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Titel319

Bemerkungen

Unsere Zustände

Eines Tages werden unsere Enkel Antworten geben, die wir nicht hören wollen, weil wir ihnen keine Antworten gaben, als sie uns noch Fragen stellten.

 

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Vom warmen Sofa aus sind alle Revolutionen mit weichen Kissen gepolstert.

 

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In einer Welt, wo die Reichen 20 Prozent an Zugewinn verbuchen und die Armen ebenso viel an Verlust, kann man nicht von Demokratie reden. Demokratie wird so zu einem Pflaster, das die Wunden verdeckt.

 

Wolfgang Eckert

 

 

Höllenwelt und Hoffnung

Werner Rügemer, der kritische Publizist und Dokumentarist, hat eine fulminante Abhandlung veröffentlicht. Ihr Thema sind »Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts«. Bei diesen handelt es sich einerseits um die – wie es im Untertitel heißt – »neuen Finanzakteure« vorwiegend US-amerikanischer Provenienz. Andererseits lässt sich thematisch auch »der kommunistisch geführte Kapitalismus Chinas« (S. 261 ff.) darunter subsumieren. Der den Band abschließende Teil über den »Kapitalismus Chinas« umfasst allerdings nur ein knappes Viertel dessen, was im Ganzen über die »neuen Kapital-Akteure des Westens« und das »Verhältnis USA – Europäische Union« geschrieben wird. Die China-Passagen erscheinen deshalb wie eine Art Kontrastfolie. Sie zeigen ein »wirtschaftlich und sozial nachhaltig aufstrebende[s]« Land, das »sich völkerrechtlich korrekt verhält, menschenrechtlich aufholt, defensiv nachrüstet und eine multipolare Weltordnung mitzugestalten sucht« (S. 318).

 

Im Gegensatz dazu wird »die von den USA geführte westliche Kapital-Demokratie« als ein System beschrieben, dessen »volkswirtschaftlich sinnvolle Leistung schrumpft; die Völkerrecht und Menschenrechte verletzt; die zugleich schon global hochgerüstet ist und ebenso lukrativ wie lügenhaft weiter aufrüstet und neben den kleinen Kriegen die mögliche militärische Auseinandersetzung mit China und im Vorfeld Russland vorbereitet« (ebd.).

 

Die Gegenüberstellung von USA beziehungsweise USA und EU auf der einen Seite und der Volksrepublik China auf der anderen ist spannend geschrieben und lässt sich mit Gewinn lesen. Den Schwerpunkt der Untersuchung bildet jedoch die detailreiche, bestens recherchierte Ausleuchtung dessen, was im Buch generalisierend bezeichnet wird als »westliche Kapital-Demokratie« (S. 7 und an vielen anderen Stellen), »gegenwärtiger Kapitalismus« (S. 188 und andernorts), »westlicher Kapitalismus« (S. 194 und andernorts), »Silicon-Valley-Kapitalismus« (S. 152) und »Wildwest-Kapitalismus« (S. 197) oder als »privatisierter Staat« (S. 222).

 

Innerhalb des kapitalistischen Systemzusammenhangs konzentriert sich die Studie Rügemers auf die personellen und vor allem institutionellen Akteure sowie auf deren sowohl untereinander als auch länderübergreifend (nicht zuletzt auch »transatlantisch«) wirksames Handlungs- und Interessengeflecht: auf Kapitalorganisatoren wie BlackRock (unlängst ins öffentliche Licht gerückt durch den Aufsichtsratsvorsitzenden von BlackRock Deutschland, Friedrich Merz, CDU), Private-Equity-Investoren, Hedgefonds, Investment-Banken, Privatbanken, Venture Capitalists, traditionelle Banken und die »Internet-Kapitalisten« Google, Facebook und Amazon.

 

Die reichhaltige Lektüre der Kapitel über »die neuen Kapital-Akteure des Westens« ermöglicht den bestürzenden Einblick in eine Höllenwelt von Dante'schen und Breughel'schen Dimensionen – nur leider nicht in mittelalterlicher Weise, sondern von höchster und bedrückender Aktualität. Es ist erschreckend zu lesen, wie tief verankert sich Gesellschaft, Politik und Ökonomie im profitgierigen Sumpf der Überwachung, Entmündigung, Ausbeutung und Profitmacherei befinden. Niemand ist davon ausgenommen.

