Aus dem Ausland
Mein Freund ist Staatsbürger von Dingsda. Vor drei Jahren besuchte er mich und erzählte, dass in seinem Land in Kürze zum ersten Mal nach einer neuen Verfassung gewählt werde. »Wir haben das jetzt so geregelt«, sagte er, »dass die Minister und Parlamentarier ihre Gehälter und Diäten nur noch ausgezahlt kriegen, wenn sie ihre Wahlversprechen halten. Wahlversprechen, das sind doch ihre Arbeitsaufgaben, die sie sich sogar selber aussuchen können. Und wenn sie nicht ordentlich arbeiten, soll es ihnen nicht besser ergehen als jedem anderen Versager. Dann gibt es eben kein Geld.«
Sehr vernünftig. Da würden die Gewählten ihren Worten Taten folgen lassen. Das Land würde aufblühen.
Kürzlich war mein Freund wieder bei mir. »Funktioniert die Sache?« erkundigte ich mich.
»Auf eine Art schon«, sagte er, »bei uns leben jetzt verschiedene Regierungsmitglieder und Parlamentarier von Sozialhilfe:«
Günter Krone
Neues aus Katalonien
Am 30. Januar sollte im katalanischen Parlament Carles Puigdemont zum neuen Regierungschef gewählt werden. Wenige Stunden vor der Plenarsitzung verschob Parlamentspräsident Roger Torrent die Wahlsitzung auf unbestimmte Zeit. In seinem Statement, das von allen spanischen Fernsehsendern live übertragen wurde, sagte Torrent: »… die Sitzung wird vertagt, bis Puigdemonts parlamentarische Immunität gewährleistet ist. Auch muss die Wahl in einem sicheren Rahmen mit garantierter Nichteinmischung stattfinden … Ich werde bis zum Ende gehen, um Puigdemonts Rechte zu verteidigen, er bleibt der einzige legitime Kandidat.« (alle Übersetzungen: K.-H. W.)
Vor der Wahl hatte die Regierung in Madrid verkündet, eine erneute Präsidentschaft Carles Puigdemonts »mit allen Mitteln« zu verhindern. Dabei ignorierte Rajoys Kabinett ein Verfassungsratsgutachten und beschloss, das Verfassungsgericht anzurufen, um Puigdemonts Kandidatur gerichtlich für ungültig erklären zu lassen. Gleichzeitig forderte das Kabinett die Verfassungsrichter auf, die Wahlsitzung auszusetzen. Die stellvertretende spanische Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría erklärte: »Ein Politiker, gegen den in Spanien ein Haftbefehl wegen schwerwiegender Vergehen vorliegt, kann nicht für das Amt des Präsidenten von Katalonien kandidieren … Spanien befindet sich in einer Ausnahmesituation.«
Puigdemont wollte sich von Brüssel aus mit einer Videokonferenz an der Wahl beteiligen, ein Abgeordneter sollte im Parlament das Regierungsprogramm verlesen. Der Verfassungsrat sah keine Grundlage für ein sofortiges Eingreifen. Auch dass Puigdemont einziger Kandidat sei, reiche nach Ansicht des Rates dafür nicht aus. Er stimmte aber zu, dass der Kandidat bei der Wahl im Parlament anwesend sein muss. Hätte Roger Torrent Puigdemonts Wahl zugelassen, hätte er sich strafbar gemacht. Als Protest zu Torrents Beschluss will sich die Linke CUP vorerst nicht mehr an den Verhandlungen zur neuen katalanischen Regierung beteiligen.
Wann das Verfassungsgericht über die Beschwerde Madrids entscheidet, ist nicht bekannt. Nun wird die Justiz entscheiden, wer Ministerpräsident von Katalonien wird.
Karl-H. Walloch
Unsere Zustände
Ein Mensch in Lumpen muss kein Lump sein. Manche sind das auch im Frack.
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Das ist die schamloseste Erfolgsmeldung dieses Jahres: Die Armen werden nicht ärmer.
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Die Armut ist eine Beleidigung für alle, denen es sehr gut geht. Da die Regierung Armut offenbar nicht beseitigen kann: Wie wäre es dann, wenn sie im Sinne Brechts die Beleidigten abschaffte?
