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»Ehrensold« für Christian Wulff?  (Carsten Schmitt)

In einem Erlaß vom 27. August 1939 wurde mit dem »Ehrensold« die – materielle oder geldförmige – Beigabe zu einem Verdienstorden geregelt. Zuletzt erhielt der 1998 verstorbene kriegsverherrlichende Schriftsteller Ernst Jünger, Träger des von Preußenkönig Friedrich II. eingeführten und im Ersten Weltkrieg verliehenen Ordens »Pour le Mérit«, zeitlebens eine Extrazuwendung von 50 DM monatlich »für das Verdienst«. Jünger hat in der 1980er Jahren die Kriegsbegeisterung als »fürchterlichen Irrtum« bezeichnet – späte Einsicht ist ja auch ein Verdienst ... Jedenfalls wirkt die ganze Geschichte reichlich angestaubt.

Angestaubt? In der Bundesrepublik Deutschland wird seit 1953 aus dem Amt geschiedenen Bundespräsidenten ein lebenslanger Ehrensold zugesprochen. Die Höhe des Betrags – und offenbar die Größe des Verdienstes – ist im Vergleich zu früheren Zeiten inflationär gestiegen. Immerhin bemißt sich die Beigabe im Falle des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff auf 199.000 Euro pro Jahr, was dessen letzten Amtsbezügen entspricht. Zusätzlich sind (bislang nicht in Frage gestellte) jährliche Sachleistungen in Höhe von ca. 280.000 Euro vorgesehen – für Auto, Chauffeur, Büro und MitarbeiterInnen. Indes ist nach dem Abgang Wulffs ein Streit unter Verfassungsrechtlern darüber entbrannt, ob dem affärengebeutelten – durch »Stahlgewitter« (Ernst Jünger, von Wulff zitiert) gewateten – Niedersachsen die Auszahlung des »Ehrensolds« zustehe. Darüber wird die Verwaltung des Bundespräsidialamtes zu befinden haben. Letztlich wird sich wohl nicht eindeutig klären lassen, ob es politische, gesundheitliche (siehe Stahlgewitter) oder persönliche Gründe waren, die Wulffs Rücktrittsentscheidung veranlaßt haben. Nur im letzteren Falle wäre eine Aussetzung der Zuwendungen politisch-juristisch zu begründen.

Was ist eigentlich ein Bundespräsident? Der Soziologe Arnold Gehlen hat es uns schon 1957 verraten: »Eine Persönlichkeit, das ist eine Institution in einem Fall.« Hätte Gehlen Recht, dann wäre es ausgeschlossen, daß die Institution Wulff ihre Brocken aus persönlichen Motiven hingeschmissen hätte. Findige Fachjuristen werden die Angelegenheit schon im Interesse der Bundesregierung wenden. Die möchte die Causa Wulff möglichst schnell ad acta legen.

Ausgeschlossen ist hingegen nicht die Möglichkeit, daß eine bundespräsidiale Persönlichkeit beziehungsweise Institution die Entgegennahme des Ehrensoldes aus freien Stücken zurückweist, als Ehrensache sozusagen. Ein solcher Entschluß würde einen starken, uneigennützigen Charakter voraussetzen. Aber Christian Wulff ist bislang nicht sonderlich damit aufgefallen, herausragender Inhaber von etwas Derartigem zu sein.