 

Will man die akribisch recherchierten Ausführungen von Werner Rügemer auf einen zusammenfassenden Nenner bringen, so lässt sich festhalten: Die bedrohlichen »Kapitalisten des 21. Jahrhunderts« sind in erster Linie US-amerikanischer Herkunft. Sie tummeln sich vorwiegend auf dem Parkett des Finanzkapitals, der Globalisierung und der Digitalisierung. Ihre Verbündeten sind systemkonforme Politiker, das kriegerische Militär und die Rüstungsindustrie, akademische Vollzugseliten und die »Alpha-Journalisten« der (Leit-)Medien. Rating-Agenturen, Wirtschaftskanzleien, Unternehmensberater, Stiftungen und Think Tanks bilden die »zivile Privatarmee des transatlantischen Kapitals« (S. 216 ff.).

 

Die »am längsten und dichtesten verflochtene Kapitalregion der Erde« ist die transatlantische Region USA-EU. Die neuen Finanzakteure »haben die ohnehin schon längst entwickelte Dominanz des Kapital-Standorts USA über Westeuropa beschleunigt« (S. 227). Die US-amerikanische Vorherrschaft zeige sich unter anderem auch auf dem Gebiet dessen, was Rügemer den »Kapital-Digital-Militär-Komplex« nennt (siehe S. 237-241), nicht zuletzt bei der Überwachung des Internets innerhalb Europas. (Das erklärt die eskalierenden US-Maßnahmen gegen den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei auf dem europäischen Markt.) Die USA kontrollieren transozeanische Seekabel, die Produktion von Chips und Software, Server und Speicherkapazitäten. »80 Prozent des westlichen Internetverkehrs verläuft über die USA.« (S. 241) Hinzukommen in der Bundesrepublik, mitten in Europa, rund 30 US-Militärstützpunkte, Drohnen-Kommunikationsknoten und das größte Militärkrankenhaus außerhalb der Vereinigten Staaten. »Deutschland ist der durch die USA bei weitem am intensivsten besetzte und überwachte Staat überhaupt.« (S. 245)

 

Angesichts der geschilderten Übermacht der »neuen Kapital-Akteure des Westens« stellt sich die Frage nach einem rettenden Ausweg. Obwohl er China als eine Art vorbildliches Gegenstück schildert, beschwört Rügemer am Schluss seiner Ausführungen letztendlich »diejenigen, die sich für die Menschenrechte, das Völkerrecht, die Demokratie einsetzen – das sind wir, die sich zusammentun müssen« (S. 325).

 

Der Appell Rügemers klingt hilflos und verzweifelt. Was können »wir« und unser Engagement für Menschenrechte, Völkerrecht und Demokratie ausrichten gegen die Machtzusammenballung der »Kapitalisten des 21. Jahrhunderts«? Eine Antwort darauf bleibt der Autor schuldig, weil er es unterlässt, die systematischen Widersprüche des imperialistischen Kapitalismus aufzuzeigen. In einem Fortsetzungsband müsste Rügemer diese Widersprüche analysieren und in Verbindung denken mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie über die institutionellen und personellen Akteure des Kapitalismus.

 

Bei Werner Rügemer würde das chinesische Entwicklungs- und Fortschrittsmodell dann wahrscheinlich nicht als »der kommunistisch geführte Kapitalismus« bezeichnet werden, wie es bei ihm heißt. Vielmehr spräche vieles – bislang! – für die Erwägung, dass Chinas Staatsführung einen Entwicklungspfad eingeschlagen hat, der entscheidende Grundsätze einer sozialistischen Gesellschaftsordnung verbindet mit einer politisch gesteuerten Marktökonomie im Makro- und Mikromaßstab. Diese Erkenntnis würde den »Aufstieg der neuen Finanzakteure« mit einer marxistischen Perspektive konfrontieren, die hoffen lässt, dass die kapitalistische Gesellschaftsformation überwindbar ist.

