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Titel0709

Antworten

Hubertus Schmoldt, offenbar angstgeplagt – Beim Krisenkongreß des DGB im Mai wollen Sie, wie wir der Frankfurter Allgemeinen entnehmen, nicht als Redner auftreten, weil dort vom Kapitalismus die Rede sein wird. Und Sie seien doch ein Verfechter der »Sozialen Marktwirtschaft«. Wir vermuten bei Ihnen einen Gott-sei-bei-uns-Effekt: Vielleicht gibt es den Teufel ja doch, aber dann treibt er‘s weniger schlimm, wenn man ihn nicht beim Namen nennt.

Gesine Schwan, über den Wassern schwebend. – Im SPD-Magazin vorwärts beklagen Sie den »Wärmeverlust« in unserer Gesellschaft, die Ursachen dafür seien die »Ökonomisierung aller Lebensbereiche und der überall präsente Wettbewerbsdruck«. Sie sind Philosophin, da mag Ihnen entgangen sein, daß die Partei, auf deren Wunsch hin Sie Bundespräsidentin werden wollen, sich jahrelang dafür eingesetzt hat, die Gesellschaft »marktkompatibel« zu machen.

Franz Müntefering, zweideutig. –
Über den Kanzler vor der Kanzlerin haben Sie in Bild geurteilt: »Ich wünschte, er wäre es noch, gerade jetzt in Zeiten der Krise.« Wie das? War es nicht Gerhard Schröder, der als Regierungschef die Bundesrepublik für den spekulativen Finanzmarkt geöffnet und so den hiesigen Boden für die Kriseneffekte bereitet hat? Ein Brandstifter als Feuerwehrkommandeur? Eher wohl ein bißchen Hinterhältigkeit Ihrerseits – in dem Sinne: Was er eingebrockt hat, der Gerd, sollte er eigentlich auch auslöffeln.

Markus Söder, für bayerische Gesundheit zuständig. – Verständlicherweise wollen Sie Ihrem Ministerpräsidenten das Feld der großen Politikdeutung nicht überlassen, und so wettern Sie gegen die »gigantische Umverteilung von West nach Ost« gewettert. Falls Sie dabei das vereinigte Deutschland im Blick haben: Da verwechseln Sie die Himmelsrichtungen. Das Volksvermögen des östlichen deutschen Staates eigneten sich nach dessen Untergang größtenteils Westdeutsche an – nicht die Westdeutschen, sondern eine Minorität derselben. Würden Sie das hinausposaunen, wäre allerdings seelisches Wohlbefinden bei der Masse der braven Soli-Zahler im Freistaat gefährdet.
Horst Köhler, um Wiederwahl nachsuchend. – Mangel an Sensibilität kann man Ihnen nicht vorwerfen; in Ihrer »Berliner Rede« fehlte es nicht an zeitgemäßen Botschaften: Der »kurzfristigen Maximierung der Rendite« seien Banken nachgelaufen, »Freiheit ohne Verantwortung« habe sich im Finanzmarkt ausgebreitet, nun müsse wieder beachtet werden, daß »Eigentum verpflichtet«. In der allgemeinen Sympathie für solche Einsichten des Staatsoberhauptes sind zwei Ihrer Sätze unbeachtet geblieben, die Nachdenklichkeit verdienen: »Ein Band zwischen Oben und Unten« müsse der Gesellschaft »Halt« geben, sagten Sie. Und: »Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt.« In Ihrer Rede stehen diese Aussagen getrennt voneinander, fügen sich jedoch zusammen: Wie wir sehen Sie in unserer Gesellschaft »Oben« und »Unten« – aber wie kommt das »Band« zwischen beiden zustande? Durch Einsicht derjenigen, die sich »unten« befinden. Auch sie haben es mit ihren materiellen Ansprüchen übertrieben. Und weil sie weitaus zahlreicher sind als die da »oben«, so läßt sich schlußfolgern, liegt es an ihnen, der wirtschaftlichen Misere abzuhelfen. Durch Bescheidenheit.

Armin Nolzen, Historiker. – »Es gibt noch keine einzige Gesamtdarstellung zur Geschichte der NSDAP nach 1933«, sagten Sie dieser Tage im Deutschlandradio. Falsch. Soeben ist im PapyRossa Verlag die »Geschichte der NSDAP 1920–1945« der beiden Ossietzky-Mitarbeiter Kurt Pätzold und Manfred Weissbecker erschienen, die in der Tat eine Lücke füllt.