taz-Redaktion, zuverlässig. – Ihr Moskaukorrespondent Klaus-Helge Donath macht sich noch einmal Gedanken über den Mord an Boris Nemzow, lang und breit. Den Platz für diesen Beitrag hätten Sie minimieren können; ein Satz daraus hätte genügt: »Für die Verrohung Rußlands trägt Wladimir Putin die Verantwortung.« Außerdem: Selbst diese Botschaft war bei einem Großteil der LeserInnen Ihrer Zeitung doch überflüssig; wer sonst hätte denn der Bösewicht sein können?
Martin Sabrow, Potsdamer Historiker. – Ohne KPD, deren Abgeordnete verhaftet oder auf der Flucht waren, und auch ohne SPD fand am 21. März 1933 die Eröffnung des neugewählten Reichstags nicht im Berliner Parlaments-gebäude, das Ende Februar ausgebrannt worden war, sondern in der Potsdamer Garnisonkirche über preußischen Königsgräbern mit vielen Uniformen, Talaren und Hakenkreuzfahnen statt, von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels wirkungsvoll inszeniert. Heutige Historiker sähen das Ereignis »allerdings differenzierter«, berichteten jüngst die Potsdamer Neuesten Nachrichten und bedienten sich damit einer Formulierung, die zum festen Bestand revisionistischer Geschichtsschreibung gehört. Das Blatt bezog sich auf Sie, den gleichsam zuständigen Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF): »Sabrow meint, die Rolle der deutschen Bevölkerung habe den ›Tag von Potsdam‹ mehr geprägt« als Goebbels‘ Propaganda. Längst, so zitierte Sie die Zeitung, »ist der totalitäre Verführer Hitler in einen Interpretationsrahmen gestellt worden, der seine Macht und seine zunehmende Handlungsradikalität entscheidend auf die messianische Führersehnsucht in der deutschen Gesellschaft und ihre Bereitschaft zurückführt, dem Führer entgegenzuarbeiten«. Denn aus elitärer Potsdamer Sicht sind es zwar einzelne große Männer, die Geschichte machen; aber wenn die Geschichte dann übel ausgegangen ist, muß es daran liegen, daß sich die Massen mit ihrer Sehnsucht und Begeisterung in die Politik eingemischt haben.
Peruanische Abgeordnete, Inlandsspionage abstrafend. – Sie haben Ende März der Regierungschefin ihres Landes mehrheitlich das Vertrauen entzogen, weil sie in Ihren Augen die staatliche Spionagepraxis gegen Abgeordnete, Journalisten und andere Bürger zu verantworten hatte. Trotz politischer Unterschiede zwischen unseren Ländern: Eine Regierungschefin, die staatliche Schnüffelpraxis gegen eigene Bürger billigt, das kommt uns bekannt vor – nur die mehrheitlich dagegen einschreitenden Abgeordneten bislang noch nicht.