 

Rudolph Bauer

 

 

Werner Rügemer: »Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure«, PapyRossa, 360 Seiten 19,90 €

 

 

Walter Kaufmanns Lektüre

Auf den Flügeln Ihres Buches, lieber Frank Quilitzsch, jener Reise zwischen damals und heute, bin ich nach China gelangt – ich habe lange darauf warten müssen, aber nun, endlich, erlebte auch ich all die Orte, Städte, blühenden Landschaften, die Ihnen ihre unermüdlichen Begleiterinnen erschlossen hatten. Welch Glück, dass Sie vor fünfundzwanzig Jahren in China Deutsch lehrten und nun, dort und heute, Ihren einstigen Studentinnen wieder begegnet sind. Ihr Damals und Ihr Heute geben viel her, daran konnten Sie anknüpfen, konnten vergleichen und staunen über Chinas Sprung in die Zukunft, auch über die Selbstverwirklichung der Chinesinnen, die Ihnen einst vertraut gewesen und all die Jahre vertraut geblieben sind – und wie selbstbewusst dazu, wie lebenstüchtig, beruflich gesichert und zukunftsfroh. Frauen des neuen Chinas eben, die – wie wohl allgemein zu erleben – den zerschlissenen Mantel der Vergangenheit abgestreift haben. Das China jener Frauen hat den Westen eingeholt, gar überholt, sie leben besser als ihre Eltern je gelebt haben, und ihre Großeltern gar, die den Spuk von Maos roten Garden über sich hatten ergehen lassen müssen: Hohn, Erniedrigung, physische Gewalt! Kulturrevolution – Viererbande. Wie Sie, Frank Quilitzsch, jene bitteren Jahre mit der Gegenwart konfrontieren, das öffnet Augen! Auch all die Beweisstücke technischen Fortschritts tun das, die Sie mit dem Kameraauge festgehalten haben – Manhattan in China, Transrapids in China, Sechs-Sterne-Hotels in China, plus enorme Mobilität: Wolfsburg in China! Und Brücken, gegen die sich San Franciscos Golden Gate Bridge wie ein Brückchen ausnimmt. Wahrlich, Sie haben ein Buch der Superlative geschaffen! (Segenreiche oder bedrohliche Superlative – das lassen Sie offen.) Wie auch immer, Sie haben mich mitgenommen ins gegenwärtige China – und bei all dem – das sei hervorgehoben! – verdanke ich Ihnen den Einblick in das Leben der vor den Nazis geflüchteten Jüdin Klara Blum, deren Liebe zu dem revolutionären Dramatiker Zhu an den Zwängen Maoistischer Richtlinien zerbrechen musste – »ein Sohn der Ferne reichte mir die Hände/ Schuf mir das Bild der schönsten Zeitenwende/ Ans Ziel kam endlich Körper, Herz und Hirn/ Zwölf Wochen Mund an Mund und Stirn an Stirn ...«                      

W. K.

 

 

Frank Quilitzsch: »Auf der Suche nach Wang Wei. Eine Reise durch China zwischen Damals und Heute«, Drachenhaus Verlag, 239 Seiten, 16,95 €

 

 

 

Political correctness

Die Meinungsfreiheit möchte manchmal weinen.

Denn sowas liegt ihr schwer im Magen:

Der gute Bürger darf zwar alles meinen,

er darf jedoch nicht alles sagen.

Günter Krone

 

 

Täuschungsmanöver

Ob ich Winterreifen aufgezogen habe, erkundigte sich Saadi auf dem Beifahrersitz. Das war eine Frage, die zu stellen angesichts des Wetters durchaus berechtigt war. Wir fuhren durch eine Schneeregensuppe auf der Autobahn von Dresden nach Chemnitz, die Sicht reichte vielleicht fünfzig Meter, und ich fuhr vermutlich ein wenig zu schnell. Wir waren spät dran, denn der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko würde nicht mehr lange im Chemnitzer Rothaus e. V. beim »Verein zur Förderung politischer Kultur – Karl Chemnitz« verweilen, um 16.03 Uhr ging bereits sein Zug nach Aachen, wo er sein Wahlkreisbüro hat. Oleg Muzyka wollte ihm jedoch unbedingt persönlich sein soeben in deutscher Sprache erschienenes Buch übergeben, denn Hunko – inzwischen selbst wie der ukrainische Politemigrant Muzyka von Kiew mit Einreiseverbot belegt – engagierte sich sehr für die politisch Aufklärung und Behandlung des Massakers am 2. Mai 2014 in Odessa, das irreführend wie beschönigend als »Tragödie« durch die Medien geistert. (siehe Ossietzky 14/2018)

