Kein Bild wird zur Illustrierung der Finanzkrise häufiger gebraucht als das vom Flächenbrand. Es steht uns gleich vor Augen, denn das Fernsehen sendet regelmäßig Filmaufnahmen, wenn im fernen Kalifornien ausgedehnte Regionen von Bränden heimgesucht werden, Wälder in Flammen stehen, Tiere vor den Flammen fliehen, Menschen um ihre Behausungen bangen. Am Boden und aus der Luft suchen dann Feuerwehrleute Flammenmeere einzudämmen und der entfesselten Naturgewalten Herr zu werden. Solche Kräfte, erfahren Leser und Hörer, würden jetzt gebraucht, um den »entfesselten Kapitalismus« zu bändigen.
Jetzt, so beruhigen uns die Medien, seien, jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, die rechten Feuerwehrleute am Werke. Seit die Mehrheit des Bundestages der Regierung auf deren Verlangen eine de-facto-Ermächtigung ausgestellt hat, Milliarden-Beträge zugunsten von Banken auszugeben, scheint alles auf dem besten, einzig gangbaren, also alternativlosen Wege zu sein. Keine Katastrophe, die in deutschen Reichen nicht auch ihren Helden hervorgebracht hätte. In der gegenwärtigen ist er inmitten der Turbulenzen schon markiert. Diesmal kein General oder Feldmarschall, sondern ein Zivilist. Am Design für ein Ehrenkreuz mit Schlauch und Spritze am Banken-und-Börsen-Bande wird sicher schon gearbeitet. Die Verleihung erfolgt, wenn des Finanzministers »dicker Hals« abgeschwollen sein wird.
Und die Bürgerinnen und Bürger? Sie sind aufgerufen, die Löscharbeiten nicht zu stören, sondern den Offizieren und Mannschaften des Feuerwehrkommandos mit ihren bescheidenen Mitteln zuzuarbeiten. Die Ansinnen und Aufträge lauten: Keine Panik! Keine Gelder in Strickstrümpfe und unter Matratzen! Keine Kaufzurückhaltung! Keine »überhöhten« Lohnforderungen! Und vor allem und wichtiger als all das: Keine Belästigung der Löschmannschaften durch Antwort heischende Fragen. Der Tag, da über dieses und jenes geredet werden müsse, werde kommen, wenn die Flammen erstickt sind und der Rauch sich verzogen hat. Wann das sein wird, läßt sich vorerst nicht sagen.
Immerhin, daß Klärungsbedarf besteht, wird von denen nicht bestritten, die von Entscheidungsbedarf sprechen müßten, aber nur vage Ideen wie Begrenzung von Managergehältern als Schutzvorrichtungen ausgeben.
Es gibt grundsätzliche Fragen, allen voran die nach den Ursachen dieser Krise, die nicht erst in diesem Jahrhundert entstanden sein können, sondern mindestens zwei Jahrzehnte in das verflossene zurückreichen. An ihrer Entwicklung hat die Wirtschaftspolitik etlicher Regierungen – in Deutschland von Schmidt und Kohl über Schröder zu Merkel – ihren Anteil. Aber wir sollten nicht immer nur über Politiker, sondern Brechts Rat folgend über das Eigentum reden, in diesem Falle über das an den Banken. Schon in dieser Phase der Krise gibt es Gewinner, durchaus nicht nur Verlierer. Aufklärung und Abhilfe werden daher schwerlich auf dem Wege einer Verständigung von »unten« und »oben« zustande kommen. Daß das, was die Regierung jetzt tut, im Interesse aller liegen könnte, ist Köhlerglaube. auch wenn die Kanzlerin mit den schönen Begriff von der »menschlichen sozialen Marktwirtschaft« vorgibt, alle gemeinsam beglücken zu können. Der »Instrumentenkasten« der Kanzlerin ist für die Reparatur von Wagen des Typs Mercedes S-Klasse ausgelegt und ungeeignet für die von Kleinwagen, Fahrrädern, Rollstühlen, Linienbussen und Pendlerzügen. Die Demokraten werden eigene Instrumente brauchen.