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Titel2016

Bemerkungen

Neue Chance

Nachdem der Antrag Mumia Abu-Jamals auf angemessene Behandlung tausender an Hepatitis C erkrankter Gefangener im US-Bundesstaat Pennsylvania – zu denen er selber gehört – abgelehnt worden ist (s. Ossietzky 3/2016), bietet sich für den afroamerikanischen Journalisten und Autor jetzt möglicherweise erstmals die Chance eines neuen juristischen Verfahrens, in dem sein Fall neu aufgerollt werden könnte. 1982 wurde Abu-Jamal wegen angeblichen Polizistenmords zum Tode verurteilt. Auf Grund verfassungswidriger Verfahrensfehler und nie ausgeräumter Zweifel an seiner Schuld wurde das Urteil aber nicht vollstreckt. 2011 wurde die Todesstrafe in lebenslange Haft ohne Berufungsmöglichkeit umgewandelt. Im Sommer 2016 fällte das Oberste Bundesgericht der Vereinigten Staaten ein Urteil, wonach Richter nicht über Fälle entscheiden dürfen, bei denen sie in vorangegangenen Verfahren in niedrigeren Instanzen mitgewirkt haben. Besagtes Urteil wurde gegen den ehemaligen Bezirksstaatsanwalt Ronald Castille ausgesprochen, der später, als Oberster Richter vom Obersten Gericht Pennsylvanias viele Berufungsanträge von zum Tode Verurteilten ablehnte, darunter auch die von Abu-Jamal gestellten Anträge.

 

Der folgende Link führt zum aktuellen Antrag Mumia Abu-Jamals für die nun mögliche Neuaufnahme seines Verfahrens: www.prisonradio.org/sites/default/files/letters/pdf/PCRA%20Aug.%207.pdf

 

In Anbetracht der durch die lange Haft verursachten schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Gefangenen sollte die internationale Solidaritätsbewegung sowohl den Antrag unterstützen als auch die Forderung der Familie Abu-Jamals, ihn sofort freizulassen. Auch als freier Mann würde sich Mumia Abu-Jamal einem neuen, fairen Prozess stellen. Ein solches Verfahren hätte große politische Bedeutung für den Kampf der Afroamerikaner um ihre vollen Bürger- und Menschenrechte.      

   Sabine Kebir

 

 

Unsere Zustände

Alles ist schon einmal da gewesen. Und trotzdem benehmen sich welche so, als wären sie einmalig.

*

Ein Reicher kann sich am Tag zurücklehnen und zusehen, wie das Geld für ihn arbeitet. Ein Armer hat gar keine Zeit, sich zurückzulehnen, weil er für Geld arbeiten muss.

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Es scheint ein ewiges Gebrechen der Menschheit zu sein: Einige wenige richten das Unheil an, und die große Masse führt es aus.

Wolfgang Eckert

 

 

Der Ball ist unrund

Dialog zwischen einem Zeitungskäufer und einem Kioskbetreiber an dem Tag, an dem die Bild-Zeitung mit dem Aufmacher erschien »Geldwäsche-Verdacht. Razzia bei Franz Beckenbauer« und auch die Qualitätsmedien nichts Aufregenderes auf Seite 1 zu berichten hatten.

 

Zeitungskäufer: »Endlich erwischt es den Kaiser.« – Kioskbetreiber: »Betrügen tun wir doch alle.« – »Ist daran denn Ihrer Meinung nach die Menschennatur schuld?« – »Nein, es ist das Kapital.« – »Sie meinen also, dass Gier und Habsucht bestimmte Verhältnissen brauchen, um sich zu entfalten?« – »Ja.« – »Kapitalistische Verhältnisse?« – »Ja, aber es gab das auch schon früher.« – »Machen Sie einen Unterschied zwischen großen und kleinen Betrügern?« – »Ich weiß nicht. Beckenbauer haben wir doch auch viel Gutes zu verdanken.« – »Er hat aber beispielsweise gesagt, dass er in Katar keine Sklavenarbeiter gesehen hat.« – »Wissen wir denn, wie viele Sklavenarbeiter es in Deutschland gibt?« – »Sie haben offenbar vom Kapitalismus auch bei uns keine gute Meinung.« – »Ja, der ist zuerst von England hergekommen, und heute kommt er aus den USA.« – »Aber er ist keine Eigenschaft der Engländer oder der Amerikaner, oder?« – »Nein.«

 

Das Gespräch brach an dieser Stelle ab, weil andere Käufer bedient werden wollten. Es zeigt auf, wie sich kritische Positionen mit »menschlichem Verständnis« für einen der Geldwäsche und des Betrugs Beschuldigten mischen, wenn er uns andererseits ein Sommermärchen beschert hat. Eine kleine Neigung zur Ethnisierung des Kapitals als angelsächsische Erfindung kommt hinzu – das mögliche Einfallstor für rechtslastiges Gedankengut. Zu vermuten ist, dass der Kioskbetreiber nicht nur für sich selbst sprach, sondern für viele, die bei ihm täglich Zeitungen und Zeitschriften kaufen.

