Die folgenden Ausführungen sind Gedanken, aufgeschrieben zu Beginn eines auf sechs Wochen geplanten Aufenthalts in den USA.
Die Handlungen des US-Präsidenten Donald Trump stehen in der Tradition des Reaktionärsten, was die USA in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Der Mann knüpft unter anderem an Ronald Reagans aggressiven Antikommunismus und Militarismus an. Seine »America First«-Politik ist sicherheitspolitisch ein ungehemmter Aufrüstungskurs. Das belegen die geplante Erhöhung des Rüstungsetats um 54 Milliarden US-Dollar 2018 und vergleichbare weitere Erhöhungen für die folgenden Jahre, der Bau von zwei neuen Flugzeugträgern und von mehr als 100 Kriegsschiffen, angeblich um auf Augenhöhe mit allen anderen Marinemächten zu sein; die Fortsetzung der Modernisierung der Atomwaffen und die Entwicklung neuer, die – so der Auftrag an das Verteidigungsministerium – punktgenau auch regional eingesetzt werden können. Außerdem die Modernisierung und Ausweitung der US-Streitkräfte, besonders der Marine und der Luftwaffe; die Verstärkung der Programme für »Waffen im Weltraum«, Drohnen und der Cyberware.
Begleitet werden diese Aufrüstungsschritte durch öffentliche Erklärungen zur Notwendigkeit und Stärkung der NATO bei neuer Arbeitsverteilung und deutlich ausgeweiteter Finanz- (und Kriegs-)Beteiligung der europäischen Verbündeten; Ankündigungen zur Ausweitung des militärischen Engagements, aktuell vor allem im Jemen (einschließlich Spezialeinheiten für Bodeneinsätze und Drohnen) sowie Planungen für einen Bodeneinsatz in Syrien zur Absicherung einer angedachten Flugverbotszone. Gegenüber Nordkorea und Iran sollen Szenarien entwickelt werden, die militärisches Eingreifen – zurückhaltend formuliert – nicht ausschließen. Zudem plant die neue US-Administration eine Intensivierung des Raketenabwehrprogramms in Asien und Europa.
Jegliche Illusionen über den Militarismus der neuen US-Regierung sind fehl am Platz. »Regime Change«-Planungen unter anderem für Kuba, Iran, Nordkorea sind Teil dieser strategischen Überlegungen.
Innenpolitisch steht bei der neuen Regierung (in Zusammenarbeit mit deutlichen Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus) die Beseitigung selbst der kleinsten (völlig ungenügenden) Ansätze sozialer und ökologischer Gestaltungen der Obama-Regierung auf dem Programm. Freuen dürfen sich die Banken, die von allen nach der Krise eingeführten Regulierungen, befreit werden sollen. Auf dem Plan steht auch die Privatisierung und damit Beendigung der (unzureichenden) Gesundheitsreformen unter Obama (Obamacare). Zu Trumps Plänen zählt auch die Abkehr von einer gestaltenden Umweltpolitik. Symbolisch dafür steht die Freigabe des Baus der Dakota Access Pipeline durch Wasserschutzgebiete gegen den Protest besonders der lokalen Bevölkerung. Geplant sind die Zügelung und/oder Abschaffung der Umweltbehörde und die Beendigung der Klimaprogramme. »Ökologisches Mittelalter« – so nennt Noam Chomsky diese Politik.
Weitere Trump-Facetten sind die zunehmende Privatisierung der Schulen und eine aggressive unmenschliche Politik gegenüber illegalen Mitbewohnern. Elf Millionen Menschen leben in den USA jetzt in tagtäglicher Angst, verfolgt und ausgewiesen zu werden. Den innenpolitischen Repressionsapparat will der US-Präsident ausbauen lassen. Die Liste unsozialer und undemokratischer Maßnahmen ließe sich fortsetzen.