 

In Dresden hatten Muzyka und Isakov soeben im Gewerkschaftshaus am Schützenplatz das Buch vorgestellt. Nachdem eine Veranstaltung mit Muzyka am 16. November von einem anderen Veranstalter in Elbflorenz abgesagt wurde, weil diesem per Mail aus Kiew gedroht worden war (siehe Ossietzky 24/2018), hatte sie nun unter dem Dach des Dresdner Volkshauses stattgefunden. Der Raum war bis auf den letzten Sitz gefüllt, mehr als ein halbes Hundert Dresdner nahm mit sichtlicher Betroffenheit die Berichte des Überlebenden Muzyka zur Kenntnis. Wie stets hatte er auch den Dokumentarfilm gezeigt, an der Wand hingen die Fotos von einigen Opfern des faschistischen Mobs. Die anschließende lebhafte Diskussion landete dann sehr schnell in der Gegenwart, denn aktuell rollten schon wieder 400 Panzer und andere Militärfahrzeuge durch Sachsen, auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz sollten sie Station machen. Die US Army tauschte ihre an der »Ostflanke der NATO« eingesetzten Truppen, die man dort »zur Abschreckung« und als Reaktion auf die »russische Annexion der Krim« in Polen und in den baltischen Staaten stationiert hatte. Diese Truppenbewegung – Operation »Atlantic Resolve« geheißen – war ein Manöver in der Tat, ein Täuschungsmanöver, denn da man sich der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet hatte, in diesen Ländern nicht dauerhaft US-Militär zu stationieren, rotieren seither die Truppen aller neun Monate.

 

Wo ist die Friedensbewegung, fragten einige in der Diskussion. Warum schweigt sie zur Aufkündigung des INF-Vertrages? Ist sie nun endgültig tot?

 

Ein Ehepaar um die 80 berichtete über einen sehr speziellen Fall deutscher Russophobie: Ihm war durch einen großen Anbieter der Handyvertrag gekündigt worden mit der Vorhaltung, es bestünde der Verdacht der Spionage. Die beiden hatten regelmäßig mit ihren Verwandten in Russland telefoniert und nach dieser Unverschämtheit die Justiz eingeschaltet. In zwei Verfahren teilte das Gericht die Auffassung des Anbieters, was die beiden Rentner um die 700 Euro kostete. Sie telefonieren seither in einem anderen Netz.

 

Die lebhafte Debatte dauerte länger als geplant, danach signierten die Autoren Oleg Muzyka und Saadi Isakov Bücher, von den mitgebrachten dreißig Exemplaren mussten sie keines wieder einpacken. Und dann jagten wir durchs Gebirge nach Chemnitz.

 

Klar, sagte ich zu Saadi, ich habe Winterreifen drauf. Fürchtet er, aus der Bahn geworfen zu werden?

 

Nee, sagte Saadi, er komme aus einem anderen Grunde darauf zu sprechen. Er sei doch, wie ich wisse, zum Jahreswechsel bei seiner jüdischen Verwandtschaft erst in Kanada und dann in den USA gewesen. Dabei habe er folgende Beobachtung gemacht, als er sich einen Wagen mietete: In Kanada ist Winterbereifung gesetzlich vorgeschrieben, in den USA nicht. Was machen also kanadische Autovermieter in Grenznähe? Sie lassen ihre Autos in den USA zu und diese mit amerikanischen Kennzeichen über kanadische Straßen fahren. Kriminelles Pack, sagte Saadi.

 

Nee, sagte ich, das ganze Gesellschaftssystem ist kriminell, da wird der Einzelne zwangsläufig zum Kriminellen.

 

Na, sagte Saadi tadelnd, es gibt auch Ausnahmen, und stöpselte sich sein Headset in die Ohren.

 

Wir erwischten Hunko in Chemnitz noch.                               