 

Ob sie sich nun von Beckenbauer abwenden, da der Kaiser ganz nackt dasteht nach den neuesten Enthüllungen darüber, wie viel er für sein Ehrenamt als WM-Chef abgezockt hat? Zu hoffen wäre es.

Reiner Diederich

 

 

Live aus dem Exil

Am Abend des Herbstanfangs war in der Berliner Volksbühne Edward Snowden zu erleben – live per Direkt-Video aus Moskau. Das Publikum, junge Leute zumeist, kaum einer über dreißig, folgte klug-aufmerksam den geschliffenen Ausführungen des weltberühmten Amerikaners. Zwölf Euro war jedem der Eintritt wert gewesen, kein Platz im Auditorium leer geblieben.

 

Schnell erwies sich, dass Snowdens Antworten auf Jakob Augsteins Fragen durchweg begriffen wurden, seinen Formulierungen bis in die Pointen hinein gefolgt wurde. Wenn er etwas zu bereuen habe, hörte man ihn sagen, dann dass er mit seinen Enthüllungen zu lange gezögert habe. Es stimme, ursprünglich habe er Zuflucht in Deutschland gesucht, die aber sei ihm von der Kanzlerin und ihrem Innenminister verwehrt worden. Und ja, sein Anfang in Russland sei mühselig gewesen, sehr mühselig ohne Sprachkenntnisse. Zu weiteren persönlichen Fragen hielt er sich bedeckt – ob er allein lebe, ständig under surveillance sei, er frei herumreisen könne im Land … Einzig um die Sache ginge es ihm, nur um die! Er mahnte den globalen Zusammenhalt gegen die stetig wachsende Überwachung eines jeden an: Online-Einkäufe, sagte er, verraten dich, digitale Banktransaktionen verraten dich, jede Nutzung eines iPhones könnte dich verraten, das Internet birgt Gefahren, Facebook, Twitter und Yahoo ebenso. Schon jetzt sei Big Brother in der Lage, jeden von uns rund um die Uhr zu beschatten, ihm sogar Straftaten anzuhängen, die nie von ihm begangen wurden – kurzum, ein Beweisnetz zu schaffen, von dem es kein Entrinnen gibt. Selbstbewusst und bis zum Schluss fließend stellte Snowden sich den Fragen im Saal, zeigte sich als Feind aller Kriege und als Verteidiger des Weltfriedens. Befragt, was er von Hillary Clinton halte, antwortete er, alle Politiker, durchweg alle, seien an ihren Taten zu messen, nicht an ihren Worten. Der Applaus, der ihm entgegenschallte, rang ihm ein Lächeln ab. Er verbeugte sich verhalten, fühlte sich verstanden – und erkennbar war, dass ihm die Zustimmung der Berliner Auftrieb gegeben hatte.                   

Walter Kaufmann

 

»From Moscow with Love«, Edward Snowden über die Kriminalgeschichte der Demokratie, Video-Liveschaltung

 

 

Zeiten großer Verwirrung

Wir schreiben das Jahr 1973. Georges Pompidou hat Charles de Gaulle abgelöst und »in den Geheimdiensten kräftig aufgeräumt. Die alten Gaullisten wurden allesamt geschasst und durch Pompidou-Getreue ersetzt.« Auch in der Drogenpolitik gab es einen Richtungswechsel: »Vorher hieß es, sich einigen und teilen. Danach ist es der Krieg gegen die Drogen.« Das Ende der French Connection, des berüchtigten, von New York aus agierenden Drogenschmuggel-Rings ist gekommen.

