Angela Merkel, geschichtsmächtig. – Zum Thema Kosovo las man bis 20. Februar 2008 im Internet-Lexikon Wikipedia: »Britische und US-Diplomaten haben deutlich gemacht, daß die Statusverhandlungen zur Unabhängigkeit des Kosovo führen sollen.« Es folgte eine Passage über Sie: »Bei einem Besuch der deutschen KFOR-Soldaten im Feldlager Prizren am 15. Juli 2005 erteilte die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel dagegen einer Loslösung des Kosovo von Serbien eine klare Absage. Bei den Statusverhandlungen müßten in jedem Fall die Interessen Belgrads Berücksichtigung finden.« Am 21. Februar 2008 war dieser Eintrag nicht mehr zu finden. Die Geschichte ist umgeschrieben.
Redaktion Frankfurter Rundschau, wehrerzieherisch aktiv. – Mit Äußerungen (ungenannter) Bundeswehrsoldaten, die sich gegenüber US-amerikanischen und britischen NATO-Kameraden benachteiligt fühlen, werben Sie für mehr deutsche Kampfeinsätze in Afghanistan: »Mit welcher Begründung sollen nur Amerikaner oder Briten dort sterben? Mit welchem Recht sollen nur deren Mütter oder Frauen trauern?« Kein deutscher Soldat wolle zu einer Truppe »zweiter Klasse« gehören, bei der ein »friedlicher Aspekt der Mission in den Vordergrund gestellt« werde. Diese ethische Innovation muß jeden Pazifisten beschämen: das allgemeine Recht auf den militärischen Tod, »erster Klasse«.
Peter Struck, SPD-Zuchtmeister. – Die Bundesminister Steinbrück und Tiefensee wollen eine Teilprivatisierung der Bahn durchsetzen und dabei den Beschluß des SPD-Parteitages außer Acht lassen, wonach über ein solches Vorhaben ein Sonderparteitag befinden müsse. Kritikern dieser Vorgehensweise werfen Sie vor, die Angelegenheit »zu emotional« anzugehen. Für sich nehmen Sie nämlich in Anspruch, rational zu handeln, und rational bedeutet für Sie: Parteitagsbeschlüsse sind nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden.
Peer Steinbrück, kein Linker. – Nicht gerade rücksichtsvoll gegenüber Ihrem Parteivorsitzenden verbreiten Sie per Frankfurter Rundschau Ihr Postulat, daß »die SPD sich in Hessen von der Linkspartei nicht einmal dulden lassen« dürfe und überhaupt diese Partei daran gehindert werden müsse, »direkt oder indirekt Einfluß zu nehmen auf die Politik in einem Bundesland wie Hessen oder eines Tages gar in Deutschland«. Ihr Schlachtruf: »Ich will von denen nicht mitregiert werden.« Da mogeln Sie aber in Ihrer Argumentation, denn im Bundesland Berlin werden Sie »von denen« schon seit Jahren mitregiert. Aber nein, Sie wohnen in Bad Godesberg, also in Nordrhein-Westfalen. Sie Glücklicher!
Edmund Schulz, Ossietzky- und Buchautor. – In Heft 4/08 wurde Ihnen unterstellt, mit Ihrer Upton-Sinclair-Bibliographie »das gesamte in deutscher Sprache vorliegende Werk Sinclairs zu erschießen«. In Wirklichkeit hatten Sie die friedliche Absicht, es zu erschließen. Hintersinn des Schreibfehlers kann nur gewesen sein, durch diese Korrektur noch einmal auf Ihr Buch hinzuweisen.
Ossietzky-Leserinnen und -Leser. – Redaktion und Verlag freuen sich, viele von Ihnen auf der Leipziger Buchmesse zu treffen – vom 13. bis 16. März an unserem Stand in der Messehalle 5 oder bei unseren Veranstaltungen mit Daniela Dahn, Rainer Butenschön, Otto Köhler und anderen am 15. März im Sachbuchforum der Halle 3. Dort stellen wir auch den Ossietzky-Sonderdruck »Keine Demokratie ohner Demokratisierung der Medien« vor. (Näheres unter Termine auf Seite 192).
Gerd Bucerius, ehemaliger Zeit-Verleger. – Sie sind zwar schon seit zwölf Jahren – und für die Zeit noch länger – tot. Aber wir können uns gut vorstellen, wie heftig Sie reagiert hätten, wenn einer Ihrer Redakteure gewagt hätte, eine Rechnung für einen Ausstellungskatalog oder ein Buch einzureichen das in Ihrem Blatt besprochen wurde: Wir sind doch nicht verrückt und zahlen für Druckwerke, auf deren Erscheinen wir im Blatt aufmerksam machen, egal ob durch Lob oder Verriß. Richtig. So denken wir auch. Aber nicht das Bucerius-Kunstforum, das sich mit Ihrem Namen schmückt. Das verlangt von Kritikern, die seine Ausstellungen besprechen, Geld für den Katalog. Wir fürchten, Ihren Zorn auch nicht mit dem Hinweis auf einen mildernden Umstand besänftigen zu können, im Gegenteil: Unsere Kunstkritikerin Monika Köhler vermerkte, daß der Achilleus in der Etrusker-Ausstellung des Bucerius-Kunstforums nicht der »nackte, jugendliche Held«, wie Kurator Bernard Andreae in Katalog behauptete, sondern angezogen war. Seither muß für den Katalog bezahlt werden. Nur auserwählte Kritiker, die sich als weniger kritisch erwiesen haben, bekommen den Katalog klammheimlich zugesteckt. Nicht mit uns. Wir besprechen das Buch, das zum Thema der neuesten Ausstellung im Hirmer Verlag erschien und uns – wie üblich – unentgeltlich als Rezensionsexemplar geschickt wurde (s. Seite 174).