Auf ihrer Rückreise vom »Heiligen Vater« in Rom machten sie Anfang Oktober im Erzbistum München-Freising Station: zehn Bischöfe aus Ecuador mit ihrem Erzbischof Antonio Arregui an der Spitze. Sie waren aber nicht gekommen, um bei den bayrischen Parteichristen nach deren Wahldebakel päpstlichen Trost abzuliefern; sie selbst brauchten Trost, denn am gleichen Tage, am 28. September, hatte sich auch für sie etwas Schreckliches zugetragen: An diesem Tage hatten nämlich fast 70 Prozent der Wahlberechtigten ihres Landes in einem Referendum einer neuen Verfassung zugestimmt, die soziale Gerechtigkeit für die Armen des Landes herbeiführen will, zum Beispiel unentgeltliche Gesundheitsvorsorge (s. Ossietzky 20/08). Die Kirchen hatten dagegen gekämpft, wurden aber war von ihrem Gott nicht belohnt.
Der Kampf wird weitergehen. Arregui, der Anführer, weiß sich den Richtlinien des Ordens »Opus Dei« verpflichtet. Er war 1964 mit dem Auftrag nach Ecuador gekommen, auch hier ein »Werk Gottes« aufzubauen. Der Orden, 1928 von Josemaria Escrivá in Spanien gegründet, hat sich vorgenommen, den Kommunismus zu bekämpfen. Parole: »Kämpft, meine Kinder, kämpft!« Im spanischen Bürgerkrieg schloß sich Escrivá seinem Freund, dem Faschisten Franco, an und fand lange nach dem Krieg noch lobende Worte für dessen Freund Hitler, weil der »das Christentum in Spanien gerettet habe und deshalb so schlecht nicht gewesen sein könne«, wie Peter Hertel, der beste Kenner dieses Geheimbundes, berichtet.
Nach 1945 wurde der Orden eine der wichtigsten Stützen des Franco-Regimes und stellte zahlreiche Minister, die dadurch auffielen, daß sie besonders brutal gegen Arbeiter, Studenten und andere Oppositionelle vorgingen. Zugleich verbreitete sich das »Werk« weltweit und erlangte vor allem in Südamerika Einfluß. Es bekämpfte die »Befreiungstheologie« und diente dem chilenischen Faschisten Pinochet. Die »Befreiungstheologie« wurde auf Betreiben des früheren Vorsitzenden der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, von der Kirche offiziell geächtet, das »Werk Gottes« hingegen ist inzwischen der Päpste liebstes Kind geworden. Sein Gründer Escrivá, 2002 heiliggesprochen, ist damit zur Anbetung freigegeben.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, übermittelte jüngst dem Orden zum 80. Jahrestag seiner Gründung ein Gratulationsschreiben. Darin rühmte er »den Weg der Heiligkeit«, den der Orden gegangen sei, dankte »für den großen Dienst, den er für die Kirche in Deutschland geleistet« habe, und bat »um zukünftige Mitarbeit«. Das Schreiben wurde »zum Fest der hl. Schutzengel« bekannt, gerade als die ecuadorianischen Pilger in München ihre Einkehrtage hielten. Es wird sie, die Streiter des göttlichen Werkes, genauso getröstet haben wie die Zusage ihrer Münchener Brüder, ihnen für ihren Kampf auch weiterhin jährlich zwei bis drei Millionen Euro zukommen zu lassen.
Unterstützung aus Deutschland erhält auch ein anderer Gegner des Referendums und der neuen Verfassung: die Union Demócrata Christiana (UDC). Unterstützer ist die »Konrad-Adenauer-Stiftung« (KAS) mit ihrem »Auslandsbüro Ecuador«. Die KAS ist schon seit mehr als 35 Jahren in diesem Andenstaat tätig und hat als ihre »zentralen Arbeitsfelder« festgelegt: »Stärkung der demokratischen Institutionen, Ausbau des Rechtsstaates, Förderung einer leistungsfähigen und sozialen Wirtschaftsordnung«. Diese Punkte rufen geradezu nach Einmischung in Angelegenheiten des Gastlandes, wenn es sich, wie jetzt in der neuen Verfassung, nicht nach den Kapitalinteressen der USA und der EU richtet. Dann kann der Landesbeauftragte der KAS, Berthold Weig, im Hinblick auf den Präsidenten Rafael Correa schon einmal von einem »Caudillo«-Sozialismus sprechen (»Caudillo« war der amtliche Titel des spanischen Faschisten-Führers Franco; zum Schimpfwort wird er für Faschisten erst im Zusammenhang mit Sozialismus).
Obwohl die UDC inzwischen fast zur Bedeutungslosigkeit verkommen ist und im Parlament nur noch fünf von 100 Sitzen hat, setzt die KAS darauf, daß diese Partei »mittel- bis langfristig auch wieder Regierungsverantwortung übernehmen« kann. Dazu setzt sie vorerst nicht auf offene Konfrontation, sondern auf eine Strategie der »Umarmung«, wie im Juni 2007 auf einer Konferenz der KAS in Washington festlegt – bis dann wohl wieder angebliche Opfer von Menschenrechtsverletzungen vorgeführt und angeblich unterdrückte oppositionelle Medien bejammert werden, um die Staatsmacht zu destabilisieren, wie schon im Falle Venezuelas, vergeblich.