 

Das Kartell der großen Ölkonzerne, die Sieben Schwestern genannt, hält das Monopol an der Förderung und dem Verkauf des Erdöls und diktiert die Preise. Dagegen steht die Front der erdölexportierenden Länder, die sich in der OPEC zusammengeschlossen haben, untereinander aber unterschiedliche Interessen verfolgen: der Iran des Schahs gegen Saudi-Arabien und die verbündeten Emirate, »das amerikanische Lager« bedrängt auch von einer neuen Generation arabischer Führer, »allesamt Nasser-Adepten«, von Saddam Hussein im Irak, Boumedienne in Algerien, Gaddafi in Libyen.

 

»Es ist eine Zeit großer Verwirrung, wie immer in Umbruchperioden«, heißt es in »Schwarzes Gold«, dem neuesten Roman der französisches Autorin Dominique Manotti (vgl. Ossietzky, Heft 24/2013). Ausgerechnet jetzt wird ihr junger und in später spielenden Romanen sehr erfolgreicher Commissaire Daquin von Paris in die Hafenstadt Marseille versetzt, die mit dem wirtschaftlichen Niedergang kämpft: Les Trente Glorieuses, die fast dreißig Jahre währende Ära wirtschaftlicher und technischer Prosperität in Frankreich, gehen zu Ende.

 

Prompt gerät Daquin in seinem ersten Fall in die (Unter-)Welt des obskuren Erdölhandels, der Geheimdienste, der Freimaurerlogen, der rivalisierenden Netzwerke von Mafia, Polizei und Politik. Spannend zu lesen und ein tolles Panorama des Jahres 1973, des Jahres der ersten und bisher folgenreichsten Öl(preis)krise vor dem Hintergrund des nach 1945 vierten arabisch-israelischen Krieges (Jom-Kippur-Krieg).

*

Zeiten großer Verwirrung herrschen auch rund 35 Jahre später, zuerst in den USA, dann weltweit, als die US-Immobilienblase platzt und die Krise mit steigender Drehzahl zu einem globalen Banken- und Finanzdesaster mutiert mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers als vorläufigem Höhepunkt.

 

»Madoffs Traum« ist in der gleichnamigen Novelle von Dominique Manotti aus dem Jahr 2014 die Vision eines jungen Mannes aus bescheidenen Verhältnissen von einer Zukunft als Halbgott im Banker-Schwarz.

 

Madoff träumt, »wie es alle Amerikaner tun«, allerdings »ein bisschen intensiver als die meisten meiner Mitbürger«, von Geld, der »ersten, unmittelbarsten Form des amerikanischen Traums«, dem »Nerv Amerikas«.

 

Er ist zwar praktisch mittellos, aber »pragmatisch, realistisch«, glaubt nicht an Märchen wie »im Schweiße seines Angesichts«, tritt jung in den Stand der Ehe: »Ich habe meinen Schwiegervater geheiratet.« Mit dessen Geld und Adressbuch gründet er mit 22 seine eigene Wertpapierfirma. Einen Zeitsprung später, als er Ende 50 ist, steht er oben auf der gesellschaftlichen Leiter, gehört »zur Bruderschaft« der Reichen, findet sich auf einer Shortlist potenzieller Präsidentschaftskandidaten. Und dann bricht die Immobilienkrise los: »Die Krise war gewaltig, tiefgreifend. Man konnte sich denken, dass sie die amerikanischen Steuerzahler sehr teuer zu stehen kommen würde, denn am Ende sind immer sie es, die zahlen.«

 

Manotti hat sich in diesem schmalen Bändchen ihre Wut vom Leibe geschrieben über die skrupellosen Praktiken der Finanzjongleure, ihren »Zorn« über das Schicksal der »Millionen Armen«, die als Krisenopfer auf die Straße gesetzt wurden. Und sie zeichnet so ein hellsichtiges Porträt vom Ursprung und Verlauf dieser Krise und ihren Folgen.

Klaus Nilius

 

Im Argument Verlag erschienen jeweils in der Übersetzung von Iris Konopik: Dominique Manotti: »Schwarzes Gold«, (Ariadne Kriminalroman), 379 Seiten, 19 €; »Madoffs Traum«, 57 Seiten, 8 €. »Das schwarze Korps«, der Roman von Manotti aus der Besatzungszeit 1944 in Paris, auch eine Geschichte der Kollaboration und des Widerstands, ist jetzt als Taschenbuch erschienen; Deutsch von A. Stephani, Ariadne Kriminalroman 1221, 288 Seiten, 13 €.

