erstellt mit easyCMS
Titel918

Monatsrückblick: Draußen brummt’s  (Jane Zahn)

Frohe Nachrichten für die Bürger: Es gibt weniger Kriminalität, weniger Einbrüche und Taschendiebstähle! Im letzten Jahr zehn Prozent weniger, der geringste Stand seit Eroberung der DDR! Da kann man doch wieder unbesorgt nach draußen gehen! Ist selbstverständlich alles gelogen, sagt die AfD, denn die lebt von der Verunsicherung und traut keiner Statistik, die sie nicht selbst gefälscht hat.

 

Aber es gibt ja noch mehr frohe Nachrichten: Nordkorea will keine Atombombentests mehr durchführen, jetzt, wo sie wissen, wie es geht. Und Nord- und Südkorea beenden ihre Sprachlosigkeit und verhandeln miteinander – zum Glück nicht wie Macron nach einem Raketenschlag, sondern vorher (was sicher etwas damit zu tun hat, dass Syrien im Gegensatz zu Nordkorea nicht über Atomwaffen verfügt).

 

Und noch eine gute Nachricht, nicht für alle: Die Ostern bekanntgegebene Auferstehung von Herrn Skripal, nachdem auch seine Tochter schon genesen war, ist eine schlechte Nachricht für alle, die einen russischen Giftanschlag auf ihn konstruiert haben. Militärisch genutztes Nervengift ist nicht dafür bekannt, die Opfer am Leben zu lassen. Und was passiert? Der Fall verschwindet aus der Medienaufmerksamkeit, und dafür wird ein Giftgaseinsatz in Syrien gemeldet, der – was auch sonst – von Assad befohlen worden sei. Immerhin, im ZDF wird von »unbewiesenen« Vorwürfen gesprochen und einem »angeblichen« Giftgasanschlag (»heute-journal« vom 11. April). Ein bisschen vorsichtiger ist man dort geworden. Für Angela Merkel aber »besteht kaum ein Zweifel« an der Darstellung der USA – sie will aber Donald Trump nicht in einen Krieg folgen, den dieser der syrischen Regierung und Russland androht, per Twitter. Die Form ist kreativ, der Inhalt sattsam bekannt. Diplomaten schaudert es, aber Diplomatie gehört nicht zu den herausragenden Fähigkeiten der jetzigen US-Regierung. Bomben werfen schon. Bomben auf eine angebliche Giftgas-Fabrik und ein angebliches Giftgas-Lager! Ohne UN-Mandat, ohne jeglichen Nachweis, einfach mal so. Zusammen mit England und Frankreich wollte Trump es dem syrischen Präsidenten und dessen Verbündetem, Putin, mal richtig zeigen! Es zeigte vor allem eins: Die Gebäude sind jetzt noch platter als die Story um den Giftgaseinsatz. Welche menschenverachtenden Schwachköpfe würden eine Giftgasfabrik bombardieren und damit das Gas freisetzen? Das danach offenbar völlig spurlos verschwindet? Und erst dann dazu aufrufen, zu verhandeln? Richtig, die Regierenden der USA, Großbritanniens und Frankreichs. Und die Journalisten klatschen Beifall und schelten die deutsche Regierung dafür, nicht mitgemacht zu haben. Verdammt, ich bin froh, dass Frau Merkel regiert und nicht ein treuer Gefolgsmann Trumps.

 

Und dass es in der BRD noch Richter gibt, die nach Recht und Gesetz urteilen und nicht nach politischer Lage. Carles Puigdemont, arbeitsloser Ex-Präsident des nicht existierenden Staates Katalonien, wird in Deutschland auf der Durchreise verhaftet, dann aber gegen Kaution entlassen, da der Haftgrund »Rebellion«, aufgrund dessen die spanische Regierung die Auslieferung beantragt hat, in Deutschland nicht existiert. Es kann ihm nur Veruntreuung vorgeworfen werden, und das auch nur, wenn man die Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens für nicht demokratisch legitimiert hält. »Europäische Justiz versorgt Putschisten mit Sauerstoff« titelt dazu die spanische ABC am 6. April (zitiert nach jW, 7./8.4.18). Das ist keine Neuigkeit. Das politische Europa versorgt schon lange überall auf der Welt Putschisten mit mehr als Sauerstoff, aber bis jetzt noch nicht in EU-Ländern. Während die Justiz sich bei wirklichen Putschisten merklich zurückgehalten hat und -hält (Pinochet, Videla, Poroschenko ...).

 

Derweil brummt es draußen – noch. Denn wie Bundesumweltministerin Svenja Schulze in Bild am 3. April sagte: »Bienen sind systemrelevant. Wir müssen dafür sorgen, dass es draußen weiter brummt.« Drinnen brummt es noch nicht so, aber immerhin ist sich die Regierung in ihrer Klausursitzung auf Schloss Meseberg nicht gegenseitig an die Gurgel gegangen. Das ist allerdings auch das Positivste, was man über sie sagen kann. Aber auch das ist nicht für alle eine frohe Nachricht.