Sigmar Gabriel. – »Wir haben keine Bundesregierung« – so Ihr Alarmruf. Zu Zeiten der großen Koalition habe die Kanzlerin »Verantwortungsbewußtsein gezeigt«, in der neuen Koalition sei davon »nichts geblieben«. Deshalb Ihre Aufforderung: »Angela Merkel muß beginnen zu regieren.« Und so hat dann die von Ihnen geführte Partei, ihrerseits verantwortungsbewußt, wenngleich nicht mehr mitregierend, Angela Merkels Regierungsfähigkeit bestärkt und dem vermehrten Militäreinsatz in Afghanistan grünes Licht gegeben. »Burgfrieden« nannte erfreut die FAZ dieses Verhalten der SPD, und der Chefredakteur des CDU-nahen Westfalen-Blattes kommentierte: »Das ist Oppositionsarbeit, wie man sie sich wünscht.« Sie sind also auf dem rechten Wege!
Michael Löw. – In einem Leserbrief, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte, beklagen Sie sich darüber, daß es, die »unsolide Finanzpolitik« betreffend, »in Griechenland an jedwedem Unrechts- und Schuldbewußtsein« fehle und nun »die Deutschen die Zeche zahlen sollen«. Sie schreiben dann: »Der deutsche Michel ist geduldig. Niemand sollte ihn jedoch zu sehr in die Enge treiben. Er wurde dabei schon einmal unberechenbar.« Da wissen die Griechen, falls sie die FAZ lesen, nun Bescheid. Was ihnen widerfahren kann, wenn der deutsche Michel seine Geduld verliert, ist ja der Geschichte zu entnehmen, und wieviel Unrechts- und Schuldbewußtsein das offizielle Deutschland nach den Massermorden und Zerstörungen der Deutschen Wehrmacht in Griechenland entwickelt hat, ist an der Höhe der gezahlten Entschädigungen abzulesen: Nullkommanichts.
Fraktion Die Linke im Bundestag. – In der Zeitung Klar, die Sie herausgeben, erfahren wir auf der Titelseite der neuesten Ausgabe: »Hartz IV ist gescheitert. Dieses Urteil ist eine Sensation. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Hartz IV ist Armut per Gesetz, die Regelsätze gewährleisten kein menschenwürdiges Leben ... ›Das ist ein Festtag für soziale Gerechtigkeit‹ kommentiert die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Katja Kipping, das Urteil.« Ja, und die Bundeskanzlerin ist zurückgetreten, Guido Westerwelle übt das Fallschirmspringen, Gerhard Schröder ist mitsamt Frank-Walter Steinmeier auf eine Bußwallfahrt gegangen.
Ole von Beust. – Wie es sich mit grünen Politikpartnern lebt, wollte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung von Ihnen wissen. Sie konnten Angenehmes berichten – allerdings sei Schwarz-Grün nur »ein Modell unter vielen«. Deshalb ließen Sie sich im Interview nicht zu einer Westerwelle-Schelte verleiten: Es sei doch legitim, sich Gedanken darüber zu machen, wie man Arbeitslose stärker zur Arbeitssuche motivieren könne. Falsch sei nur »der Zeitpunkt der Debatte«; denn gerade sei ja herausgekommen, daß »am oberen Ende der Gesellschaft Tausende zu versteuerndes Vermögen in der Schweiz geparkt haben«. Also den Diskurs über Sozialparasiten erst einmal unterbrechen, bis alle Millionäre brav ihre Steuern zahlen – bis zum Hl. Nimmerlein? Der richtige Zeitpunkt wird sein, wenn gerade mal nicht herauskommt, daß sie es nicht tun.
Unbekannter Begleiter von Margot Käßmann. – Spielen Sie doch der Bild-Zeitung einen Streich und outen sich selbst, ehe das große deutsche Tugendblatt mit Ihrem Namen seine Auflage steigern kann. Auch Sie fallen so oder so in Gottes Hand, aber mit einem Selbstbekenntnis fällt es sich leichter.
Ossietzky-Leserinnen und -Leser. – Im Beitrag »Die Richter richten’s nicht« (Heft 4/10) haben wir in der Druckversion dem FDP-Generalsekretär Lindner den Vornamen Martin gegeben, er heißt aber Christian. Martin mit Vornahmen heißt ein anderer Lindner, ebenfalls FDP-Politiker, Mitglied des Bundestages und ganz ähnlich wie Christian Lindner in großer Sorge, die »Hartz IV«-Leistungen könnten zu üppig sein.