 

 

Historikertag

Forschungen zur Alten Geschichte sind immer noch dazu in der Lage, überraschende Erkenntnisse zu Tage zu fördern, das bewies Ende September der 51. Historikertag in Hamburg. So war Olympia keineswegs ein friedvoller Ort; bei den meisten Weihegaben handelte es sich um Waffen. Oder: Die Athener Bürger, so gering auch ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung war, standen nicht ahnungslos den »Demagogen« gegenüber. Viele politische Diskussionen führten sie in kleinen Ladengeschäften/Werkstätten (ergastéria) oder beim Friseur, wo sie – wie der Referent es ausdrückte – »herumhingen« (griech.: diatribeín). Die »Demagogen« wiederum waren nicht frei in ihrem Tun; sie waren potentiell von Verbannung und politischen Prozessen bedroht.

 

Mit welch diffizilen Methoden sich die Quellenbasis über den schriftlichen Bereich hinaus erweitern lässt, zeigte der Beitrag einer Historikerin, die aufgrund eines »Herakles«-Bildes mit Münzen verschiedener Küstenstädte ein bisher noch nicht bekanntes Bündnis erschließen konnte.

 

Politisch relevant sind Forschungsergebnisse der Neueren Geschichte: Über die »Internationale der Antisemiten« war bisher wenig bekannt. Diese Gruppe konnte auf Grund ihres internationalen Anspruchs nicht rassistisch agieren führte jedoch personifizierte Kampagnen durch (zum Beispiel gegen Trotzki, Rothschild, Léon Blum) und lehnte die Vernichtung der Juden nicht ab.

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Referentin Susanne Hohle (Heidelberg), dass sich Wolfgang Gedeon (AfD Baden-Württemberg) auf Ulrich Fleischhauer beruft, der in der »Internationale der Antisemiten« eine wichtige Rolle spielte.

 

Der Historikertag stand unter dem Motto »Glaubensfragen«; das bisweilen überdehnt wurde. Im Vortrag über »Die Kriegspfarrer der Wehrmacht und die Shoah an der Ostfront 1941–1945« war es jedoch angebracht. Die Frage, wie sich das Tötungsverbot der Bibel mit der Realität der Morde an der jüdischen Bevölkerung vereinbaren ließ, wurde in der Weise beantwortet, dass mit der Opferbereitschaft der Soldaten die Tötung von angeblichen Anhängern des »jüdischen Bolschewismus« gerechtfertigt wurde.

 

Als erhellend erwies sich der Vortrag, »Die Siedler von Ophir. Geschichtsmythen und Legitimationsideologie in Rhodesien (Zimbabwe)«. Christoph Marx (Duisburg-Essen) zeigte am Beispiel der Zimbabwe-Steinbauten, die in der Zeit des europäischen Mittelalters errichtet wurden, wie sich Forscher im 19./20. Jahrhundert in Absurditäten verstrickten, nur weil sie nicht zugestehen wollten, dass Schwarze derartige Monumentalbauten errichten konnten. So wurde der Mythos vom Goldland Ophir Bestandteil der Apartheid-Ideologie. Der Vortrag war ein Musterbeispiel für einen harmonischen Zusammenklang von strenger historischer Forschung und politischer Aufklärung.

 

Die Frage nach der Relevanz des Faches Geschichte warf der Vorsitzende des Verbands der Geschichtslehrer Deutschlands, Ulrich Bongertmann, auf. Er beklagte »das Verschwinden des Faches Geschichte«.

 

Angelika Schaser (Hamburg) formulierte als »Bildungsauftrag« der Geschichtswissenschaft, Vereinfachungen und Verfälschungen der Rechten entgegenzutreten. Damit stellte sich die Frage des Auftretens in der Öffentlichkeit: Das Dilemma sei, dass fachwissenschaftliche Ausführungen nicht wirksam seien, andererseits Verkürzungen, die durch Medien vorgenommen würden, fachlich nicht verantwortet werden könnten.

 

Eine Möglichkeit, Fachwissenschaft und Öffentlichkeit zueinander zu bringen, könnte die Oral History bieten, die noch auf dem Historikertag 1984 eine Kontroverse mit den Vertretern der Sozialgeschichte wie Hans-Ulrich Wehler ausgelöst hatte, heute aber etabliert ist. Ihr wurde in Hamburg zum ersten Mal eine Session gewidmet. Anke te Heesen (Humboldt-Universität zu Berlin) meint, Oral History lasse auch »die kleinen Leute« zu Wort kommen, mache »Geschichte erzählbar«.

