Ronald Pofalla, im Wartestand. – Ein Opfer – jedenfalls ein zeitweiliges – des Mangels an Personalaffären in der Zeit des Jahresbeginns sind Sie geworden; für die üblichen Empörungsübungen bot sich sonst niemand an. Alles andere als exorbitant ist Ihr Fall; bei den staatstragenden Parteien ist die Anschlußverwendung prominenter, aus ihrem Amt geschiedener Politiker in Großfirmen längst gang und gäbe. Und der Vorstandsposten bei der Bahn AG war für Sie nicht als Gnadenbrot gedacht. Schon im Kanzleramt waren Sie als Lobbyist für dieses Unternehmen tätig, gewiß würden Sie eben diese Arbeit an neuer Stelle eifrig fortsetzen. Sie ist ja schwierig: Wie macht man aus einer Staatsbahn trotz aller Pannen am Ende denn doch eine Börsenbahn, ungeachtet der Querschüsse aus Brüssel, hinter denen die Konkurrenten stecken? Und dann noch die Dümmlichkeit, mit der Ihnen in der veröffentlichten Meinung Rügen erteilt werden: Eine längere »Anstandsfrist« hätten Sie beim »Seitenwechsel« wahren sollen. Von der einen Seite gesellschaftlicher Interessen auf eine andere wollten Sie sich gar nicht schlagen, sondern auf derselben bleiben – nur in einer anderen Position. Na ja, einer besser bezahlten, aber das kann Ihnen eigentlich kein Leistungsträger übelnehmen. Und wieso soll ein solcher Übergang »unanständig« sein, wenn er nicht mit einer Verschnaufpause von wenigstens 18 Monaten verbunden ist? Das ist leere Symbolpolitik. Trösten Sie sich – vielleicht stehen den Medien im März andere Aufregerthemen zur Verfügung, und Sie bekommen ohne großes Aufsehen doch noch Ihren Job; auch der Vizekanzler hatte nichts dagegen einzuwenden.
Yasmin Fahimi, nicht nur Vorzeigefrau. – Generalsekretärin der SPD werden Sie, in den Medien wird das als gendertaktische Entscheidung Sigmar Gabriels beschrieben; der habe gesagt, daß in der sozialdemokratischen Prominenz »weibliche Alltagsgesichter« benötigt würden. Politisch seien Sie eine »unbekannte Größe«. Da werden Sie unterschätzt. Bisher haben Sie die Abteilung für Politikplanung beim Hauptvorstand der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie geleitet, offenbar recht effektiv; ohne den Rückhalt dieser Organisation wäre eine Entscheidung der SPD für die Große Koalition ungewiß gewesen. Die IG BCE hat ein deutliches Profil: grundsätzliche Kooperation mit der Unternehmerschaft, »Sozialpartnerschaft« als deutsche Standortpolitik, keine klassenkämpferischen Anwandlungen. Gleichzeitig halten Sie persönlich per »Denkwerk Demokratie« Verbindungen zu grünen Politikerinnen – auch dies kann möglicherweise für Ihre Partei mal nützlich sein. Wie politische Diskurse gesteuert werden können – das ist die Frage, mit der sich die DenkwerkerInnen beschäftigen. Ganz demokratisch oder wohl genauer: Postdemokratisch. Insofern sind Sie ganz gewiß qualifiziert für Ihren neuen Job.