Ideologisch abgesichert wird diese Politik durch eine Ausweitung rechtsradikaler Propaganda der Fernseh- und Rundfunksender sowie über Internetkanäle, die von Fox News bis Breitbart dieser rechtsradikalen Wende der USA traditionell (Tea-Party-Bewegung, Gebrüder Koch) und aktuell verbunden sind. Sie ist weitgehend unabhängig von der Person des Präsidenten. Dieser verstärkt sie deutlich durch seine faktenfreie »Twitterpolitik«, durch seinen Rassismus und Sexismus, seinen Hass auf Minderheiten und sein widerliches egomanes Verhalten eines aggressiven »Businessman« – sekundiert von den Regierungsmitgliedern.
Eine reaktionäre Giftbrühe, die ein neues Klima in den USA prägt und Teile der Gesellschaft (Polizei, Apparat des sogenannten Heimatschutzes bis hin zum Ku-Klux-Klan) zu eigenständigem kriminellen, aber ungestraften Verhalten geradezu ermuntert.
Dem gegenüber steht eine unfähige Opposition, die ihre Niederlage immer noch nicht überwunden hat und glaubt, durch eine Anti-Russland Kampagne, die Regierung attackieren zu müssen und schwächen zu können. Sie befeuert damit eine sowieso schon vorhandene Hysterie (von Republikanern und Demokraten gemeinsam entwickelt): Überall sind »die Russen oder Putin« Schuld. Unbewiesene Behauptungen über angebliche Wahlunterstützungen und notwendige Gespräche mit Diplomaten werden im schlimmsten McCarthy-Stil der 1950er Jahre genutzt, um ein ablehnendes Klima gegenüber kritischem Denken zu fördern – dem innenpolitischen Feindbild. Republikaner und Demokraten sind sich da fast einig. Der Präsident – falls er jemals wirklich vorgehabt haben sollte, eine andere Politik gegenüber Russland zu entwickeln – folgt ihnen durch eigene anti-russische Aussagen: Russland ist der Feind, die Okkupation der Krim muss beendet werden, neues freundschaftliches Verhältnis zur Regierung der Ukraine, Fortsetzung der aggressiven NATO-Politik an der Grenze zu Russland). Eine Eine Twitter-Nachricht von Trump als Beleg (7.3.2017): »For eight years Russia ›ran over‹ President Obama, got stronger and stronger, picked up Crimea and added missiles. Weak!« Der Glaube einiger Linker, Trump versuche eine Verständigung mit Russland, sollte einer realistischen Positionierung gegen seine aggressive und unmenschliche Politik weichen!
Die Demokratische Partei ist trotz größerer innenpolitischer Liberalität (neoliberaler Individualismus) und tendenziell ökologischerer Haltung keine Alternative. Die Trump-Regierung, die Republikaner und die Demokratische Partei sind – bei allen partiellen politischen, sozialen und ideologischen Differenzen – Teil der politisch herrschenden Klasse. Sie eint das Profitinteresse der Wallstreet (selten gab es so viele Minister, die direkt von Goldman und Sachs und damit auch von Soros kamen, wie in dieser Regierung) und die Verteidigung der globalen Dominanz der USA. Das »eine Prozent« regiert weiter, allerdings in einer bisher so nicht gekannten aggressiven, reaktionären Art und Weise.
Deswegen heißt die Frage auch nicht Trump oder Clinton (wie immer die oder der neue Clinton heißen mag), sondern: Gibt es eine Alternative?
Diese ist in den beeindruckenden Protestbewegungen der letzten Wochen – bis zu fünf Millionen Menschen waren nicht nur einmal auf den Straßen – erst in Ansätzen erkennbar. Es gibt ein moralisches Aufbäumen in der Gesellschaft. Doch Fragen wie Militarismus und Rüstungskürzung spielen bisher kaum eine Rolle. Auch gesellschaftspolitische Alternativen und ein dazugehöriges Programm sind kaum sichtbar. Erkennbar ist wohl aber das intensive Nachdenken über neue Wege jenseits des Zwei-Parteien-Systems oder über eine grundveränderte Demokratische Partei (à la Sanders) in Verbindung mit einer starken außerparlamentarischen Bewegung. Korrekturen reichen nicht. Diese Erkenntnis wächst. Ein Zeichen der Hoffnung.