Omina sunt aliquid.
An Vorbedeutungen ist was dran.
Ovid
Ein Bekannter erzählte mir: »Mitte August 1939 kam mein Vater viel später als gewohnt von der Arbeit nach Hause. Er habe noch etwas Wichtiges erledigen müssen, und zwar nicht in seiner Stammkneipe, sondern in einem gewissen Büro. Dort gab man ihm ein in dickes Papier eingeschlagenes Päckchen. Nach dem Abendessen, es gab irgend etwas mit Tomaten, mein Vater war ein Tomaten-Fanatiker, riß er das Päckchen auf und erklärte: Ich muß noch mal nachzählen. Das sind Lebensmittel-Karten. Wenn es so weit ist, muß ich die verteilen. Er hatte eine Liste mit Namen und Adressen, und ich half ihm beim Nachzählen; es fehlte keine von den Lebensmittel-Karten. Wann ist es denn so weit? fragte ich. Das kann nicht mehr lange dauern, sagte er. Am 1. September 1939 ließ Hitler seine Armee in Polen einmarschieren. Der Zweite Weltkrieg fing an. Daß ein Krieg anfangen würde, hatte ich schon vorher gewußt, als wir die Lebensmittel-Karten nachzählten. Was ein Krieg wirklich ist, erfuhr ich später. Und ziemlich genau. Die Lebensmittel-Karten reichten für alle Leute in den Listen. Die Lebensmittel reichten nicht lange. Meinem Freund konnte es egal sein. Was von ihm übrig war, befand sich schon kurze Zeit später in einem Massengrab in Polen.«
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Neulich meldete die Presse, daß demnächst eine Art von Volkszählung stattfinden wird, die aber nicht Volkszählung heißt, sondern ganz anders, damit nicht jeder weiß, worum es sich eigentlich handelt. Ausgewählte Bürger, um nicht zu sagen: auserwählte Experten, werden Ihre und unsere Wohnung betreten und ausgeklügelte Fragebogen in der Hand halten, um sie mit Ihren und anderen Antworten zur Person und den Personen vollzuschreiben. Der Staat will offenbar wissen, ob er sich auf Sie und auf unsereinen verlassen kann, wenn er mit seinen Getreuen und Verbündeten den nächsten großen Coup startet. Wir alle sind gesetzlich verpflichtet, die Agenten in unsere Stube oder Wohnküche einzulassen und ihre Fragebögen zu respektieren. Nur aus diesen kann die Obrigkeit erfahren, wie sicher sie sich fühlen darf. Denkt sie vielleicht. Sie glaubt ihrem Sicherheitsdienst. Dem haben andere Obrigkeiten auch schon mal geglaubt.