Marieluise Beck, Veteranin. – Dreißig Jahre ist es her, daß Sie mit der ersten grünen Fraktion in den Bundestag einzogen, und mit kleinen Unterbrechungen sind Sie darin geblieben. In einigen angesehenen Zeitungen sind jetzt Ihre Erinnerungen veröffentlicht worden, an den Eintritt der Grünen ins parlamentarische Geschäft. »Erwachsen« sei die Partei geworden, meinen Sie, und »trotz aller Irrungen und Wirrungen« könne sie eine »famose Bilanz« vorweisen. Längst vergessen seien so konfuse Ideen wie die an Rotation bei den Mandaten. Auch andere grün-pubertäre Einfälle hätten Sie da erwähnen können, den etwa, daß deutsches Militär keine kriegerischen Exkursionen in alle Welt unternehmen solle. Die Zeit wollte von Ihnen wissen, ob die grüne Mission nicht durch Erfolg überflüssig geworden sei, etwa in Sachen Feminismus – das sehen Sie nicht so, denn: »Solange selbst gutwillige Männer und Söhne ein Waschmittel nicht von einem Kloputzmittel unterscheiden können, haben wir Frauen noch viel Arbeit vor uns.« Mag ja sein, aber solche Fähigkeiten zur Unterscheidung bei Reinigungsprodukten bedürfen doch nicht unbedingt der Nachhilfe durch SitzinhaberInnen im Deutschen Bundestag.
Philipp Rösler, Vorsitzender der FDP. – Es gibt gute Gründe für ein Verbot der neofaschistischen NPD, aber auch gute Gründe dagegen. Trügerisch ist jedenfalls die Hoffnung, mit dem angestrebten Urteil des Bundesverfassungsgerichts würden die Gefahren von rechts ausgeschaltet. Sie aber haben Ihr Nein zu einem Verbotsverfahren mit dem Argument begründet, Dummheit könne man nicht verbieten – als wäre Faschismus ein Dumme-Jungen-Streich. So tragen Sie zur Verharmlosung des Faschismus bei. Wie gefährlich das ist, lehrt die Geschichte der Weimarer Republik. Damals war es im Bildungsbürgertum üblich, sich über die Primitivität der Nazis zu mokieren. Man glaubte, sie nicht ernst nehmen, sich also gar nicht mit ihnen auseinandersetzen zu müssen. Carl von Ossietzky war anderer Meinung. Er erkannte schon 1921, welche Kräfte sich hinter Hitler sammelten, wem die Nazis Nutzen versprachen beziehungsweise wer sich von ihnen Nutzen versprach. Wir wissen heute, auch wenn die vorherrschende Geschichtspublizistik es vernebelt, daß es vor allem führende Männer des Großkapitals waren, die Hitler an die Regierung brachten, weil er sich erbot, sozialistische Parteien und Gewerkschaften auszuschalten, Streiks zu unterdrücken, für Deutschland die Hauptrolle in Europa zu beanspruchen, die Aufrüstung zu forcieren, Kriege vorzubereiten, neue Absatzmärkte und Rohstoff-Ressourcen zu erobern. Haben sich die Interessen des Großkapitals seit damals wesentlich geändert? Oder vielleicht nicht? Wie stehen Sie dazu? Die damaligen Vorgängerparteien der heutigen schwarz-gelben Koalition fanden sich sogar noch 1933, als Ossietzky schon eingekerkert war, bereit, Hitler zur Ausführung seines Programms zu ermächtigen, und kamen sich dabei sehr klug vor. Später beriefen sie sich auf Ahnungslosigkeit. Das ist heute nicht mehr möglich. So dumm wie Theodor Heuss und Konsorten können Sie sich nicht mehr stellen.