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Titel252013

Antworten

Peer Steinbrück, Redekünstler. – Die Phase unbezahlter Auftritte haben Sie hinter sich, nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen gibt es wieder Begehrlichkeit bei Banken, Sie für einen Vortrag zu gewinnen; auf nunmehr 50.000 Euro wird dabei Ihr Marktwert geschätzt. Noch hätten Sie nichts zugesagt. Greifen Sie zu, das Honorar läßt sich wahrscheinlich nicht mehr steigern, Sie werden ja nicht noch einmal die Ablösung der Kanzlerin versprechen wollen.

Ingo Kramer, oberster Arbeitgeber. –
Ihr Vorgänger als BDA-Präsident, Dieter Hundt, hatte eine Große Koalition empfohlen. Über deren erklärte Absichten haben Sie jedoch allerlei Warnendes gesagt. Ob das eine Absage an das CDU/CSU/SPD-Bündnis sei, wollte das Frankfurter bürgerliche Leitblatt von Ihnen wissen. Sie konnten dessen Publikum beruhigen: »Wir wünschen uns eine Koalition, in der die Argumente der Wirtschaft gehört werden. Ich bleibe da zuversichtlich.« Wir sind sicher: Ihre Zuversicht ist begründet, auch die künftig Regierenden sind da nicht schwerhörig, Sigmar Gabriel hat schon angekündigt, seine Partei werde sich um »mehr Wirtschaftskompetenz« bemühen.

Hauptvorstand der Industriegewerkschaft BCE, glaubensstark. – In Ihrem Mitgliedermagazin Kompakt veröffentlichen Sie einen »Wunschzettel zu Weihnachten«. Darin auch diese Erwartung: »Eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte, damit Spekulanten nicht noch einmal Vermögen größer als die Haushalte aller EU-Staaten vernichten können.« Ihr Wunsch wird nicht an die Politik adressiert sein, Weihnachten ist ein transzendentaler Termin. Also: Kräftig beten!

Silvio Berlusconi, sich weiterhin in Szene setzend. –
Ihnen ist es gelungen, Ihren Abgang aus dem Parlament als makabres Spektakel zu inszenieren, das die meisten Italiener erschauern läßt ob seiner Obszönität. Sie führen Ihren schon mehrere Jahrzehnte währenden Medien-Dauer-Wahlkampf unbeirrt weiter und nicht nur in Ihren Privatsendern, auch das öffentliche Fernsehen bietet Ihnen und den Ihren breitesten Raum: der neualten Variante der Forza Italia und der Neuen rechten Mitte Ihres bisherigen Vize Angelino Alfano. Ihre Partei Volk der Freiheit hat sich clever neu formiert nach dem Motto: getrennt marschieren, vereint schlagen. Für Sie gilt, was Ossietzky (über Hitler) gesagt hat: »Was der angerichtet hat, bleibt.« Es geht um nichts weniger, als um die Herrschaft über die Köpfe, über den öffentlichen Diskurs.

arvato Systems, zur Bertelsmann-AG gehörend. –
Sie haben den Zuschlag für den Aufbau der telematischen Infrastruktur erhalten, die zur Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte in mehreren Bundesländern benötigt wird. Außerdem dürfen Sie einen Teil der erforderlichen Software entwickeln und teilnehmende Arztpraxen und Kliniken damit beglücken. Einen Interessenskonflikt wird es dabei bestimmt nicht geben, denn Sie werden diese Aufgabe sicherlich gut von anderen Bereichen ihres Firmenkonglomerats trennen – etwa von den Geschäftsfeldern der arvato infoscore und AZ Direct, die als Inkassofirma und Wirtschaftsauskunftei beziehungsweise im »Dialogmarketing« und Adreßhandel aktiv sind.

Andreas Köhler, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. –
Nachdem die Krankenkassen ihre Mitglieder zur Fotoeinsendung zwecks Umstieg auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) drängen und behaupten, die alte Krankenversicherungskarte (KVK) verliere in jedem Fall zum Jahresende ihre Gültigkeit, haben Sie klargestellt: Das ist eine Fehlinformation. Die bisherige Versicherungskarte ist bis zum aufgedruckten Datum gültig – auch nach dem 1. Januar 2014. Denn es heißt in dem zwischen Ihrer Bundesvereinigung und dem Bund der Kassen kürzlich geschlossenen Vertrag: »Solange die eGK noch nicht an den Versicherten ausgegeben worden ist, ist der Versicherte verpflichtet, zum Nachweis der Anspruchsberechtigung die KVK ... vorzulegen.« – Bislang verweigert sich aus Datenschutzbedenken ein beachtlicher Teil der Versicherten der Einführung der eGK.

Ellen Richardson, kanadische Bürgerin. – Sie haben sich in der letzten Novemberwoche voller Vorfreude in Richtung New York auf den Weg gemacht, um an einer Kreuzfahrt durch die Karibik teilzunehmen. Doch dann mußten Sie das rund 6000 Dollar teure Ticket verfallen lassen, weil Ihnen die sofortige Einreise in die USA verweigert wurde. Der US-Grenzschutzbeamte verlangte weitere Abklärungen, weil Sie im Sommer des Vorjahres wegen einer klinischen Depression behandelt worden waren. Woher wußte der Beamte das? Er hatte nach eigenen Angaben in seinem elektronischen »System« nachgesehen und war dabei auf Ihre psychische Erkrankung vom Juni 2012 gestoßen. Das Gesundheitsministerium Ihrer Heimatprovinz Ontario hat versichert, daß bei USA-Reisen kanadischer Bürger/innen US-Behörden keinen Zugang zu Patientendaten erhalten. Dank Edward Snowden ist allerdings bekannt, daß amerikanische »Dienste« alle möglichen Bits und Bytes »besorgen«. Ob dazu auch Patientendaten gehören?