Oswald Metzger, verdienter Marktwirtschaftler. – Nun sind Sie in der CDU gelandet, dort wollen Sie »die marktwirtschaftlichen Wurzeln der Partei beflügeln«. Von Ihrer Bildersprache mal abgesehen – es kann sein, daß nicht alle Unionsparteigänger Ihre Attacken gegen jede »sozialpolitische Volksbeglückungspolitik« als Werbevorteil empfinden; sicher ist Ihnen eine Bundestagskandidatur also nicht. Und ein erneuter Parteiwechsel, diesmal zur FDP, wäre doch etwas zu wendig. Aber wir sind uns sicher: Ob Ihrer Verdienste um die neoliberale Therapie der Grünen wird man Sie notfalls mit einem Platz bei einer unternehmerischen Politagentur versorgen. Irgendeine Schummel-Schmuddel-Ecke – vielleicht bei der Bertelsmann-Stiftung – wird sich finden.
Franziska Drohsel, vielleicht etwas zu hastig. – Als Vorsitzende der Jungsozialisten müssen Sie beim Lauf ins Establishment der SPD aufs Tempo achten; zu rasch dürfen Sie sich von Unzufriedenen an der Basis nicht entfernen, sonst geht’s schief. Von der Frankfurter Rundschau nach Ihrem Verhältnis zur Friedensbewegung befragt, haben Sie »Kritik an Militäreinsätzen« für legitim erklärt, aber den friedensbewegten Kritikern »antisemitische und antiamerikanische Anklänge« vorgeworfen. Als argumentative Schützenhilfe wird das selbst Peter Struck zu billig sein. Sie sollten in aller Ruhe überlegen, wie Sie auch dem letzten zweifelnden Juso die Bundeswehr am Hindukusch zur Herzenssache machen können.
Norbert Lammert, Demokratietheoretiker. – Als christdemokratischer Bundestagspräsident können Sie öffentliche Aufmerksamkeit beanspruchen, die Sie mit folgender Aussage in hohem Maße verdient haben: PolitikerInnen, so haben Sie im Deutschlandfunk gesagt, müßten mehr Bereitschaft entwickeln, »unpopuläre Entscheidungen zu treffen«. Als vorbildliche historische Beispiele dafür nannten Sie die »Wiedereinrichtung der Bundeswehr« (eine seltsame Begrifflichkeit!) in den 1950er und das Ja zum NATO-Doppelbeschluß in den 1980er Jahren; mit genau diesen Entscheidungen der politischen Klasse sei »die Mehrheit der Bevölkerung überhaupt nicht einverstanden« gewesen. Das ist eine innovative Deutung des grundgesetzlichen Satzes »Alle Gewalt geht vom Volke aus«: Wenn die Gewalt erst einmal Ausgang hat, soll das Volk ruhig wollen, was es will, zu entscheiden hat es nichts.
Jürgen Trittin, Politikgymnastiker. – Die Berliner Zeitung wollte von Ihnen als dem designierten halben Spitzenkandidaten der Grünen bei der nächsten Bundestagswahl wissen, ob Ihre Partei eine Koalitionsaussage treffen werde. »Nein«, war Ihre Auskunft, »wir werden in den Wahlkampf gehen mit einer klaren Ansage, für was wir stehen.« Nach der Wahl, das leuchtet ein, dürfen die Grünen Beweglichkeit zeigen. Dann müssen sie wissen, wohin es sich am angenehmsten umfällt.
Hildegard G., Ossietzky-Leserin, Hannover. – Sie finden in Volker Bräutigams Artikel »Krawall in Tibet« (Heft 6/08) die Tatsachen verdreht. Tatsächlich hat der Autor den verdrehten Darstellungen widersprochen, mit denen uns die Konzernmedien bedrängen. Wir sehen uns angesichts des – inzwischen von der Staatsgewalt unterbundenen – Pogroms an Chinesen in Tibet nicht verpflichtet, tibetische Fahnen zu schwenken, die jetzt massenweise verbreitet werden.