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Titel0409

Was mir besonders auffiel  (Walter Kaufmann)

Tom Tykwers fürchterlicher shoot-out im New Yorker Guggenheim-Museum wäre entbehrlich gewesen, aber mit alledem, was da an kriminellen Machenschaften eines Bankunternehmens gezeigt wird, das mit Waffenhandel, Krisen und Kriegen zu Milliardenprofiten gelangt, ist »The International« ein Augenöffner. Das gilt auch für »The Yes Men Fix the World«, eine Dokumentation über den US-Dienstleistungskonzern Halliburton, der mit der Zerstörung und dem Wiederaufbau Bagdads Höchstgewinne machte und macht. Hier wird der Kapitalismus entlarvt, daß es unter die Haut geht. Ähnlich mutig ist der Dokumentarfilm »The Shock Doctrine«, der Pinochet, Thatcher, Nixon, Reagan und G. W. Bush mit diversen Diktatoren in eine Reihe stellt und klar macht, daß gegen Faschismus und Krieg nur der Aufstand hilft. Streikaktionen der Werktätigen in aller Welt!

Der US-Streifen »The Private Lives of Pippa Lee« über das wechselvolle Leben der Ehefrau eines reichen Verlegers erwies sich als nur leidlich unterhaltsam, wirklich bewegend waren Filme wie »The Messenger« und »London River«, auf die Heinz Kersten in diesem Heft hinweist. Auch der dänische Film »Lille Soldat« hat es in sich: Aus dem Irak kehrt die Soldatin Lotte verstört in die Heimat zurück und verdingt sich als Fahrerin bei ihrem Vater, der nigerianische Prostituierte an Freier vermittelt. In aller Härte werden hier die Konflikte zwischen Vater und Tochter ausgetragen, wobei viel (allzu viel!) über die sexuellen Verhaltensweisen von Männern zu erfahren ist – wie auch in dem ungarisch-rumänischen Film »Katalin Varga«: Vergewaltigung und blutige Rache – Täter: die Männer!

Aber gab es je ein kleineres Fenster, aus dem eine weitere Sicht geboten wurde, als in dem bemerkenswerten Dokumentarfilm »Mein Herz sieht die Welt schwarz«? Wie hier die Liebe des im Krieg schwer verwundeten Afghanen Hossein zu der verheirateten Frau Shaima ins Bild gesetzt wird, vermittelt Einblicke in das Leben im gegenwärtigen Kabul, die weiter reichen als so mancher Zeitungsartikel. Helga Reidemeister, die etliche Jahre an diesem Film gearbeitet hat, verdient höchste Anerkennung.