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Titel916

Reise in den Iran (I)  (Manfred Uesseler)

Es war das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass ich den Iran besuchte. Zwei Gründe gab es dafür: die gesellschaftspolitische Situation und die Kulturschätze des Landes.


Meine zweite Reise fand kurz nach der Parlamentswahl statt. Die Wahl Ende Februar hatte im Lande selbst, aber auch international beträchtliche Reaktionen hervorgerufen. Die Bevölkerung des lange Zeit isolierten Landes hofft auf spürbare Verbesserungen nach der Aufhebung der wirtschaftlichen Blockaden durch die USA und die EU im Januar – sie hofft auf wirtschaftlichen Aufschwung und Erleichterungen im Alltag. In der Hauptstadt Teheran haben die Reformer, das heißt diejenigen, die für eine wirtschaftlich, aber auch politisch offenere Gesellschaft eintreten, alle 30 Parlamentssitze gewonnen und – was in dem klerikal dominierten Staat eigentlich noch wichtiger ist – 15 Sitze der Teheran insgesamt zustehenden 16 Sitze für den Expertenrat erobern können. Das bedeutet zumindest Einflussmöglichkeiten auf den Wächterrat und damit auf die Politik des immer noch übermächtigen Mullah-Systems.


Die Gespräche, die ich mit Iranern aus unterschiedlichen Schichten auf Deutsch und Englisch führen konnte, spiegelten – gelegentlich noch verhalten, jedoch insgesamt ganz deutlich – eine wachsende Zuversicht wider. Die Bevölkerung hofft auf wichtige Verbesserungen, unter anderem die Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Die Jugendlichen nehmen »neue Freiheiten« für sich deutlich wahr und in Anspruch, provozieren ihr Umfeld auch gern mal mit einer lockeren Kleiderordnung, auch wenn in privaten Gesprächen häufig noch eine gelernte Gläubigkeit und eingeübte Systemtreue gezeigt wird. Die Arbeitslosigkeit, die unter den Jugendlichen – gleich ob Facharbeitern oder Hochschulabsolventen – groß ist (offiziell 25 Prozent), ist einerseits erdrückend, beschleunigt aber andererseits auch den Drang zur raschen Öffnung. Präsident Hassan Rohani setzt auf Beruhigung und Versöhnung in der iranischen Gesellschaft, verspricht viele Neuerungen und baut international auf Beseitigung der Spannungen. Die wirtschaftliche Entwicklung soll vor allem durch Steigerung der Ölexporte (trotz der derzeit niedrigen Weltmarktpreise) und Kooperationsbeziehungen weiter vorankommen. Der Ausbau des Fremdenverkehrs (seit Jahren am Boden) spielt dabei eine große Rolle. Nicht nur in Teheran selbst, sondern besonders in den Zentren des Tourismus, zum Beispiel Persepolis, Isfahan, Schiras und Yazd, wird das deutlich. Die Hotels sind zum Teil schon ausgebucht, und die reichen Kulturschätze des Landes finden bei Besuchern aus der ganzen Welt wieder große Beachtung.