Wolfgang Eckert
Das Bumm im Stummfilm
Im Stummfilm sind falsche Zeugenaussagen unmöglich. Wenn es irgendwo knallt, steht auf der Leinwand »Bumm«. Der Schuss ist unwiderlegbar dokumentiert. Davon konnte man sich unlängst im Konzerthaus am Gendarmenmarkt überzeugen. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte zum Stummfilm »The Artist« des französischen Regisseurs Michel Hazanavicius die Musik von Ludovic Bource. Der Film stammt allerdings nicht aus der Stummfilmzeit, sondern er wurde von Hazanavicius 2010/11 gedreht und bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt. Ludovic Bource nahm Anleihen bei Brahms, Charlie Chaplin und bei Hollywood-Komponisten und schuf die Filmmusik für großes Sinfonieorchester. Es wurde ein Riesenerfolg. Der Film wurde mit Preisen regelrecht überschüttet: fünf »Oscars«, drei »Golden Globes« und so weiter.
Hazanavicius inszenierte ein Rührstück aus der Traumfabrik im Hollywood-Milieu der zwanziger Jahre, schwarz-weiß wie in der Stummfilmzeit. Es geht um Schauspieler am Wendepunkt vom Stumm- zum Tonfilm. Der Hollywoodstar George Valentin (Jean Dujardin) pflegt Grimassen und große Gesten und will nicht zum sprechenden Schauspieler werden. Er wird nicht mehr besetzt und erlebt seinen sozialen Abstieg, bis er in Verzweiflung seine Filme verbrennt und sich erschießen will. Hingegen steigt die von Valentin entdeckte Statistin Peggy Miller (Bérénice Bejo) zum Star auf. Dank ihres Images und ihrer beider Fähigkeit zum Step wird auch Valentin wieder engagiert und es gibt ein Happyend. Man darf die Klamotte auch als Parodie auffassen, wie man will. Der Regisseur macht einen schönen Kunstgriff: In dem Moment, in dem sich der Held zur Arbeit im Tonfilm entschließt (und, was wichtiger ist, vom Produzenten angenommen wird), kippt der Film zum Tonfilm, nun in Farbe. Wie im Märchen ist der Zauber weg, und alle finden sich im Alltag wieder. Bumm.
Der Dirigent Frank Strobel, berühmt für seine Stummfilm-Arrangements, »spielte« den Film mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester im ausverkauften Haus. 77 Musiker spielten wie immer mit Begeisterung und Hingabe. Seinen besonderen Reiz erhielt das Konzert durch die Mitwirkung des Komponisten am Klavier und an der Celesta.
Doch was hat der Leser davon? Nichts. Er kann neugierig werden. Dies war eine einmalige Aufführung in Berlin, auch anderswo sind keine weiteren geplant. Der Leser möge nur Augen und Ohren offen halten, wenn irgendwo Stummfilme mit Sinfonieorchester oder mit Kinoorgel gespielt werden. So spielte die Dresdner Philharmonie im vergangenen Oktober im neuen Konzertsaal des Kulturpalasts Dresden unter Leitung von Helmut Imig dreimal Charlie Chaplins Film »Lichter der Großstadt« (1931), selbstverständlich mit der Musik von José Padilla Sánchez/Chaplin. Jetzt folgte Anfang Februar der Kinofilm »Harry Potter und der Stein der Weisen« mit John Williams legendärer Filmmusik, ebenfalls live gespielt von der Dresdner Philharmonie unter Leitung des kalifornischen Komponisten, Dirigenten und Produzenten Justin Freer, der mit dieser »Produktion« durch die Welt reist.
Klassischer Stummfilm mit Musik hat etwas mit Klamotte zu tun, doch er ist so schön nostalgisch. Der Unterhaltungswert potenziert sich durch die Verschmelzung von zwei Künsten, und es geht kaum jemand unzufrieden nach Hause, am wenigsten die Musiker, die beweisen können, was sie draufhaben.
Sigurd Schulze
Loving Vincent
Replik auf Monika Köhlers Beitrag in Ossietzky 1/2018
Die Filmbilder in »Loving Vincent« ziehen sich das Kostüm der Bildsprache Vincent van Goghs an. Das ist die Idee des Filmes. Die Aufnahmen gleiten über alles hinweg, ohne die Metaphorik und den hohen Farbsinn zeigen zu können, mit denen van Gogh den Motiven, leere Stühle, ausgetretene Schuhe oder andere Gebrauchswaren, einen analogen Sinn gab. In den Filmbildern wird diese Intention zerstört. Die massenhaft gemalten Pseudo-van-Goghs werden, dachte ich spöttisch, irgendwann versteigert.
