Wolfgang Schäuble, Geschichtspädagoge. – Obwohl Sie mit der Verwaltung der Staatskasse doch reichlich zu tun haben, sind Sie Schülern zur Hilfe gekommen, den weltpolitischen Gang der Dinge zu verstehen, von der Ukraine-Krise ausgehend. Der russische Präsident hat, das wissen die jungen Leute ja schon aus unseren Medien, bösartigerweise die Krim an sich gerissen. Und dreist behauptet, das sei im Interesse der dort lebenden Russen geschehen. Diesen Vorgang gilt es nun in einen größeren Zusammenhang zu stellen, den Sie so beschrieben haben: »Das kennen wir alles aus der Geschichte. Mit solchen Methoden hat der Hitler das Sudetenland übernommen und vieles andere mehr.« Ihre Kanzlerin war nicht begeistert von dieser Formulierung, und so hat ein Sprecher Ihres Ministeriums nachgeschoben: Einen »Vergleich« (des derzeitigen russischen Präsidenten mit dem einstigen deutschen Führer) hätten Sie damit nicht gezogen. Nun könnten ja Schülerinnen und Schüler, wenn sie Pisa zum Trotz historisch nicht ganz uninteressiert sind, über Ihr »anderes mehr« nachsinnen – lebten denn, als das Hitlersche Militär seinerzeit zum Beispiel die Krim besetzte, massenhaft Deutsche dort? Und wieso mußte die Wehrmacht dort so heftig bombardieren? Marschierten die deutschen Armeen in die russischen Weiten ein, bis vor Leningrad und Moskau, weil dort überall Volksgenossen angesiedelt waren? Und weshalb sollte die jüdische Bevölkerung diese »Übernahmen« nicht überleben? Da wird es gedanklich schwierig, es müßte zwischen der deutschen Politik damals und der russischen heute ein Vergleich vorgenommen werden. Aber den haben Sie dem Publikum ja erspart; es kann sich die Sache einfach machen und meinen: In Moskau residiert jetzt so eine Art Hitler, Putin ist der Name.
Ralf Fücks, grüner Vordenker. – In der Ukraine haben Sie eine Frontbesichtigung vorgenommen und dann Ihrem Publikum die Gefechtslage erklärt: Putin hat einen Plan A, die Einverleibung der Ukraine in die Eurasische Union. Und ergänzend einen Plan B, »ein Krim-Szenario für die Südostukraine, militärische Intervention, die Truppen dafür stehen schon bereit«. Deshalb muß der Westen »nachhaltige Sanktionen« gegen den russischen Herrscher einsetzen, »Präsenz der EU in der Ostukraine« ist notwendig, außerdem eine ukrainische Energiewende, hin zum Wind, damit das Land nicht mehr auf russisches Gas angewiesen ist. Von raumgreifenden geopolitischen Plänen der EU und der USA, die Ukraine betreffend, und von militärischen Ambitionen der NATO berichten Sie nichts. Die gibt es, wenn man Ihrer Expertise folgt, gar nicht. Der Aggressor sitzt immer in Moskau, das wußten sie schon, als Sie einst Botschaften aus Tirana folgten. Jetzt sind Sie Chef der Heinrich-Böll-Stiftung. Die braucht offensichtlich einen neuen Namensgeber, wir können Ihnen gern Vorschläge dafür machen.