Frank Schumann

 

 

Oleg Muzyka/Saadi Isakov: »Brennendes Gewissen. Der 2. Mai 2014 in Odessa und die Folgen. Fünf Jahre danach«, edition ost und LITINWEST Netanja/Israel, ISBN 978-3-947094-37-0, 146 Seiten, 15 €

 

 

Zuschriften an die Lokalpresse

Aufeinanderfolgende Quizsendungen mit prominenten Schauspielern, professionellen Spaßmachern, bewunderten Lockenwicklern und gewollten Schlaubergern sind im Moment offensichtlich die Füllsel für die meisten Fernsehnachmittage, während am Abend auf allen Sendern die Kommissare zu ihren Waffen greifen, um die in den späteren Abendstunden parallel über die Bildschirme laufenden politischen Plaudereien abzusichern. Es ist schon interessant, durch Fragesendungen immer wieder Dinge zu erfahren, die keiner braucht. Sie können aber bei älteren Mitbürgern auch dazu beitragen, die schleichende Demenz ein wenig zu verlangsamen. Anspruchsvolle Filme und gute Reportagen werden dagegen meistens nach Mitternacht angeboten, wenn es draußen sowieso finster und kalt ist und sich die meisten lieber hinter ihren Kopfkissen verstecken. Ich finde diese kanalübergreifende Programmgestaltung gut, weil sie den Bürgerinteressen besser Rechnung trägt und sich kaum jemand verschalten kann. – Pardon, jetzt muss ich meinen Leserbrief erst einmal unterbrechen, denn ich muss mich zwischen Alexander Bommes »Gefragt, gejagt«, Kai Pflaumes »Wer weiß denn sowas?« und Jörg Pilawas olympischem Fragequiz entscheiden. Oder fällt Ihnen noch eine bessere Alternative ein? – Martha Münchhausen (56), Beiköchin, 63500 Seligenstadt

 

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Schön, dass sich die Werbung immer wieder etwas Neues und Originelles einfallen lässt! Wie die Berliner Zeitung am 25. Januar auf ihrer »Panorama«-Seite berichtete, hat die japanische Nudelfirma »Nissin« ein neues Werbegesicht für ihre Teigwaren entdeckt. Es ist das der Tennisspielerin Naomi Osaka, im Werbespot als Zeichentrickfigur dargestellt. Da sich Osakas dunkler Teint von den blassen Nudelstrippen jedoch zu stark abhebt, hat der Konzern ihre Haut im Zeichentrick-Werbespot »aufgehellt«. Über diese Art des »Whitewashings« hat sich die Werbe-Ikone nun beschwert, und die zuständigen Fachleute haben sich bei ihr entschuldigt. Sie wollen die »Diversität« bei ihren PR-Aktivitäten künftig »respektieren«, verrät die Zeitung. Ich weiß zwar nicht, ob Osaka mit der Antwort zufrieden ist. Die Sportlerin hat aber gezeigt, dass man selbst in der Werbung nicht alles hinnehmen muss. Als erfahrener Unternehmer in der Lebensmittelbranche würde mich noch interessieren, wie sich inzwischen der Verkauf von Nissins Nudeln entwickelt hat. – Archibald Mostrich (75), Einzelhandelskaufmann a. D., 39615 Werben

 

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Am 11. Januar berichteten die Zeitungen darüber, dass ein ICE-Lokführer »in trunkenem Zustand an Wittenberg vorbeigerauscht« ist (nd). Der Zug ist zwar auf dem Gleis geblieben, aber er hat nicht gehalten. Das ist nicht zum ersten Mal passiert, sondern in Wolfsburg schon mehrmals, auch in Ludwigslust wurde schon versehentlich nicht gehalten; aber man sollte den Vorfall nicht nur feststellen, sondern auch nach den Gründen fragen. Die Bahn wurde in letzter Zeit häufig wegen ihrer Zugausfälle und Verspätungen kritisiert, und das verstößt gegen die Berufsehre der Schienenbezwinger. Vielleicht wollte der Lokführer etwas dagegen unternehmen, wie das bei der Berliner S-Bahn durch das Überspringen von Stationen auch schon versucht worden ist, um »Verzögerungen im Betriebsablauf« (Bahnjargon) abzubauen. Dass sich der ICE-Kapitän dafür etwas Mut antrinken wollte, ist zwar nicht zu akzeptieren, aber doch irgendwie zu verstehen. Deshalb sollte man nicht päpstlicher als der Bahnchef mit ihm umgehen. Das nächste Mal hält er dann vielleicht! – Hilmar Brausewetter (42), Administrator, 45721 Haltern am See

 

Wolfgang Helfritsch