Das Filmspiel wird aus einer spekulativ ausgelegten Dokumentation entwickelt. Dem seien sachlich Tatsachen entgegengehalten. Die Fabel: Der letzte Brief des Malers und die merkwürdige Dauer der Briefzustellung an Theo oder Familie. Das widerspricht dem Ehrenkodex des Frachtmeisters Joseph Roulin. Denn dieser Brief wäre, prüft man den ständigen hohen Briefverkehr der beiden Brüder, unter seiner Leitung schon längst bei Theo gewesen, bevor dieser nach Vincents Tod acht Wochen später selbst stirbt. In Bezug auf den Arzt Dr. Gachet erweckt der Film den Eindruck, er habe dem Verwundeten die Hilfe verweigert. Doch er hatte gesehen, dass nach dem Schuss in die Brust nichts mehr zu machen war. Er war ein enger Freund Vincents, dessen Kunst er bewunderte, und selbst Künstler, der bereit war, für van Gogh zu drucken. Als Vincent auf dem Totenbett lag, zeichnete er ihn am 29. Juli 1890 ehrfürchtig.
In einer simplen Kriminalhandlung verkürzt der Film das exemplarische Leben des Malers, der in seiner künstlerischen Existenz an der Umwelt scheiterte. Der Verdacht, dass der Tod des Malers kein Selbstmord gewesen ist, steht auf tönernen Füßen. Es gibt kein Motiv dafür, aber leider viele Motive für einen Selbstmord. Als Vorankündigung gibt es einen Brief an den Bruder Theo. Vincent van Gogh hoffte wegen seiner Nervenkrankheit nicht mehr auf eine Gesundung und auf das Leben mit einer Frau, spürte Impotenz. Er wusste nicht, welche Wendung es mit ihm noch nehmen würde, und beklagte, dass es ihn »einen ruinierten Kadaver« und ein »angeknackstes Gehirn« gekostet habe, um »als Menschenfreund« zu leben, »als Mensch unter Menschen«. Vincent lag Theo auf der Tasche. Dieser hatte im Juli 1890 großen Ärger mit seinem Dienstherren, der ihn für irre hielt, wie seinen Bruder, von dessen »schauerlichen Sachen« er nur ein Bild verkaufen konnte. Vincent van Gogh sah, dass im Kunsthandel »Bilder toter Künstler« gefragter sind.
Eindrucksvoll deutet das Gemälde »Kornfelder mit Krähen« auf seinen Tod. Wie am Scheideweg stand er im Juli 1890 an dieser Stelle an einem Feld bei Auvers-sur-Oise, um sein Bild »Kornfelder mit Krähen« zu malen und sich am 27. Juli eben dort eine Kugel mit dem Revolver in die Brust zu schießen und am übernächsten Tag zu sterben. Zwar hoffte der Künstler noch im Feld des gereiften Kornes auf das »Gesunde und Stärkende auf dem Lande«. Doch von seiner existentiellen Not sprechen deutlich der finstere Himmel, die Todesvögel in ihm und die drei auseinanderlaufenden Wege. Der mittlere Weg ist gebrochen und endet, bevor er den Feldhorizont erreicht, ein Bild voller »Traurigkeit und Einsamkeit« (V. v. G.).
Peter Arlt
Zeichen setzen
Auf dem Einband von Harald Kretzschmars Buch »Immer erlebe ich das Falsche. Der alternative Künstlerreport« begrüßen uns alte Bekannte – acht an der Zahl, darunter Heinz Behling, Herbert Sandberg, Werner Klemke und Gisela May – und machen uns neugierig. Man durchblättert das Buch, wird wissensdurstig, schließlich bleibt man hängen und liest mit Genuss. »Ein Mensch macht Eindruck. Wie er spricht. Wie er sich ausdrückt. Welches Gesicht er dabei macht«, so der Autor zu seinen liebenswerten Karikaturen und Texten, die den Band füllen.