Lothar Zieske

 

 

Glückwunsch zum Neunzigsten

In der »Galerie im Neuen Rathaus« Templin wurde am 17. September eine Ausstellung mit Arbeiten aus dem graphischen Werk von Wolfram Schubert eröffnet. Sein umfangreiches realistisches Œuvre umfasst jedoch weit mehr: Landschaften, farbenfroh-duftige Blumenstillleben, Hommagen, Arbeiten zur Literatur, eindrucksvolle Porträts …

 

Im Fläming 1926 geboren, blieb er als Achtzehnjähriger vom Kriegsdienst nicht verschont. Vier Jahre Gefangenschaft in der Sowjetunion bezeichnet er als seine Universitäten; er habe dort vieles begriffen. (Die Templiner erfüllten ihm einen Geburtstagswunsch: Auf einem Akkordeon erklangen während der Vernissage russische Volkslieder und ein Walzer von Schostakowitsch.) Ab 1950 studierte er an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Bert Heller, Horst Strempel und Kurt Robbel; später wurde er dort selbst Leiter des Fachgebiets Malerei. Im Bezirksverband Neubrandenburg des Verbandes Bildender Künstler der DDR war er bis 1988 Vorsitzender.

 

Nach 1989/90 entstanden bittere Bilder wie »Abgesang«, ein prächtiges Blumenstillleben mit einer niederlegten DDR-Fahne, und »Ach, Nike«, auf dem die Siegesgöttin ratsuchend durch sein Atelier schwebt. Wolfram Schubert hat die Welt bereist, in Museen und Sammlungen findet man seine Gemälde und Graphiken. Es ist beschämend, dass dem nun Neunzigjährigen der Ehrenpreis des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg für sein künstlerisches Lebenswerk vorenthalten wurde. Den erhielt ein siebzigjähriger abstrakter Maler. Auch die Märkische Oderzeitung hielt ihn nicht für preiswürdig.

 

Der Künstler bekräftigt jedoch, dass die Ehrungen und Glückwünsche seiner unzähligen Freunde und Weggefährten eine besondere Auszeichnung für ihn sind. Vom rüstigen Neunzigjährigen, der am 30. September seinen Geburtstag feierte, ist noch viel zu erwarten. Glück dazu!                                     

Maria Michel

 

Galerie im Neuen Rathaus, Prenzlauer Allee 7, Templin. Die Ausstellung ist noch bis zum 17. November geöffnet. Am 10. Dezember 2016 eröffnet die Galerie des Städtischen Museums Eisenhüttenstadt eine umfangreiche Retrospektive des Schaffens von Wolfram Schubert.

 

 

Schwarz, schwärzer …

Man will es einfach nicht glauben …, aber britische Naturforscher haben eine Sensation geschaffen: das schwärzeste Schwarz. Ach du Schwarzer Peter, da dachten wir immer: schwarz ist schwarz. Denkste. Rabenschwarz kannten wir ja oder als Steigerungsstufe kohlrabenschwarz. Doch dieses ultraschwarze »Vantablack«, das eigentlich keine Farbe ist, sondern eine Beschichtung mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen, ist so schwarz, dass es das ganze einfallende Licht schluckt. Damit beschichtete Objekte werden mehr oder weniger zu einem Loch in der Landschaft – und damit so gut wie unsichtbar. Da muss man höllisch aufpassen, dass einem nicht schwarz vor Augen wird.

 

Neben der Industrie und der Weltraumforschung soll die Bekleidungsindustrie bereits Interesse an diesem Super-Schwarz gezeigt haben, sicher zur Freude von Schornsteinfegern, Leichenbestattern, Oberkellnern & Co.

 

Stellt sich die Frage: Muss die Geschichte umgeschrieben werden? War das legendäre, hautenge »Kleine Schwarze« am Ende doch nur ein grauer Flicken? Oder war der »Schwarze Montag« vielleicht doch kein Börsencrash, sondern nur ein harmloser Kursverfall?

 

Schwarz, schwärzer, am schwärzesten ... und wie weiter? Stehen wir vor einer neuen Rechtschreibreform? Hilfe, da sehe ich schwarz. Offenbar kommen einige Probleme auf uns zu. Was bedeuten jetzt noch Schwarze Zahlen – sind das in Wahrheit rote Verluste? Und im Weltall die unheimlichen schwarzen Löcher – sind die am Ende nur halb so gefährlich?

 

Ist das Ganze nun Nonsens oder schwarzer Humor? Fragen über Fragen – darüber sollten wir ganz ausführlich diskutieren – am Schwarzen Brett!

Manfred Orlick