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Titel222013

Es lebt der kleine Unterschied  (Günter Buhlke)

Heraklit und später Hegel, Marx und andere waren überzeugt, daß die dialektischen Widersprüche in den menschlichen Gesellschaften, sprich die Unterschiede zweier Dinge, die Triebfedern für Veränderungen sind.

Gegenwärtig sorgt der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst für ausreichenden Stoff, der uns Widersprüche anzeigt. Die Handlungsspielräume von oben nach unten und umgekehrt verharren in der katholischen Kirche offensichtlich auf einem Stand, der dem mittelalterlichen Absolutismus entspricht. Die Worte Offenheit, Demokratie, Mitbestimmung stehen wohl noch auf der Bannliste des Präfekten der Glaubenskongregation (Nachfolger der heiligen Inquisition), Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Der Präfekt signalisiert einsam Rückendeckung für van Elst. Im übrigen macht van Elst nur das, was die Kirchenoberen seit Jahrhunderten praktiziert haben. Reiseführer zeigen uns in Süd- und Westeuropa sowie Lateinamerika Städte mit barocken Prachtbauten. Im österreichischen Melk entstand in Zeiten schlimmsten Elends der Bauern und Handwerker ein riesiger Klosterbau mit ungeheurer Prachtentfaltung. Die Bauernkriege hatten ihre Gründe, wie auch die Reformbewegung von Martin Luther und Thomas Müntzer. Handlungsbedarf ist weiterhin angesagt. Die Widersprüche häufen sich:
In Deutschland verfügt die barmherzige katholische Kirche jährlich über 5,188 Milliarden Euro an Steueraufkommen. Weitere Einnahmen aus ihren vielen Unternehmungen wären noch hinzuzurechnen (Berliner Zeitung, 28.9.2013). Eine erkleckliche Zahl Menschen katholischen Glaubens leben in unserem Land von »Hartz IV«-Bezügen. Wenn so ein Leidgeplagter um einige Euro sein zugestandenes Limit überschreitet, kürzen Beamte des Staates gesetzeskonform einfach die kargen Gelder.

Wir kennen nicht die jährlich verfügbaren Gelder der päpstlichen Kurie, jedoch die Zahl der Hungernden Afrikas, Asiens, Lateinamerikas. Die Welternährungsorganisation der UNO (FAO) bezifferte sie für 2012 mit 842 Millionen. Es genügt daher nicht, wenn der Papst den Leidtragenden gelegentlich die Füße wäscht. Das macht nicht satt, es schützt nicht vor den Unbilden der Natur Gottes. Achtung aber muß dem Bischof Tutu in Südafrika gezollt werden, der an seinem 92. Geburtstag Müll in einem Stadtteil einsammelte. Undenkbar für die Bischöfe in Deutschland. Aber Tutus Mühen reichen nicht für die Beseitigung des Elends. Erst, wenn die Oberen der katholischen Kirche ihr Bündnis mit den Mächtigen des Geldes und der Politik aufkündigen und deutlich die Verursacher des Elends in den Predigten benennen, werden sie die Hochachtung, nicht nur der geächteten Befreiungstheologen, erringen.

Um mit Heraklit zu enden, ist zu wünschen, daß die Dinge in der katholischen Welt zum Besseren fließen. Nicht nur die dubiosen Bargelder in der römischen Vatikanbank (IOR).