Der 1931 in Berlin geborene und in Sachsen aufgewachsene Karikaturist und Feuilletonist macht uns mit Stationen seines Lebens bekannt. Entstanden sind aber nicht nur Memoiren. Seine Erinnerungen gehen weit darüber hinaus. Harald Kretzschmar gliedert sein Buch in Dezennien: von den Dreißigerjahren bis zur unmittelbaren Gegenwart. Über dem Kapitel zu den Neunzigern steht: »… – Untergang Treppe Hoffnung Ausgang links«.
In 49 biografischen Texten erfährt man viel über nationale und internationale Kunstgeschichte und die Rolle der Karikatur als Teil der bildenden Kunst. Der Autor ordnet und bewertet aus seiner subjektiven Sicht. Und wer da alles zu seinen Bekannten gehört, zu den »Menschen von uns«! Er karikiert sie treffend, mit freundlicher Ironie, und stellt sie in seinen bilderreichen Texten voller Weisheit und Sympathie dar. Harald Kretzschmar ist ein guter und kritischer Schreiber, man kann sein Buch immer wieder zur Hand nehmen. Da ist zum Beispiel über Josef Hegenbarth und John Heartfield zu lesen, über Erich Ohser (Ossietzky 4/2016), Lea Grundig, Arno Mohr, Loriot und über die »Viererbande«: Willi Sitte, Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke.
Es ist ein Buch voller Erkenntnisse und Einblicke. Aus vollem Herzen zustimmen kann man dem Satz: »Wie vieles habe ich anders erlebt, als heute … publizierte Erlebnisberichte suggerieren wollen.« Harald Kretzschmar setzt mit diesem Buch Zeichen, die unvergänglich sind. Wer unverfälschte, authentische Karikatur- und Kulturgeschichte erleben will, sollte es lesen.
Maria Michel
Harald Kretzschmar: »Stets erlebe ich das Falsche. Der alternative Künstlerreport«, Quintus-Verlag, 240 Seiten, 20 €
Eine einfache Frau
Olgas Familie war arm, doch sie schaffte aus eigener Kraft die Ausbildung zur Lehrerin. Die Liebe zu Herbert, dem Sohn des Gutsbesitzers und Fabrikanten, ist nicht einfach, denn die Eltern des Geliebten sind gegen diese Verbindung, und Herbert zieht es immer wieder in die weite Welt: Afrika, Karelien, gar die Arktis. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg organisiert er eine Exkursion in die Arktis, von der er nicht zurückkommt. Olga bleibt allein, widmet sich ihren Schülern, bis sie nach einer Krankheit das Gehör verliert. Sie näht für die Leute, muss mit Ende des Zweiten Weltkriegs aus der Heimat an der Memel fliehen, richtet sich still und bescheiden in Süddeutschland ein, bis sie im hohen Alter nach einem Sprengstoffanschlag stirbt.
Bernhard Schlink wählte eine eigenartige Konstruktion: Der erste Teil enthält die sachliche Beschreibung von Olgas Lebens, dann folgt der Bericht eines jungen Mannes, der sie bewunderte und der die Briefe, die sie dem Geliebten in den hohen Norden schrieb, gefunden hat. Diese Briefe machen den dritten Teil des Buches aus, und in jedem erfährt der Leser Neues und Erstaunliches von dieser so unscheinbaren Frau, die mit zunehmendem Alter immer bestimmter das wie auch immer geartete Streben nach Deutschlands Größe ablehnte. Dieser Größenwahnsinn hat ihr den Geliebten und den Sohn genommen. Deutsche Schicksale, die der Autor gekonnt mit charakteristischen historischen Details verwebt.
Christel Berger
Bernhard Schlink: »Olga«, Diogenes, 311 Seiten, 24 €
Tapfer, unverzagt und lächelnd
Mit Susanne Jansen hatte die Texterin und Regisseurin Anja Panse für ihr Projekt »Rosa – Trotz alledem« eine Darstellerin gefunden, die nicht nur äußerlich, sondern auch dem Denken, der innersten Beschaffenheit der Rosa Luxemburg sehr nahe kam: Sie überzeugte und bewegte, wusste den tieferen Sinn jenes Satzes zu offenbaren, der viel zitiert, viel missbraucht und oft aus dem Zusammenhang gerissen worden ist: »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.« Wie die Luxemburg unter der politischen Beckmesserei ihres Geliebten Jogiches litt und sich dagegen aufbäumte; und wie sie während ihrer drei Jahre hinter Gittern den stillen Untergang der wehrlosen Vögel vor den Kerkermauern betrauerte; und als ihr nach ihrer Ergreifung die Ermordung Karl Liebknechts höhnisch kundgetan wurde: Wie Rosa Luxemburg das traf, bevor sie wenig später selbst erschossen wurde! Das alles ließ Susanne Jansen im Berliner Theater unterm Dach sehr nachempfinden. Bis zum letzten Platz waren die Reihen gefüllt, der Applaus war lang und dankbar, und wird auch an den Abenden des 15. und 16. Februar lang und dankbar sein, wenn »Rosa – Trotz alledem« wieder zu erleben ist.
