Das Ergebnis der Parlamentswahl in Griechenland wirkt sich auch auf die Länder der Iberischen Halbinsel, Spanien und Portugal, aus. In großer Aufmachung auf der ersten Seite brachten nicht nur El País und El Mundo La Vanguardia den Wahlsieg der Linkspartei Syriza, sondern auch die Zeitung der Monarchie ABC das Ergebnis. Die portugiesischen Tageszeitungen Jornal de Noticías, Público sowie Diário do Notícias schenkten dem Wahlergebnis gleichfalls Beachtung.
El País titelte am Tag nach der Wahl: »Syrizas Sieg ist der Beginn einer Periode der Agitation im aufgeregten Europa.« Damit hat das noch immer als linksbürgerlich geltende Blatt einmal Recht. In der portugiesischen Wochenzeitung Avante!, dem Organ der Partido Communista Portugués (PCP), heißt es: »Die Griechen stimmten gegen die Sparpolitik, die das Land in die Armut führte, und verhalfen der radikalen Linken Koalition Syriza zum Sieg.« Die marxistische Zeitung schreibt weiter: »Die Wahl in Griechenland polarisierte … in den letzten Wochen. Und wie vorherzusehen war auch weiterhin. Die Wahl ist auch eine Niederlage der Politik der Partei Neue Demokratie und der PASOK, dem Service von Großkapital und der Europäischen Union. Sie sind mit verantwortlich für die wirtschaftliche und soziale Katastrophe des griechischen Volkes. Die Wahl bedeutet auch eine Niederlage der Europäischen Union und keine weitere Erpressungen des griechischen Volkes.«
Im Manifest der Kommunistischen Partei schrieben Karl Marx und Friedrich Engels: »Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet ...« Heute hat das Gespenst in Europa zwei Namen Alexis Tsipras und Syriza.
Von der Entwicklung in Südeuropa profitiert zunächst die neue linke spanische Formation »Podemos«, zu deutsch »Wir können es«. Entstanden ist die seit dem 11. März 2014 im Register des Innenministeriums eingetragene Partei aus der Protestbewegung 15-M der Jahre 2011/12. Am 15. Mai 2011 schlug die Bewegung der »Empörten« auf der Puerta del Sol in Madrid ihr Zeltlager auf. Seit dem 15. November 2014 ist Pablo Iglesias, ehemals Professor an der Universität Complutense in Madrid, der Generalsekretär von Podemos. Seine Familie ist eng mit sozialistischen Traditionen und Humanismus verbunden. Als junger Mann war Iglesias Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes von Spanien (Unión de Juvetudes Communista España – UJCE). Das hat ihn geprägt. Als Mitglied der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken im EU-Parlament kandidierte er für den Vorsitz im Europaparlament gegen den Sozialdemokraten Martin Schulz, der mit 409 Stimmen gegen 51 Stimmen gewann.
Bereits wenige Tage nach der Wahl in Griechenland, am 31. Januar 2015, reisten Zehntausende Spanier mit 260 Autobussen aus ganz Spanien nach Madrid, um gegen den Sparkurs der alleinregierenden konservativen Partido Popular (PP) zu protestieren. Die Partei, in zahlreiche Korruptionsskandale im Land verwickelt – Kritiker behaupten, nur der Ministerpräsident Mariano Rajoy habe saubere Hände –, tritt wie die konservative Regierungskoalition in Portugal von Pedro Passos Coelho, bestehend aus der Partido Socíal Democrato (PSD) und Centro Demokrático e Socíal – Partido Popular (CDS-PP), für den harten Sparkurs der Troika an. Der Kurs von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds hat zu großen Existenzsorgen und schweren Einschnitten in Portugal und Spanien geführt. Die Auswirkungen der verfehlten Politik sind überall spürbar. Das betrifft nicht nur die Folgen der geplatzten Immobilienblase. In den Städten Spaniens und Portugals stehen ein Drittel der Läden leer. Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober in Spanien 24 Prozent, in Portugal 13,4 Prozent. An Häusern und Wohnungen ist in Spanien das Angebot: »SE VENDE« – zu verkaufen – präsent. Ein Ende der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist in beiden Ländern nicht in Sicht.
Nach den ersten Wahlumfragen in Spanien liegt Podemos vor der PP und den Sozialisten. Die Kommunalwahl im Frühjahr in Spanien und die Provinz-wahl in Andalusien werden zeigen, ob es einen neuen politischen Trend im Land gibt.