht einfach zuzusehen, wie hart erkämpfte [Bürger-]Rechte einfach über den Haufen geworfen werden«? Zuzutrauen wär‘s der bayerischen Justiz.
Ursula von der Leyen, Kampflächlerin. – Sie lassen 2019 im baden-württembergischen Hardheim ein neues Panzerbataillon aufstellen. Insgesamt soll die Bundeswehr dann über mehr als 300 Kampfpanzer »Leopard 2« verfügen. Das haben wir nun davon, dass sich unsere Regierung der NATO-Doktrin unterwirft: »Russland stellt eine Bedrohung für Europa dar.« Hatten Sie nicht erst Anfang Oktober auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei mitteilen lassen, Sie hätten »keine Erkenntnisse für eine russische Bedrohung«? Nun denn, »unsere Panzerwaffe« stellt für die Russen auch keine Bedrohung dar. Schon Hitlers »Königstiger« sind im russischen Schlamm versackt wie einst die schwer gepanzerten Deutschen Ordensritter im Eis des Peipu-Sees. Gucken Sie mal Sergei Eisensteins berühmten Film »Alexander Newski« an. Dann begreifen Sie vielleicht, warum man in Russland über deutsche Panzer lächelt. Freilich, die »Leos« lassen sich vorzüglich gegen die eigene Bevölkerung einsetzen, wenn der endlich der Kragen platzt. Aber Vorsicht: Von Macron lernen, heißt nicht unbedingt siegen lernen, gelle?
Die Bahn (deutsch). – Sie haben wieder mal Ärger mit Streiks, Unpünktlichkeit, Service-Wüsteneien und Weihnachts-Bahnfahrern. Der Fehler liegt in Ihrem System. Sie weisen punktgenaue Abfahrts- und Ankunftszeiten aus. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Parteiprogrammen: Schreiben Sie einfach allgemeine Absichtserklärungen in Ihre Pläne.
Ostdeutsche CDU-Landesverbände. – Sie überlegen, wie Sie Friedrich Merz in Ihre kommenden Wahlkämpfe einbinden könnten. Wählen Sie ihn zum Ehrenvorsitzenden. Auf ein paar mehr Vorsitzendenämter wird es ihm nicht ankommen.
30. Dezember. – Seit Jahrhunderten sind Sie immer Vorletzter. Vorletzter Tag des Jahres. Trösten Sie sich, irgendwann wird es auch mal den Spruch geben: Die Vorletzten werden die Ersten sein.
Ossietzky-Leserinnen und -Leser. – Der 21. Ossietzky-Jahrgang ist mit Heft 25/2018 komplett. Beim Aufheben hilft der Ossietzky-Schuber aus stabiler roter Pappe. Zwei Schuber für fünf Euro zuzüglich 1,50 Euro Versandkosten innerhalb Deutschlands (3,70 Euro ins Ausland) gibt es beim Verlag Ossietzky in Dähre (Fax: 039031–950796, E-Mail: ossietzky@interdruck.net). Am 12. Januar 2019 erscheint die nächste Ossietzky-Ausgabe.