Walter Kaufmann
Zuschriften an die Lokalpresse
In Fernsehdokumentationen und in der Tagespresse wurde Ende Januar lautstark beklagt, dass die zurzeit auf ihren Scherben tanzende GroKo in ihrer Amtszeit mehr Rüstungsexporte in »Spannungsgebiete« ermöglicht hatte als die Regierungen zuvor. Vor allem wird angeprangert, dass deutsche Waffen auf beiden Seiten von Fronten zum Einsatz kommen – beispielsweise in Erdoğans syrischem Kurdenkrieg. »Wenn deutsche Waffen Freund und Feind töten ...« überschrieb der Berliner Kurier am 25. Januar einen Beitrag. Denn deutsche Leopard-Panzer sind Bestandteil der türkischen Offensive, und panzerbrechende Raketen und schwere Maschinengewehre werden schon seit 2014 von Deutschland an die irakischen Peschmerga geliefert. Dietmar Bartsch von den Linken bezeichnet das zwar als »moralisch verkommen«, und die Grünen bewerten es als »Bankrotterklärung«, aber deutsche Waffenlieferungen an sich bekämpfende Seiten haben schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts Tradition. Mir ist auch nicht bekannt, dass die deutsche Regierung zu Weltkriegszeiten einschritt, als »Kanonenkönig« Krupp seine mörderischen Produkte an Freund und Feind lieferte. Vertragstreue ist Vertragstreue, und Profit ist Profit. Einen Vorteil haben Waffenlieferungen an Kontrahenten sowieso immer: Man kann die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit von friedenbringenden Mitteln »in der Praxis« studieren und muss dazu keine eigenen Manöver in Szene setzen. Ich denke da nur mal an Jets, Panzer oder einfach an Schusswaffen von Heckler & Koch! Jedes Ding hat halt zwei Seiten, manches sogar drei! – Mars-Helmut Vorderlader (52), Militärstratege, 93494 Waffenbrunn
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In den letzten Monaten wurde erneut kritisiert, dass die Eingliederung von Flüchtlingen in die bundesdeutsche Umwelt und in unser Wertesystem häufig dadurch erschwert wird, dass die Neubürger Schwierigkeiten damit haben, mit der für sie fremden Sprache klarzukommen. Durch die Unterschiedlichkeit ihrer regionalen Herkunft sowie durch ein Defizit an Sprachpädagogen ist eine Situation entstanden, die den Eingemeindungsprozess erschwert. Nun habe ich dieser Tage in mehreren Zeitungen gelesen, dass sich ein britisches Forscherteam zurzeit erfolgreich damit beschäftigt, Schwertwalen die menschliche Sprache beizubringen. Könnte sich daraus vielleicht die Lösung ergeben? Ein Tier, das auf den Namen Orca Wikie hört, soll bereits die Ansprechfloskeln »Hello« und »Bye, bye« beherrschen, wenn der Klang auch noch mehr Ähnlichkeit mit einem kräftigen Furz haben soll als mit menschlicher Kommunikation (neues deutschland, 1. Februar). Dass die Wale englisch sprechen, muss kein Handicap sein. Alles braucht eben seine Zeit – es hat schließlich Hunderte von Jahren gedauert, bis Papageien die Reden von Politikern nachsprechen konnten. Das Problem scheint mir mehr darin zu bestehen, dass der Einsatz von Schwertwalen als Sprachmittler noch auf Schwierigkeiten stößt, da sich die massigen Säuger im Gegensatz zu Papageien schlecht auf der menschlichen Schulter unterbringen lassen. Gibt es dafür schon Lösungsvorschläge? – Kurt Kauderwelsch (47), Gebärden-Dolmetscher, 39606 Walsleben
Wolfgang Helfritsch